So war der „Tatort“„Damian“ – Geschickt konstruiert und stark gespielt

Franziska Tobler (Eva Löbau) und Luka Weber (Carlo Ljubek) dringen in die Wohnung eines Verdächtigen ein.
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Köln – In diesem neuen Tatort aus dem Schwarzwald ermittelt Franziska Tobler (Eva Löbau) mit einem anderen Kommissar an ihrer Seite: Luka Weber (Carlo Ljubek) ist für Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) eingesprungen, der sich bei einem Skiunfall verletzt hat. Die Erklärung abseits des Drehbuchs: Wagner war vor den Dreharbeiten zu diesem Tatort erkrankt.
Der Fall
Tobler und Weber sind müde. Eine 17-Jährige und ihr Tennislehrer wurden in einem Waldstück erschossen, Wochen ist das nun schon her und noch immer haben die Kommissare keine relevante Spur. Sie befragen Heinrich Adam (André Jung), dessen gestohlenes Auto in der Nähe des Tatorts gefunden wurde; sie sprechen mit Peter Trelkowsky (Johann von Bülow), einem dubiosen Bauarbeiter mit Unterwäsche-Fetisch. Und sie verhören Damian Rombach (Thomas Prenn), einen psychisch angeschlagenen Jurastudenten, der nachts durch den Wald läuft, in dem die Toten gefunden wurden. Schnell beschäftigt die Kommissare auch ein zweiter Fall: Im Wald wird eine Brandleiche gefunden.
Während Tobler und Weber mit verknitterten Gesichtern und Koffein-Bonbons vor sich hin ermitteln, bekommt der Zuschauer einen tieferen Einblick in Damians Leben. Der Student steht unter großem Leistungsdruck, er lebt in einer Verbindung – und er ist schizophren. Da sind Stimmen in seinem Kopf, da ist der Mann, der ihn verfolgt, und dieser eine Freund, mit dem etwas nicht ganz zu stimmen scheint…

Die Kommissare Franziska Tobler (Eva Löbau) und Luka Weber (Carlo Ljubek) befragen den Studenten Damian (Thomas Prenn).
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Die Auflösung
Wer nicht genau hinschaut (und man müsste wirklich schon sehr genau hinschauen), der wird in diesem Tatort lange Zeit an der Nase herumgeführt (Drehbuch: Lars Hubrich, Stefan Schaller; Regie: Stefan Schaller).
Als Zuschauer ist man daran gewöhnt, dass Geschichten sich an bestimmte Regeln halten. Zum Beispiel: Die Reihenfolge, in der das Geschehen über die Leinwand läuft, entspricht der Reihenfolge, in der es sich abspielt. Ausnahmen werden kenntlich gemacht. Dieser Tatort bricht mit dieser Regel. Erst spät begreift der Zuschauer, dass alles ganz anders war, als er dachte.
Die Befragung Damians und der Fund der Brandleiche finden nicht parallel statt. Der Fund liegt viel weiter in der Zukunft. Die Leiche ist Damian. Getrieben von den Stimmen und dem Freund, der nur in seinem Kopf existiert, begeht er Selbstmord in der Hütte im Wald. Die Enthüllung ist gut inszeniert und sie tut richtig weh.
Und der Mörder der 17-Jährigen und des Tennislehrers? Ist Heinrich Adam. Auf seine Spur kommen die Kommissare, weil sie Parallelen zu einem dreißig Jahre zurückliegenden Mordfall entdecken. Damals wurde ein Mädchen auf ähnliche Weise ermordet – und sie sah der 17-Jährigen sehr ähnlich. Heinrich Adam, der ruhige und freundliche alte Mann, war wohl krankhaft von ihr besessen. Besonders in die Tiefe geht das Drehbuch bei der Aufklärung dieses Handlungsstrangs allerdings nicht. Er bleibt eine Randnotiz; immer im Schatten der Geschichte Damians.
Die Atmosphäre
Dieser Tatort fühlt sich ehrlich an. Die Müdigkeit der Kommissare; die kleinen, komischen Momente. Nur die Geschichte um Peter Trelkowsky und seinen Fetisch wirkt teils etwas dick aufgetragen. Dafür ist Thomas Prenns Darstellung des psychisch kranken Damian so überzeugend, dass man sich mehr als einmal wünscht, durch den Fernseher zu greifen und auf das Geschehen einzuwirken.
Fazit
Vorweihnachtliche Milde darf man in diesem Tatort nicht erwarten. Die Geschichte um Damian ist dramatisch; sie ist geschickt konstruiert und stark gespielt. Sie regt zum Nachdenken an: über psychische Gesundheit und psychische Krankheiten und das, was sie (vor allem unbehandelt) mit Menschen machen. Vielleicht hätten die übrigen Handlungsstränge etwas reduziert werden können – dann wäre auch das hastige Ende des Mordkomplotts nicht notwendig gewesen.