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TroisdorfBurg Wissem zeigt Comics von Ralph Ruthe, Joscha Sauer und Flix

Lesezeit 3 Minuten

Nichtlustig-Cartoon von Joscha Sauer aus dem Jahr 2004

Köln – Ein Mann öffnet einer Frau die Tür zu seinem Zimmer. Das ist einfarbig fahlgelb. Die Konturen der Möbel scheinen zu verschwimmen, von der Deckenlampe tropft es. Die Frau betrachtet sie entgeistert. Der Mann betrachtet seinerseits die Frau und erklärt: „Nun, es ist nicht groß und es ist aus Kartoffelbrei, aber es ist meins.“

Der deutsche Cartoonist Joscha Sauer veröffentlicht seine zumeist brüllkomischen und oft sanft surrealistischen Cartoons seit Anfang des Jahrtausends unter der Adresse www.nichtlustig.de, jetzt stellt das Bilderbuchmuseum Burg Wissem in Troisdorf einige seiner Ein-Bild-Cartoons und Skizzen aus, zusammen mit Arbeiten seiner Kollegen Ralph Ruthe und Flix (Felix Görmann). Die drei Zeichner und Szenaristen, alle in den 1970er Jahren in Westdeutschland geboren, verbindet seit Jahren eine künstlerische Partnerschaft und wohl auch ein gemeinsames Bekenntnis zum „Funny“, zum Comic als Humorträger.

Sie entwickeln gemeinsame Figuren und Trickfilme, gastieren in den Bänden der jeweils anderen, zitieren sich fleißig gegenseitig – und verfolgen doch ihren jeweils eigenen, unverwechselbaren Stil.

„Käpt’n Blaubär“-Vorzeichnungen in Troisdorf

Ralph Ruthe etwa hat schon als 14-Jähriger fürs Kundenheft der Volksbanken gezeichnet, später an Walter Moers’ „Käpt’n Blaubär“ und der deutschen Ausgabe des „Mad“-Magazins mitgearbeitet. In Troisdorf kann man einige seiner „Käpt’n Blaubär“-Vorzeichnungen sehen und auch einige Humorversuche, über welche die Zeit ungnädig hinweggeschritten ist, etwa kalauernde Bebilderungen von längst obsolet gewordenen Computerfachbegriffen.

Nichtlustig-Cartoon von Joscha Sauer aus dem Jahr 2004

Mit seinen „Shit happens!“-Cartoons hat Ruthe jedoch eine gültige, ganz auf die unmittelbare Schlagkraft der Pointe konzentrierte Form gefunden. „Verzeihung, Sie sind mir aufgefallen“, labert ein angetrunkener Herr an der Theke seine Nebenfrau an. Die trägt ein grell leuchtendes Martinshorn auf dem Kopf, aus ihrem Mund ragen Stoßzähne und gerade hat sie sich auf eine Hupe gesetzt. Ein feinsinnig gewendeter Brachialwitz, der auch dem amerikanischen „Mad“ alle Ehre gemacht hätte. Flix, der Dritte im Bunde, entwickelt seinen Humor eher über die lange Strecke, in radikal aktualisierten Adaptionen von „Faust“ und „Don Quichotte“ zum Beispiel. Letzterer ist ein Demenzkranker, der aus seinem Heim im brandenburgischen Tobosow ausbüxt, um gegen den örtlichen Windpark ins Feld zu ziehen. Oder im autobiografischen Band „held“, ein Porträt des Künstlers als Kind der 70er.

Weihnachtsgeschichte nach Charles Dickens fantastisch Illustriert

Mit seinen abenteuerlichen Perspektiven und seinem fein schraffierten Schattenspiel ist Flix wohl der beste Zeichner des Trios, auf keinen Fall sollte man sich seine im doppelten Wortsinn fantastischen Illustrationen zur Dickens’schen Weihnachtsgeschichte entgehen lassen, die etwas lieblos in einem Nebenraum hängen. Andererseits verzichtet Flix für seine aufwendige Bildgestaltung auf die Unmittelbarkeit, die das Werk seiner Kollegen auszeichnet.

„Das ist doch keine Kunst“ ist die Ausstellung übrigens betitelt. Auch dazu findet sich ein Sauer-Cartoon. Ein Lehrling steht am Fließband, auf dem allerlei absonderliche Gegenstände vorüberziehen. Neben ihm ein Hebel. Unter dem steht „Müll“, über ihm „Moderne Kunst“. „Und den Hebel“, erklärt ihm der Vorarbeiter, „lassen wir eigentlich immer oben.“

Zur Ausstellung

„Das ist doch keine Kunst.“Comics und Cartoons zwischen Shit happens, Nichtlustig und Schönen Töchtern“ ist noch bis zum 28. August im Bilderbuchmuseum Burg Wissem in Troisdorf zu sehen.