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Kommentar

US-Skistar Mikaela Shiffrin
Die Übersetzungspanne um ihre Periode zeigt ein ernstes Problem an

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Lesezeit 2 Minuten
Die Amerikanerin Mikaela Shiffrin rückt ihren Hut auf dem Podium zurecht, nachdem sie den Weltcup-Riesenslalom der Frauen in Kronplatz, Italien, am Dienstag, 24. Januar 2023, gewonnen hat.

US-Skirennfahrerin Mikaela Shiffrin nach ihrem Sieg im Riesenslalom im italienischen Kronplatz

Die amerikanische Skirennläuferin Mikaela Shiffrin steht kurz davor, den alten Weltcup-Rekord von Ingemar Stenmark zu brechen. Davor leistet sie aber einen Rekordbeitrag gegen das Menstruationsshaming.

Mikaela Shiffrin, US-Skirennläuferin, hatte gerade mal wieder einen Riesenslalom gewonnen, als eine Reporterin des österreichischen Fernsehens sie darauf ansprach, dass sie kurz davor stehe, den Jahrzehnte alten Rekord von 86 Weltcup-Siegen des Schweden Ingemar Stenmark einzustellen.

Shiffrin wollte die hohen Erwartungen dämpfen und sprach folgenden Satz ins ORF-Mikrofon: „I’m kind of in an unfortunate time of my monthly cycle.“ Mit anderen Worten: Regelbeschwerden könnten ihre Leistung mindern. Der Simultandolmetscher des Senders übersetzte jedoch folgendermaßen: „Ich komme nicht einmal zum Radfahren, was ich immer mache, jeden Monat.“

Das ist zuerst einmal rasend komisch, fragen Sie mich nicht, wie oft ich mir den kurzen Ausschnitt schon angeguckt habe. Das Genre des Übersetzungsfehler-Humors droht ja in Folge von Deepl und dem Suchtgucken von Netflix-Serien in Originalversion auszusterben.

Aber dann erscheint das daherfantasierte Fahrrad zugleich symptomatisch: Dem unglücklichen Übersetzer mag gerade Ersatzflüssigkeit ins Hirn geschwappt sein. Doch er ist beileibe nicht der erste Mann, dem es die Sprache verschlägt, wenn Frauen öffentlich von ihrer Periode sprechen. Nach einer österreichischen Umfrage unter Jugendlichen aus dem Jahr 2017 finden 70 Prozent der Jungen das Thema „Menstruation“ „unwichtig und peinlich“.

Ob die Befragten auch glauben, dass menstruierende Frauen keine Sahne schlagen sollten, weil die sonst schlecht wird, wurde leider nicht gefragt. Will sagen: Wir und zuvörderst der männliche Teil der Bevölkerung, sind, was das Sprechen über die Monatsblutung angeht, noch nicht allzu weit über das Mittelalter hinausgekommen. Das ist im Ergebnis alles andere als lustig: Die Vereinten Nationen führen das Menstruationsshaming als Bedrohung der Menschenrechte auf.

Auf Twitter reagierte Mikaela Shiffrin auf das kleine Cyclegate übrigens mit einem Video, das sie auf einem Heimtrainer zu den Klängen von Queens „Bicylce Race“ in die Pedale tretend zeigt.  „Falls sonst noch jemand verwirrt ist“, schreibt sie dazu, „es geht um meine Periode. Wir reden über meine Periode.“

Sportikone und Heldin der Aufklärung: Wir wollen Shiffrin für ihre Direktheit feiern. Sie ist längst im Ziel angekommen, während Männer das Thema noch mit geistigen Riesenslalomschwüngen umfahren.