Leserbriefe zu WarenhäusernÜberzeugendes Zukunftskonzept fehlt

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Außenansicht des viergeschossigen Galeria Karstadt Kaufhof-Gebäudes in der Kölner Schildergasse. Die helle Sandsteinfassade hebt sich vom blauem Himmel ab, der über zwei Etagen reichende Schriftzug „Kaufhof“ziert eine Gebäudeecke.

Das Galeria Karstadt Kaufhof-Gebäude in der Kölner Schildergasse

Galeria Kaufhof Karstadt hat erneut Insolvenz angemeldet, 680 Mil­lio­nen Staats­hil­fen sind bereits ver­pufft. Hat das Konzept Warenhaus noch eine Zukunft? Leser haben unterschiedliche Antworten auf diese Frage. 

Brauchen wir noch Warenhäuser? (12.11.)

„Innenstädte ohne Kaufhäuser noch trostloser“

Der Kommentar von Thorsten Breitkopf kann so nicht unwidersprochen hingenommen werden. Woher nimmt er seine Erkenntnis, dass die Nachkriegsgeneration Kaufhäuser mit dem Wirtschaftswunder verbindet und die unter 30-Jährigen noch nie in ihrem Leben in einem Kaufhof oder Karstadt eingekauft haben? Das halte ich nun doch für eine substanzlose Verallgemeinerung. Nach meiner Erfahrung kaufen junge Leute genauso in Kaufhäusern ein wie ältere.

Ich selbst gehöre weder zur ersten noch zur zweiten Generation und kaufe sowohl häufig im Internet als auch im Geschäft ein. Wenn ich allerdings die gesamte Stadt absuchen und am Ende doch auf das Internet zurückgreifen muss, wie mir das schon häufig passiert ist, bin ich froh um ein Kaufhaus, in dem ich ein großes Sortiment vorfinde. Ich finde es jedenfalls sehr bedauerlich, dass nach und nach sämtliche Kaufhäuser verschwunden sind und das letzte jetzt wahrscheinlich auch noch dieses Schicksal ereilt.

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Wenn man sich im Übrigen die Hohe Straße mit ihren Billig- und Pop-up-Läden vor Augen führt, dann wird das ohne den Anker Kaufhof-Karstadt bestimmt noch trostloser! Dann hat man als Kunde überhaupt keinen Anreiz mehr, die Innenstadt zu besuchen. Für einen riesigen Kamelle-Billigladen muss ich da nicht hin! Birgit Tschiersky Köln

Galeria Kaufhof: Antiquierte Werbung lockt Kunden nicht

„Kaufhof bietet tausendfach alles unter einem Dach“ – so lautet ein alter Werbeslogan. Als Abonnent des „Kölner Stadt-Anzeiger“ habe ich die „Freude“, jede Woche einen Prospekt von Galeria Kaufhof zu erhalten: Jede Woche Damen- und Herren-Ober- und Unterbekleidung, Drogerieartikel, Haushaltwaren, Waschmaschinen, Spielzeug und vieles andere. Jede Woche erinnert mich dies an meine Jugendzeit in den 70er Jahren. Wie kann das Galeria-Management ernsthaft der Meinung sein, damit irgendjemanden in ihre Häuser zu locken? Dieses Konzept ist nicht mehr zeitgemäß. Peter Knauf Burscheid

Nur der Umbau in Einkaufstempel kann Warenhäuser noch retten

Als Architekt und Planer zahlreicher Kaufhäuser sollte es Galeria-Chef Miguel Müllenbach aufgefallen sein, dass sich die Kaufstruktur und Kauflust der Menschen in den letzten Jahren massiv gewandelt hat. Auch wenn es in der Vergangenheit Rolltreppen über mehrere Etagen gab und auch heute noch gibt, haben die Käufer keine Lust mehr, mehr als zwei Geschosse zu „erfahren“. Das Galeria-Problem ist also ein absolut hausgemachtes und bekanntes Desaster!

Für mich gibt es nur eine einzige praktikable Lösung, zumindest für das tolle Kaufhof-Gebäude in der Kölner Schildergasse. Das Objekt bietet sich wie von selbst an, umgewandelt zu werden wie das „Fondaco dei Tedeschi“ Venezia, das „Lagerhaus der Deutschen“, einst Niederlassung deutscher Händler am Canale Grande. Bei jedem Besuch in Venedig genieße ich das Erlebnis in diesem tollen Einkaufstempel, der die Menschen durch seine Design-Vielfalt automatisch nach innen zieht!

Das Gebäude könnte fast eins zu eins nach Köln umgesetzt werden. Der Innenhof müsste lichtgerecht ertüchtigt werden, auf den Geschossen könnten genauso wie in Venedig Shop-in-Shop-Galerien geplant werden, die selbstverantwortlich verkaufen. Zwischendrin könnten kleine Bistros und Restaurants Freude machen und die Lust aufs Kaufen generieren! Von allein wird das alte Kaufhauskonzept sang- und klanglos untergehen! Und mit ihm zahlreiche fleißige und willige Angestellte, die sich in der Vergangenheit die Beine in den Bauch gestanden und auf Kundschaft gewartet haben – sie haben Besseres verdient! Klaus Pfeffer Köln

„Einkaufen soll Spaß machen und Erlebnis sein“

In den meisten Städten haben Kaufhäuser den Einzelhandel erfolgreich verdrängt. Wo könnte man etwa in Köln oder Siegburg noch gutes Gebrauchsgeschirr kaufen, außer bei Kaufhof und Karstadt? Der Vorschlag von Herrn Breitkopf führt also direkt zu Amazon: Eine einzelne Espresso-Tasse, als Geschenk verpackt, dort zu kaufen ist wohl auch keine gute Idee. Einkaufen soll Spaß machen und ein bisschen Erlebnis sein – vielleicht könnte man das ja auch im Kaufhaus realisieren. Heinz-Gerd Reinkemeyer Rösrath

Vollsortiment statt teurer Markenprodukte

Wie hieß es schon zu Omas Zeiten? Schuster bleib’ bei deinen Leisten! Das hätten sich die großen Warenhäuser einmal auf die Fahne schreiben müssen, dann wäre auch heute noch alles so wie früher. Aber dank eines Herrn Middelhoff und geldgieriger Unternehmer wurde ein solides Unternehmen wie Karstadt zum Konsumtempel umgebaut und man verabschiedete sich vom Vollsortiment, weil dies nicht mehr zeitgemäß war. Otto-Normal-Verbraucher ging kaum noch hin.

Ich bin so alt, dass ich mich noch an viele Kaufhäuser erinnere. Als Kind war es immer etwas Besonderes, dort einzukaufen. Wir fuhren in die Stadt, weil es in den Warenhäusern auch das gab, was vor Ort fehlte – wie heute. Die Schlussverkäufe waren ein Erlebnis, auch an den Wühltischen fühlte ich mich wohl. Herr Middelhoff läutete das große Kaufhaussterben ein, indem er Karstadt, KaDeWe und andere in Konsumtempel verwandelte, in die nur noch Hochglanz und High Society angelockt werden sollten, mit teuren Markenprodukten, die nicht mehr für jedermann erschwinglich waren.

Sortimentsvielfalt würde heute noch ankommen, denn kleine Läden haben keine Chancen – siehe die verwaisten Innenstädte. Fusionen und Verkäufe an Investoren haben selten das gebracht, was versprochen wurde. Es ist schade, dass sich diese negative Entwicklung fortgesetzt. Den Internethandel wird’s freuen. Gudrun Martinett Waldbröl

Kaufhof: Ende mit Schrecken statt Schrecken ohne Ende?

Seit ein paar Jahren ist zu bemerken, dass diverse Kaufhausketten vom Markt verschwinden, lediglich einige im Niedrigpreis-Segment bleiben erhalten. Galeria Kaufhof Karstadt (GKK) ist mit der letzte große Kaufhauskonzern – allerdings seit Jahren ohne Unterbrechung in Schieflage. Staatliche Hilfen, Zusammenschluss von Karstadt und Galeria Kaufhof, personelle Umstrukturierungen und Filialschließungen haben nicht geholfen. Inzwischen wieder der Ruf nach staatlicher Hilfe.

Kommt denn niemand auf die Idee, dass sich das lange bewährte Konzept der großen Kaufhäuser überholt hat und selbst staatliche Hilfe am laufenden Band keine Rettung erwarten lässt? Ich verstehe die Ängste der Mitarbeiter, die lange Zeit durchgehalten und mit Verzicht geholfen haben. Ich verstehe die Gemeinden, insbesondere in kleineren und mittleren Städten, die oft mangels Alternative auf GKK als Magnet für Kundschaft in den Zentren gesetzt haben.

Ist aber schließlich ein Ende mit Schrecken nicht gnädiger als ein Schrecken ohne Ende, indem man die Vitalfunktionen erhaltenden Hilfsmittel abschaltet? Offenbar war GKK nicht in der Lage, sich neu aufzustellen, während in der Umgebung das Leben weiter ging und andere erfolgreich den Markt unter sich aufgeteilt haben. Erkenntnis kann auch bitter sein.  Dr. Johannes Koch Bornheim

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