Bärbel Bas (SPD) sorgt mit ihrem Vorschlag, das Rentensystem grundlegend zu reformieren, für kontroverse Reaktionen.
LesermeinungenSPD-Rentenvorstoß eine Milchmädchenrechnung?

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hat eine Debatte über die Reform des Rentensystems angestoßen.
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Der Vorschlag von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD), zur Stabilisierung des Rentensystems die Zahl der Einzahler zu erweitern – unter anderem durch die Einbeziehung von Beamten, Abgeordneten und Selbständigen – hat eine Debatte ausgelöst. Leserinnen und Leser tragen dazu bei, indem sie darlegen, wie und mit Hilfe welcher Vorbilder die Rente zukunftssicher werden kann.
Rentensystem: Handlungsbedarf vorhanden
Die Antwort auf die Frage „Sollten Beamte in Rente einzahlen?“, ist ganz klar ja. Und wenn wir schon dabei sind: Alle, wirklich alle, sollten auch in die Krankenversicherung einzahlen. In diesem weiten Feld lässt sich wunderbar Bürokratie abbauen. Die Beitragsbemessungsgrenze – in Nachbarländern ersatzlos gestrichen. Jeder zahlt, auch der mit einem Einkommen von zehn Millionen Euro. Der Beamtenstatus könnte auf Polizei und Justiz beschränkt werden. Handlungsbedarf ist reichlich vorhanden. Georg Kastenholz Kerpen
Rentenvorstoß eine Milchmädchenrechnung?
Die von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) mal wieder angestoßene Diskussion um die Einbeziehung der Beamten und Selbstständigen in die Rentenversicherung ist halbherzig. Die Ministerin meint lapidar, wenn mehr Personen in die Rentenkasse einzahlen, erhöht sich die Beitragssumme. Richtig. Das erhöht doch aber auch die Personenzahl, die dann Renten bezieht. Das nennt man eine Milchmädchenrechnung.
Nur wenn diese neuen Zahler hohe Beiträge leisten, aber nicht in gleichem Maße hohe Renten beziehen, wirkt sich das auf die Bezieher kleinerer Renten positiv aus. Mit anderen Worten, die hohen Pensionszahlungen der Beamten sollen den verhältnismäßig niedrigeren Rentenzahlungen angepasst werden. Und in der Tat, die bisherige Kluft zwischen diesen beiden Systemen bedarf einer gewissen Korrektur.
Übrigens wäre ein weniger dornenvoller Weg zu mehr Rentenzahlern, den Beamtenapparat zu verkleinern! Warum müssen etwa Lehrer, Justizangestellte, Mitarbeiter der Kommunen und viele andere Beamte sein? Dieser Status könnte sich beschränken auf Staatsanwälte, Beamte im Höheren Dienst und Polizisten. Die Einbeziehung Selbstständiger in das Rentensystem ist eine ganz andere Sache und sicher sinnvoll, wenn auch schwierig. Joachim Scholtis Bergisch Gladbach
Rentenvorstoß: Schritt in die richtige Richtung
Der Vorschlag der neuen Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) geht genau in die richtige Richtung. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist unser Rentensystem seit mindestens 20 Jahren marode. Jeder in der Politik weiß es, niemand tut etwas, weil Tun bedeutet, etwas zu verändern. Dabei liegen die Maßnahmen auf der Hand. Man muss nicht weit gehen – unsere Nachbarn im Süden und im Norden sind da schon viel weiter:
Erstens Einbeziehung aller Einkommen in die Rentenversicherung. Zweitens keine Beitragsbemessungsgrenze: Wer viel hat, kann auch viel beitragen. Drittens Deckelung hoher Renten bei der Auszahlung. Viertens zusätzlich zur gesetzlichen Rente eine kapitalgedeckte Rente auf Aktienbasis, kostenfrei geführt in einem staatlichen Fonds. Wer jetzt jammert über „Zockerei“ und „Spekulation mit Rentenbeiträgen“ hat nichts verstanden von Wirtschaft und zeigt nur das Defizit auf, das an unseren Schulen zum Thema Finanzbildung herrscht.
Und wer als Argument anführt, dass bei Einbeziehung der Beamten in die allgemeine Beitragspflicht die öffentlichen Haushalte stärker belastet würden, hat vollkommen recht. Aber das ist nur eine vorübergehende Belastung, denn für die zukünftigen Beamten müssten keine Pensionen mehr gezahlt werden. Und die Mehrbelastung durch die Rentenbeiträge würde durch Einsparungen bei der Beihilfe kompensiert, wenn die Beamten auch in das gesetzliche Gesundheitssystem einbezahlten. Hans Müller-Starke Siegburg
Zweifel an Rentenplänen der SPD
Eine Rentenversicherungspflicht für Beamte bedeutet faktisch das Ende des Beamtentum! Ferner führt es nicht nur zu erhöhten Beitragseinnahmen, sondern auch zu höheren Ausgaben. Allein Lehrer, von denen viele frühverrentet werden, stellen einen hohen Kostenfaktor dar. Ob die Pläne der SPD so aufgehen, wage ich zu bezweifeln. Klaus-Wilhelm Kratz Köln
Rentensystem: Renten und Pensionen angleichen
Hinsichtlich des Vorstoßes einer wirklichen Rentenreform von unserer neuen Arbeits- und Sozialministerin war ich positiv überrascht. Denn warum soll bei uns nicht das auch funktionieren, was in Österreich geht? Der österreichische Durchschnittsrentner bekommt aufgrund des größeren Personenkreises der Einzahler deutlich mehr. Es ist eine sinnvolle Lösung, wenn Freiberufler, Selbstständige, Staatsdiener und auch Abgeordnete solidarisch in einen Topf einzahlen.
Der Unterschied zwischen Pensionen und Renten ist riesig! Ein ausgebildeter Friseur, eine Pflegekraft oder andere Personen in nicht gerade üppig bezahlten Berufen bekommen nach 45 Jahren Beitragszahlungen ins System eine Rente auf Bürgergeldniveau. Bruttomonatsrenten werden schon ab etwa 1300 Euro besteuert. Die Rente ist nur noch ein Almosen. Viele Rentner arbeiten in Minijobs oder sammeln Pfandflaschen. Eine aktienbasierte Kapitalrente ist spekulativ und nicht mündelsicher. Ich bin gespannt, ob sich Frau Bas hier durchsetzen wird. Es wäre zu wünschen! Werner Voß Wiehl

Was der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) 1986 plakatierte, gilt nicht mehr. Das Rentensystem ist dringend reformbedürftig.
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SPD-Rentenvorstoß: „Unterste Schublade der Mottenkiste“
Die SPD wollte sich in der Regierung mit neuen Gesichtern profilieren. Vielleicht sollte sie es auch einmal mit neuen Ideen versuchen. Der Vorschlag von Bärbel Bas, auch die Beamten in die Rentenkasse einzahlen zu lassen, ist allerdings ein Griff in die unterste Schublade der Mottenkiste. Der Vorschlag hört sich im ersten Moment sehr populär an, aber bringt er wirklich Vorteile?
Laut Artikel will Frau Bas auch „Abgeordnete“ einbeziehen. Aber welche Abgeordneten erhalten Diäten, die unter der Beitragsbemessungsgrenze liegen, und damit sozialversicherungspflichtig wären? Die im Bundestag mit Sicherheit nicht! Auch in vielen Bundesländern liegen die reinen Diäten schon höher, Ausnahmen sind Hamburg und Bremen. Wie viele Beamte sind es wirklich noch, für die das zutreffen könnte? Nach der Privatisierung der Post kommen dort seit Jahren keine neuen Beamten mehr hinzu. Und bei allen Beamten in Kommunen gilt, dass eine Sozialversicherungspflicht auch den kommunalen Arbeitgeber belasten würde.
Ferner spricht dagegen, dass nach Angabe von Fachleuten die Umstellung mit Mehrkosten von 40 Milliarden Euro pro Jahr verbunden ist. Wäre es da nicht wesentlich einfacher, die Beitragsbemessungsgrenze von aktuell gut 5500 Euro auf 7000 oder 8000 Euro zu erhöhen? Das würde sicher eine breitere Basis der Einzahler bringen! Hartmut Knape Bergisch Gladbach
Einheitliche Altersversorgung für alle Bürger
Ein Sozialstaat sollte das Ziel eines möglichst gerechten Systems anstreben. Als „gerecht“ wird ein System angesehen, an dem sich jeder (!) Bürger im Lauf seines Arbeitslebens gemäß seiner finanziellen Leistungsfähigkeit beteiligt und davon später im Alter entsprechend profitiert. Und zwar in dem Sinne, dass gleiche Einzahlungen im Arbeitsleben zu gleichen Auszahlungen im Alter führen. Diese Art von Solidarität anzustreben, dürfte die überwältigende Mehrheit befürworten.
Unbestreitbar genügt aber unser deutsches Rentensystem diesem Anspruch in einigen wesentlichen Bereichen nicht. Das wichtigste Ziel besteht in einer für alle (!) Erwerbstätigen einheitlichen Rentenversicherung, an der sich alle (!) Erwerbstätigen solidarisch beteiligen, wie in vielen Nachbarländern erfolgreich praktiziert. Logischerweise ist die Umstellung auf ein solches System nur dann finanzierbar, wenn sie Schritt für Schritt über einen angemessenen langen Zeitraum hinweg umgesetzt wird.
Was spricht dagegen, dass wir endlich einmal mit ersten Schritten starten? Welche Schritte dies sein sollten, darf und muss breit diskutiert werden – Einbeziehung Selbstständiger, stärkere Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen, Abkehr von berufsständischen Versorgungswerken, Reduzierung der Gruppe der Beamten und deren schrittweise Eingliederung in das Zielsystem, etc.
Zur Wahrheit gehört auch der einfache und mathematisch belegbare Fakt, dass am Ende des Weges ein einheitliches Altersversorgungssystem stehen würde, in dem starke Schultern tendenziell etwas geringere Alterseinkünfte haben werden als heute. Umgekehrt werden schwache Schultern tendenziell davon profitieren. Genauso spricht nichts dagegen, den starken Schultern weiterhin, wie bisher auch, zu ermöglichen, ihre eigenen Alterseinkünfte beliebig zu steigern, dies aber natürlich auf ihre eigenen Kosten, also mit eigenen zusätzlichen Investitionen.
Ein solches Rentensystem würde in der Breite der Bevölkerung als fair wahrgenommen. Darüber hinaus würden bereits erste Schritte in diese Richtung das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden deutlich steigern. Nicht einzusehen ist, dass wir in Deutschland nicht in der Lage sein sollen, ein solches System aufzubauen. Dies ist kein Hexenwerk und durchaus praktisch umsetzbar. Wir müssen es nur wollen und anfangen, einen Schritt nach dem anderen zu gehen. Dr. Stefan Clermont Bergisch Gladbach
Bas-Vorstoß: Vernünftiger Vorschlag für Rentenreform
Endlich ein vernünftiger Vorschlag für eine Rentenreform. Und natürlich ist die CDU dagegen. Das würde nichts bringen. So ein Unsinn. Das ist typische Klientel-Politik der CDU. In einigen anderen europäischen Ländern wurde genauso umgestellt, siehe Österreich, und es klappt hervorragend. Man schaue sich dort und auch in anderen Ländern die Rente an: Sie ist viel höher als in Deutschland. Hier lässt man die alten Menschen lieber verarmen oder zwingt sie, ihre Rente mit Sozialhilfe aufzubessern, vor allem Frauen. Selbstständige und Beamte sollten mit in eine gemeinsame Rentenkasse einzahlen. Constanze Hilt Köln
Rentenvorstoß: Schritt in die richtige Richtung
Mit ihren Beiträgen finanzieren lediglich die Rentenzahler in erheblichem Maße auch versicherungsfremde Leistungen. Dies sind Leistungen, wie etwa die Mütterrente, für die niemals Beiträge in die Rentenkasse gezahlt wurden. Nach Abzug des Bundeszuschusses resultiert aus derlei Leistungen aktuell ein Defizit der Rentenkasse im zweistelligen Milliardenbereich. Werden diese Leistungen als sozial sinnvoll erachtet, müssen sie aber auch von der gesamten Gesellschaft gezahlt werden und damit letztendlich auch von Selbstständigen und Beamten. Der Vorschlag von Bärbel Bas zur Einbeziehung der beiden genannten Gruppen geht also in die richtige Richtung. Georg Anders Leverkusen
Rentensystem: Reform nach österreichischem Vorbild
Es wird viel über die Vor- und Nachteile einer Erwerbstätigenversicherung diskutiert. Dabei reicht ein Blick ins Nachbarland Österreich. Dort 2005 eingeführt, führte sie im Rahmen anderer Maßnahmen zu einer durchschnittlichen Bruttorente von 1646 Euro und damit 47 Prozent mehr als bei uns! (Zahlen aus 2022) Und allen Unkenrufen zum Trotz ist die Wirtschaftsleistung (BIP) in Österreich sogar um gut 3000 Euro höher als die deutsche.
Statt über theoretisch mögliche Fallstricke zu fabulieren – die auch alle einzeln widerlegt werden können –, sollten wir dem Beispiel Österreich bei der Rente folgen. Aber dazu muss die Lobby von Arbeitgebern, Versicherern und Berufsbeamtentum in ihre Grenzen gewiesen werden. Eine mächtige, aber lohnenswerte Aufgabe für die Gewerkschaften. Prof. Dr. Gerd Bosbach Köln
Rentenreform: Neiddebatte vermeiden
Nicht nur Beamte, sondern auch Abgeordnete und Selbstständige sollen und werden zukünftig in eine allgemeine Rentenversicherung einbezogen werden müssen. Diese Pläne sind schon vor Jahrzehnten diskutiert worden und keine Regierung hatte den Mut, diese, auch gegen die mächtige Lobby der Versicherungen, durchzusetzen. Die jetzt angestoßene Initiative der SPD darf nicht als Neiddebatte geführt, sondern muss als eine notwendige Ergänzung des deutschen Rentensystems zügig und sachlich umgesetzt werden.
Das Gleiche gilt für die Vielzahl der deutschen Krankenversicherungen für Millionen Pflichtversicherte. Wie die „Deutsche Rentenversicherung Bund“ sollte es eine „Deutsche Krankenversicherung Bund“ geben. Eine Unterscheidung in „Pflichtversicherte“ und „Privat Versicherte“ sollte damit zum Wohle aller Versicherten enden. So könnten unzählige Millionen Euro an Verwaltungskosten eingespart und das Gesundheitssystem nachhaltig entlastet werden.
Wer Zusatzleistungen bei der ärztlichen Versorgung haben möchte, sollte diese über die bisherigen privaten Krankenkassen versichern können. Aber auch hier werden die Krankenkassen und die Privatpraxen über ihre Lobby alles versuchen, dies zu verhindern. Nur weitermachen wie bisher wird auf Dauer zu unerträglichen Kosten für die Allgemeinheit führen. Karl-Heinz Welteroth Köln