KommentarWeil der Ampel jede Strategie fehlt, haben der Verbraucher das Nachsehen

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Berlin: Christian Lindner (l-r, FDP), Bundesminister der Finanzen, Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nehmen an der Sitzung des Bundestags mit der Regierungserklärung des Bundeskanzlers teil. In der Nacht haben sich die Ampelparteien auf einen Bundeshaushalt für das Jahr 2 2024 geeinigt.

Christian Lindner (l), Bundesminister der Finanzen, Robert Habeck , Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Bundeskanzler Olaf Scholz nehmen an der Sitzung des Bundestags mit der Regierungserklärung des Bundeskanzlers teil.

Das Sparpaket der Ampel wird Gas, Heizöl, Sprit und vor allem Strom  wieder teurer machen. Viele Verbraucher und Unternehmer werden sich ärgern. Zu Recht, kommentiert Andreas Niesmann.

Wenn es ein politisches Betätigungsfeld gibt, das so eng wie kein anderes mit dem Schicksal der Ampel-Koalition verwoben ist, dann sind es die Energiepreise. Derart häufig hat das Regierungsbündnis an Abgaben, Steuern und Entgelten geschraubt, dass selbst langjährige Beobachter Probleme haben, den Überblick zu behalten. Ursprünglich sollte der Verbrauch fossiler Energie teurer werden, dann billiger, nun packt die Koalition wieder etwas drauf. Zum Teil liegen zwischen Entlastungen und Belastungen nur wenige Wochen.

Nun muss man der Koalition zugestehen, dass schon Vorgängerregierungen immer wieder die energiepolitischen Rahmenbedingungen verändert haben. Für das Jahrhundertprojekt Energiewende gibt es keine Blaupause. Ein gewisses Maß an Trial-and-Error scheint angesichts der gewaltigen Herausforderungen unumgänglich. Entlastend hinzu kommt, dass die Ampel gleich zwei Krisen bewältigen musste, die sie zumindest in ihrer Dramatik nicht vorhersehen konnte: die Energiekrise in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine sowie die Haushaltskrise in Folge des Karlsruher Schuldenbremsen-Urteils.

Auf beides musste die Regierung reagieren, allerdings nicht so, wie sie es tat: planlos und aktionistisch. Nachdem im Sommer 2022 die Gaspreise explodierten, kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz eine Gasumlage an, um die Importeure zu stützen. Als der Regierung dann dämmerte, dass eine zusätzliche Abgabe inmitten der Krise keine gute Idee ist, konnte sie plötzlich gar nicht genug Entlastungsmöglichkeiten erfinden: Energiepreisbremsen, Tankrabatt, Abschaffung der EEG-Umlage, staatlicher Zuschuss zu den Netzentgelten, Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas.

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All diese Programme haben Milliarden gekostet und in der Krise für eine gewisse Beruhigung gesorgt. Am strukturellen Problem allerdings haben sie wenig geändert: Strom ist in Deutschland zu teuer – und zwar sowohl im europäischen als auch im internationalen Vergleich. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie leidet dadurch massiv. Immer mehr Unternehmen verlagern Investitionen in die Vereinigten Staaten, wo Industriestrom weniger als die Hälfte kostet. Auf Dauer bedroht dieses Gefälle den deutschen Wohlstand.

Die Wirtschaft steht eh schon unter Druck

Die Regierung selbst hat das Problem eingeräumt und Anfang November mit viel Tamtam ein „Strompreispaket“ für produzierendes Gewerbe und Industrie angekündigt. Für viele Unternehmer war das ein Anlass zur Hoffnung. Auf sie muss es wie Hohn wirken, dass die Ampel nun nur wenige Wochen später wieder an der Preisschraube dreht und den Bundeszuschuss zu den Netzentgelten streicht. Um bis zu 20 Prozent könnte die Stromrechnung für viele Unternehmen dadurch steigen, hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer ausgerechnet. Und das in einer Phase, in der die deutsche Wirtschaft ohnehin unter Druck steht.

Man kann das Kopfschütteln in den Chefetagen verstehen. Und auch viele Verbraucher werden sich wundern, wenn die Energiepreisbremsen auslaufen und der Staat durch die erhöhte CO2-Abgabe Strom, Gas, Heizöl und Benzin zusätzlich verteuert. Zumal das fest versprochene Klimageld als Kompensation immer noch nicht in Sichtweite ist.

Für die Energiepolitik der Ampel gilt das gleiche wie für ihre Vorgängerregierungen: Ihr fehlt eine langfristige Strategie. Vertrauen gewinnt man so nicht.

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