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ProzessbeginnIbrahim A. streitet Messerattacke in Zug bei Brokstedt ab

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Mitarbeiter der Spurensicherung sind auf einem Bahnsteig neben dem Regionalzug im Bahnhof im Einsatz. (Archivbild)

Nach Überzeugung der Anklagebehörde handelte Ibrahim A. aus niedrigen Beweggründen und in Heimtücke. (Archivbild)

Die Tat sorgt bundesweit für Entsetzen. Ein junges Paar stirbt bei einer Messerattacke in einem Zug bei Brokstedt – nun beginnt der Prozess.

Zum Auftakt des Mordprozesses um die Messerattacke in einem Regionalzug im schleswig-holsteinischen Brokstedt hat der Angeklagte die Tat abgestritten. „Ich möchte nur soviel sagen, dass ich unschuldig bin“, sagte Ibrahim A. am Freitag vor dem Landgericht Itzehoe. Er räumte zwar ein, im Zug gewesen zu sein, bestritt aber, den Messerangriff verübt zu haben.

In dem am Vormittag beginnenden Prozess wirft ihm die Staatsanwaltschaft Mord in zwei Fällen und versuchten Mord in vier Fällen vor.

34-Jähriger begann Tat im Zug aus Frust über erfolglosen Behördentermin

Zuvor hatte Staatsanwältin Janina Seyfert die Anklageschrift verlesen und dabei detailliert den Ablauf der Tat am 25. Januar geschildert, bei der zwei Menschen starben und vier weitere schwer verletzt wurden.

Demnach stach der 34-Jährige Palästinenser aus Frust über einen erfolglosen Behördentermin in Kiel zunächst auf eine 17 Jahre alte Jugendliche ein. Sie starb nach 26 Messerstichen, bei denen unter anderem die Oberschenkelarterie durchtrennt wurde. Anschließend soll der Angeklagte zwölf Mal auf den 19 Jahre alten Freund der Jugendlichen eingestochen haben. Er erlitt unter anderem einen tödlichen Stich ins Herz.

Im weiteren Verlauf der Tat soll Ibrahim A. dann in verschiedenen Waggons des Zuges vier weitere Fahrgäste angegriffen und schwer verletzt haben. Schließlich gelang es einem Mann, den Täter mit einer Aktentasche und einer Laptoptasche so zu schlagen, dass er das Messer verlor und umringt von Zeugen aufgab.

Messerangriff in Brokstedt: Prozess bis kurz vor Weihnachten geplant

Nach Überzeugung der Anklagebehörde handelte Ibrahim A. aus niedrigen Beweggründen und in Heimtücke. Eine bei dem tödlichen Messerangriff verletzte Frau nahm sich später das Leben. Für den Prozess sind rund 40 Verhandlungstage bis kurz vor Weihnachten geplant. Acht Nebenkläger treten in dem Verfahren auf, es wurden 127 Zeugen benannt.

Ob alle Zeugen vom Gericht gehört werden, werde die Beweisaufnahme zeigen, sagte die Sprecherin des Landgerichts, Frederike Milhoffer. Die Beweisaufnahme soll am 17. Juli beginnen.

Angeklagter fällt in Untersuchungshaft wegen aggressiven Verhaltens auf

Verteidiger Björn Seelbach äußerte sich vorab nicht zu dem Prozess. Zu einem früheren Zeitpunkt hatte er gesagt, sein Mandant bestreite die Tat nicht. Nach Milhoffers Angaben wird die Schuldfähigkeit des Angeklagten, der bereits kriminell in Erscheinung getreten war, mithilfe eines Sachverständigen geprüft.

Derzeit sitzt der Angeklagte in Untersuchungshaft. Dort fiel er mehrfach wegen aggressiven Verhaltens auf und gilt als schwieriger Gefangener.

Wir gehen von Schuldfähigkeit aus.
Peter Müller-Rakow, Oberstaatsanwalt

„Die Tathandlungen des Angeschuldigten, der das Messer zuvor in einem Supermarkt entwendet haben soll, resultierten aus Sicht der Anklage aus Verärgerung über seine aus vielen Gründen ungeklärte persönliche Situation“, hatte Oberstaatsanwalt Peter Müller-Rakow nach Verkündung der Anklage erklärt. „Wir gehen von Schuldfähigkeit aus“, sagte der Jurist vor Prozessbeginn.

Fall Ibrahim A.: Behördenmängel beim Austausch von Informationen

Der Mann war erst wenige Tage vor der tödlichen Messerattacke aus einer Untersuchungshaft entlassen worden, die er in Hamburg wegen einer anderen Straftat abgesessen hatte. Während dieser Zeit hatte er sich wegen psychischer Auffälligkeiten 16 Mal mit einem Psychiater getroffen.

Der Fall Ibrahim A. beschäftigte auch mehrere Landesparlamente, weil es Mängel beim Austausch von wichtigen Informationen zwischen Behörden in Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gegeben hatte, wo Ibrahim A. jeweils lebte und auch Straftaten beging. Wenige Monate vor seiner Entlassung aus dem Hamburger Gefängnis soll sich der mutmaßliche Mörder mit dem Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, verglichen haben. (dpa)