Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Wer tötete Werner Senger?Tochter spricht nach 30 Jahren erstmals über den Mord in Erkrath

4 min
Der Tatort 1995: Zwei Männer in Schutzanzügen auf einem Feld, daneben sitzt ein weiterer Mann an einem Tisch mit Stühlen.

Werner Senger wurde am Römerweg in Erkrath ermordet. Dort war sein Jagdrevier.

Ihr Vater wurde bei der Jagd erschossen, der Fall wurde nie aufgeklärt. Alexandra Senger spricht darüber, warum sie die Hoffnung nicht aufgibt.

Im Juni 1995 brach ihr Vater an einem frühen Sonntagmorgen in Erkrath zur Jagd auf und kehrte nicht zurück. Die damals 18-jährige Alexandra Senger und ihre Mutter fanden ihn noch am selben Tag, getötet durch drei Schüsse. Bis heute ist unklar, wer Werner Senger ermordet hat – und warum. 30 Jahre später spricht seine Tochter mit der WDR-Lokalzeit zum ersten Mal öffentlich über die Tat und darüber, wie sie bis heute mit der Ungewissheit zu kämpfen hat.

Bäckermeister aus Düsseldorf-Unterbach kehrte nicht von der Jagd zurück

Der damals 60-jährige Werner Senger brach am 25. Juni 1995 im Morgengrauen zu seinem Jagdrevier auf. Am Römerweg in Erkrath wollte er Kaninchen schießen. Spätestens zum Sonntagsfrühstück mit seiner Familie wollte er wieder zurück sein, doch er kam nicht. Wie der Express vor 30 Jahren berichtete, äußerte ein Zeuge später: „Ich hörte um 4.30 Uhr Schüsse.“

Als der 60-Jährige nicht zu Hause erschien, wurden seine Frau und die Tochter unruhig. Gegen 10.30 Uhr kam ein Anruf von der Polizei – am Jagdrevier stehe Werner Sengers grüner Opel Astra, hier sei ein Hund eingesperrt. Sie und ihre Mutter seien dann sofort aufgebrochen, erzählt Alexandra Senger der WDR-Lokalzeit.

Schwarz-weiß-Foto von einem Mann mit Bart

Der Bäckermeister Werner Senger wurde im Alter von 60 Jahren getötet.

Vorort fanden sie das Auto, Alexandra Senger schlug eine Scheibe ein, um den Hund daraus zu befreien. Dann ging die damals 18-Jährige mit dem Terrier auf die Suche nach ihrem Vater, ihre Mutter, Karin Senger, in eine andere Richtung. „Irgendwann habe ich meine Mutter schreien gehört und bin sofort zu ihr hin“, so Alexandra Senger zum WDR. „Mein Vater lag in so einer Art Feldfurche, war mit Erde und Brennnesseln bedeckt. Man sah nur Kopf und Füße.“

Ihr Vater war mit drei Schüssen in Brust, Schulter und Kopf getötet worden. Etwas entfernt von dem Toten lagen fünf Kaninchen. Diese waren laut Kripo nicht mit dem Schrotgewehr erlegt worden, das Werner Senger dabei hatte, sondern mit einer Projektilwaffe. 

Tatverdächtig sind Wilderer, radikale Tierschützer und enge Freunde

Sengers Waffe, sein Handy und Schlüsselbund waren nicht mehr am Tatort, augenscheinlich hatten der oder die Täter diese mitgenommen – anders als seine Geldbörse. Die Waffe, mit der Senger erschossen wurde, bleibt bis heute verschwunden, weder ein Täter noch ein klares Motiv konnten ermittelt werden.

Ein Stein mit Gedenktafel an einem Feld

Am Tatort steht heute ein Gedenkstein von Werner Sengers Jagdfreunden.

Jagdfreunde von Senger äußerten dem Express gegenüber, dass in seinem Jagdrevier viel gewildert worden sei. Auch radikale Tierschützer gerieten in den Fokus der Polizei: Ihr Vater habe ab und zu von angesägten Leitern an seiner Kanzel berichtet, sagt Alexandra Senger im Interview mit dem Format „Mordorte“ der WDR Lokalzeit. Das Anzünden oder Ansägen von Hochsitzen seien in den 1980er und 1990er Jahren häufige Protestformen von Jagdgegnern gewesen, heißt es hier.

Ich will die Hoffnung nicht aufgeben, dass der Fall doch noch aufgedeckt wird.
Alexandra Senger, Tochter des Ermordeten

Die Kripo ermittelte in diese Richtungen, aber auch in privaten Kreisen. Senger leitete eine Bäckerei in Unterbach und sei in der Region sehr beliebt gewesen. Über persönliche Feindschaften war laut Medienberichten nichts bekannt.

Auch Alexandra Senger erinnert sich an keine größeren Auseinandersetzungen im Leben ihres Vaters, sie beschreibt ihn als liebevollen und lustigen Menschen. Vom Tag seiner Ermordung zu erzählen, ist für sie noch heute surreal. „Es ist so, als wenn man sich sonntags einen Tatort anguckt, weil man nie damit rechnen würde, dass einem so etwas widerfährt“, sagt Alexandra Senger im Gespräch mit der WDR-Lokalzeit.

Tochter vermutet den Mörder ihres Vaters in ihrem engsten Umkreis

Da Karin Senger ihren toten Ehemann als Erste fand, musste sie an diesem Tag als Hauptverdächtige mit der Polizei mitkommen, erinnert sich ihre Tochter. Alexandra Senger musste allein nach Hause fahren – und konnte nicht wahrhaben, dass das, was sie gesehen hatte, tatsächlich passiert sein sollte. 

„Ich will die Hoffnung nicht aufgeben, dass der Fall doch noch aufgedeckt wird“, sagt Alexandra Senger im Gespräch mit dem WDR, „das würde endlich einen Abschluss bedeuten und ich könnte vielleicht besser verstehen, was passiert ist.“ 

Einen Abschluss finden – für ihre Mutter sei das noch wichtiger als für sie, sagt Alexandra Senger. Der Tod von Werner Senger war nicht der erste tragische Verlust in Karin Sengers Leben. Noch vor der Geburt ihrer Tochter starb ihr erster Sohn im Alter von zehn Jahren. Bei einer Baumfällaktion sei ein Baum auf ihn gefallen, berichtet der WDR - die Tragödie geschah unweit vom Tatort des Mordes an ihrem Vater.

Welche Vermutungen hat Alexandra Senger über den Mörder von Werner Senger? „Ich habe das Gefühl, dass der Täter aus dem engsten Kreis kommt“, sagt sie der WDR-Lokalzeit. „Ich glaube, dass das jemand ist, der uns sieht und der uns noch heute die Hand gibt.“