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Frank Zander im Interview„Ich begrüße jeden Obdachlosen persönlich“

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Frank Zander bei der Weihnachtsfeier

  1. Sänger Frank Zander (77) wurde mit dem „Ententanz“ und der „Plattenküche“ berühmt.
  2. Doch seit 25 Jahren ist er auch durch seine Weihnachtsessen für Obdachlose bekannt.
  3. Wie ihm selbst diese Feiern helfen, obwohl es manchmal nach Schweiß und Alkohol riecht, erzählt er im Interview.

In den Achtzigern waren Sie überall präsent. „Ententanz“ und „Ich trink auf dein Wohl, Marie“ – ein Hit folgte dem anderen.

Frank Zander: Ja, das war eine bunte, verrückte Zeit! Sendungen wie „Bananas“ oder „Plattenküche“ hatten 25 Millionen Zuschauer. Das war noch eine ganz andere Nummer als heute, wo sich der Fernsehmarkt in tausend Splitter teilt. Man muss viel mehr arbeiten, um heute wahrgenommen zu werden. Und wenn du nicht bei einer großen Plattenfirma bist, findest du im Fernsehen gar nicht mehr statt.

Wie erklären Sie sich, dass Sie bis heute nicht vergessen sind?

Unsere Obdachlosenfeier in Berlin trägt mich durch die Jahre. Ich habe so viele Sendungen hinter mir, jede Menge Kokolores und Verrücktes – aber das bleibt. Und dadurch wissen die Leute: Der ist noch da. Denn heute muss man Einiges anstellen, um in die Zeitungen zu kommen. Ich möchte aber nun mal keine Dinge machen, die mir unangenehm sind.

Viele Songs auf Ihrer neuen Platte haben Mutmacher-Texte, wie zum Beispiel der Titel „Kopf oben“. Die Reichen würden immer reicher, monieren Sie.

Da kommt mein starker Gerechtigkeitssinn durch, der sich nicht zuletzt durch meine Arbeit mit Obdachlosen geschärft hat. Ich sehe einige, die wissen nicht mehr wohin mit der Kohle. Und andere brechen weg. Es sind also Stücke für die weniger Privilegierten der Gesellschaft; für die Leute, die zu unserem Weihnachtsfest kommen. Mir war das immer wichtig: Wenn es mir gut geht, muss ich etwas abgeben. Und das Schöne ist: Ich bekomme sehr viel Zuneigung zurück und werde immer geduzt von allen. Für die bin ich der Frankie.

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2016 servierte auch Politiker Gregor Gysi wie viele andere Prominente.

Auch in diesem Jahr werden Sie mit Ihrer Familie, Freunden, Sponsoren und Helfern das Weihnachtsessen für Obdachlose und Bedürftige in Berlin veranstalten. Wie kamen Sie seinerzeit auf die Idee?

Schon vor 1995 war es mein Weihnachtsritual, Sachspenden für Obdachlose am Bahnhof Zoo abzugeben. Irgendwann kam meine Plattenfirma auf die Idee, ein Album rauszubringen und arme Menschen zur Veröffentlichung-Party einzuladen. Bruce Springsteen hatte das in New York vorgemacht. Letztendlich haben wir nur das Fest gefeiert mit 120 Bedürftigen. Das war eine wundervolle Erfahrung.

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Und der Startschuss für die nächsten 25 Jahre?

Genau. Wir machten weiter, und jedes Jahr wurden es mehr Gäste. Mittlerweile kommen 3000 Menschen zum Gänsebraten-Essen in den festlich geschmückten Saal. Gott sei dank haben wir jetzt 17 Städte, die das Prinzip übernommen haben, und das auch machen. Obwohl es ein bisschen nach Alkohol und Schweiß riecht.

Worauf freuen Sie sich bei dem Fest an diesem Freitag?

Ich lasse es mir nie nehmen, jeden Gast persönlich an der Tür zu begrüßen. Auf diese Begegnungen freue ich mich am meisten, denn um die Menschen geht es an diesem Abend. Wenn ich sie dann umarme, sind sie glücklich, und ich bin gerührt. Denn da sehe ich alles: von Muttchens mit Kindern und Hunden bis zu Gestalten mit zernarbten Gesichtern. Aber diese Menschen wollen an diesem Tag auch nicht bemitleidet werden.

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In der „Plattenküche“ mit Helga Feddersen

Packt Sie bei all der Anstrengung auch selbst die Weihnachtsstimmung?

Ich brauche immer zwei Tage, um alles sacken zu lassen. Das ist auch wichtig, denn ich will ja mit meiner Familie auch noch ein schönes Fest feiern.

Was ist denn schwieriger am Laufen zu halten: Ihre Ehe oder Ihre Karriere, die beide schon über 50 Jahre andauern?

Schwer zu sagen. Aber wenn ich Kollegen sehe, haben die schon zum dritten Mal geheiratet. Es ist natürlich schick, mit einer jungen Frau über den roten Teppich zu laufen wie Matthias Reim oder so. Aber es ist sicher auch viel Stress, weil man mit so einer jungen Frau auch mithalten muss. Ich habe lieber eine tolle Familie, die zu mir steht.

Gibt es einen Luxus, den Sie sich gönnen?

Wir haben eine Wohnung in San Antonio auf Ibiza. Das haben wir uns mal erlaubt. Ich kann dort auf der Terrasse sitzen, die Aussicht genießen und einfach schwelgen. Durch meine Hüftoperation bin ich allerdings seit zwei Jahren nicht mehr dorthin gekommen. Aber das holen wir hoffentlich bald nach.

Das Gespräch führte
Katja Schwemmers