Giftige PFAS-ChemikalienNRW-Umweltminister begrüßt Verbot

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Ein Detail eines Belebungsbeckens in einem Klärwerk. Einige PFAS finden unter anderem über Kläranlagen ihren Weg in Flüsse, Seen und Meere.

Einige PFAS finden unter anderem über Kläranlagen ihren Weg in Flüsse, Seen und Meere.

In Nordrhein-Westfalen sind in mehr als 130 Fällen Ewigkeitschemikalien im Boden oder Wasser nachgewiesen worden. Die EU will die giftigen Substanzen, die von der Industrie genutzt werden, weitgehend verbieten. Auch im Kölner Raum wurden Ablagerungen der extrem stabilen Chemikalien gefunden.

Weit verbreitet, langlebig, potenziell giftig und in der Breite noch gar nicht untersucht: So in etwa könnte man ganz knapp die sogenannten Ewigkeitschemikalien PFAS (gesprochen: Pifas) beschreiben. Die von der Industrie breit genutzten Substanzen werden derzeit intensiv diskutiert, denn sie sollen einem Vorstoß zufolge in der EU weitgehend verboten werden. Dabei geht es Schätzungen zufolge um insgesamt mehr als 10.000 einzelne Stoffe.

Die extrem stabilen Chemikalien, die natürlicherweise nicht vorkommen, können sich in der Umwelt anreichern, auch in Deutschland. Viele mit PFAS - das steht für Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen - verunreinigte Orte sind nach Einschätzung des Umweltbundesamtes (Uba) noch unbekannt. Nach Medienrecherchen gibt es in der Bundesrepublik mehr als 1500 Orte, an denen derartige Stoffe nachgewiesen werden konnten. Viele davon liegen in NRW, einige auch im Raum Köln.

„Jahrhundertgifte, die sich jeden Tag mehr anreichern“

Er begrüße den Vorstoß der EU zur „Verringerung und Beschränkung der weiteren Verbreitung dieser Chemikalien“, sagte der nordrhein-westfälische Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Dabei müssen auch mögliche Ersatzstoffe direkt mitbedacht werden, damit von diesen nicht ähnliche Umweltauswirkungen ausgehen." Ewigkeitschemikalien wie PFAS seien schließlich „Jahrhundertgifte und reichern sich mit jedem Tag mehr in Gewässern, Böden und im menschlichen Körper an - und können eben nicht abgebaut werden“, so der Minister. In NRW gebe es „regelmäßige Bestandsaufnahme, um hieraus notwendige Sanierungsmaßnahmen abzuleiten“.

Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Landesamtes für Natur- und Umweltschutz (Lanuv) nimmt die Zahl der als belastet identifizierten Orte seit Jahren stetig zu. Waren bei der ersten Bestandsaufnahme im Jahr 2011 lediglich 18 Fälle bekannt, so habe sich die Zahl der gemeldeten Belastungen im Boden und Grundwasser bis zum April 2021 auf 132 erhöht. Mehr als zwei Drittel dieser Fälle seien zwar auf „Löschmitteleinsätze“ der Feuerwehr zurückzuführen. Die weit verbreiten Stoffe würden jedoch auch bei der Produktion von Alltagsgegenständen wie Anoraks, Pfannen und Kosmetik entstehen und seien Teil von Industrieprozessen und technischen Anwendungen.

Regelmäßige Bestandsaufnahme in NRW

Einige PFAS sind bereits weitgehend verboten, weil sie als hochtoxisch gelten – vor allem für Kinder. Derzeit aber sehe man „vermutlich nur die Spitze des Eisberges“, glaubt Uba-Präsident Dirk Messner. Einige der Stoffe fänden unter anderem über Kläranlagen ihren Weg in Flüsse, Seen und Meere. Im vergangenen Jahr ergab eine Studie, dass derartige Chemikalien selbst in den entlegensten Weltregionen im Regenwasser nachweisbar sind. „Mit der Aufnahme von PFAS aus verunreinigten Böden und Wasser in Pflanzen und der Anreicherung in Fischen werden diese Stoffe auch in die menschliche Nahrungskette aufgenommen“, so Messner. Menschen könnten PFAS zudem über die Luft und Trinkwasser aufnehmen.

Aus Sicht des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) ginge ein Komplettverbot der Chemikalien zu weit, da dann auch viele Anwendungen untersagt wären, von denen gar keine Gefahr ausgehe. „Ich gehe davon aus, dass die Auswirkungen der Beschränkung für viele Industriezweige erheblich wären“, sagte Mirjam Merz, Expertin für Chemikalienpolitik und Gefahrstoffrecht beim BDI. (mit dpa)

Weitere Informationen zu dem Thema bietet das Lanuv-NRW auf seiner Homepage.

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