Neues Hollywood-FrauenbildSchauspielerinnen mit Gewicht in der Hauptrolle

Lesezeit 3 Minuten
Foto Melissa

Schauspielerin Melissa McCarthy

  • Sie entsprechen nicht dem Hollywood-Schönheitsideal, repräsentieren mit ihrem Gewicht aber den Großteil der amerikanischen Bevölkerung.
  • Frauen wie Melissa McCarthy, Chrissy Metz und Aidy Bryant sind die neuen Stars.

New York – Die Dicke als Ulknudel ist im Film ein altbekanntes Stereotyp. Auch als Nebenfiguren tauchten schwergewichtige Frauen auf der Leinwand immer wieder auf. Doch ernsthafte Rollen für Schauspielerinnen im XXL-Format waren bislang rar. In den USA scheint sich das gerade zu ändern.

Melissa McCarthy nahm 43 Kilo ab

Melissa McCarthy (48) wurde für ihre Rolle als Schriftstellerin auf Abwegen in der Filmbiografie „Can You Ever Forgive Me?“ in diesem Jahr für den Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert. Hierzulande ist sie in der Sitcom „Mike and Molly“ zu sehen, in der sie eine Lehrerin spielt, die einen ebenfalls stark übergewichtigen Partner hat. McCarthy nahm zuletzt 34 Kilogramm ab und gab dazu zahlreiche Interviews – das Gewicht ist also immer noch ein Thema, wenn auch nicht das beherrschende.

Foto Shrill

Aidy Bryant ist Star in „Shrill“.

In der neuen US-Serie „Shrill“ dreht sich alles um die extrem übergewichtige Annie, gespielt von Aidy Bryant (31),die vor allem als Comedian aus „Saturday Night Live“ bekannt ist. Dass sie sich seit einiger Zeit nicht mehr ums Abnehmen Gedanken mache, habe ihr Selbstbewusstsein und ihre Karriere beflügelt, sagte sie kürzlich.

Alles zum Thema Film und Fernsehen

Chrissy Metz (38) macht in der hochemotionalen Serie „This Is Us – Das ist Leben“ auf sich aufmerksam. Als „Kate“ kämpft sie schon ihr ganzes Leben gegen das Übergewicht. Staffel drei ist gerade in Deutschland auf Sixx angelaufen.

Foto Metz

Chrissy Metz spielt in der Serie „This Is Us“.

„Ich denke, es vollzieht sich gerade ein Wandel“, sagt Rebecca Puhl, Professorin an der Universität Connecticut und stellvertretende Leiterin des Instituts für Ernährungspolitik und Fettleibigkeit. „Früher spielten Übergewichtige eher komödiantische als ernsthafte Figuren“, sagt James Zervios von der Organisation Obesity Action Coalition, die sich gegen Diskriminierung aufgrund des Gewichts einsetzt. „Erst seit sehr kurzer Zeit sehen wir Fettleibige auch in dramatischeren Rollen.“

Dicke Männer müssen weiter kämpfen

Doch dieser Wandel gelte bislang in erster Linie für Frauen, sagt Zervios. Dicke Männer müssten nach wie vor kämpfen, wenn sie nicht immer nur die Witzfigur geben wollten. Die Wissenschaftlerin Puhl und ihre Kollegen haben sich die Rollen, die Dicke in den vergangenen Jahrzehnten im Film spielten, genauer angesehen: „Sie werden oft lächerlich gemacht und als Dauerfresser karikiert“, fasst Puhl die Ergebnisse zusammen. „Zudem haben sie weniger positive Beziehungen zu anderen.“

Besonders extrem sei diese Charakterisierung im Kinderfernsehen. Dort seien korpulente Menschen meist „aggressiv, unfreundlich und Außenseiter“. Diese Darstellung spiegele nicht nur die Diskriminierung in der Wirklichkeit wieder, sie verstärke sie noch, sagt Puhl und beruft sich dabei auf wissenschaftliche Studien.

Foto Melissa 2

Melissa McCarthy im Februar bei den Oscars

Melissa McCarthy ist derzeit eine der wenigen schwergewichtigen Schauspielerinnen, die in Filmen zu sehen ist, in denen ihre Figur kaum oder gar nicht thematisiert wird. In „Shrill“ wird die Protagonistin Annie zunächst durch kleine Gehässigkeiten ständig an ihr Übergewicht erinnert. Aber die Serien-Geschichte wird zunehmend komplexer und Annie fühlt sich immer wohler in ihrer Haut – auch wenn andere nicht über ihre Figur hinwegsehen können. „In vielerlei Hinsicht ist es eine ganz normale TV-Serie. Es geht um eine junge Frau, ihren Job, ihren Boss, ihre Liebesbeziehungen und ihre Freundinnen“, sagte Bryant der Zeitschrift „Elle“. „Aber die Frau, die im Mittelpunkt steht, macht den Unterschied. Und dieser Blickwinkel ist wichtig.“

Auch wenn die Entwicklung in die richtige Richtung gehe, „sind wir noch lange nicht am Ziel“, sagt Wissenschaftlerin Puhl. „Zwei Drittel der Amerikaner sind entweder übergewichtig oder fettleibig – und deshalb sollten wir diese Menschen auch auf dem Bildschirm zeigen.“ (cv, dpa)

KStA abonnieren