Nackter Flitzer, Ohrfeige, RassismusDie 11 größten Oscar-Skandale aller Zeiten

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Ohrfeige von Will Smith für Chris Rock.

Die Ohrfeige von Will Smith für Chris Rock sorgte 2022 für Schlagzeilen.

Ob nackter Flitzer, Ohrfeige oder falscher Gewinner: Diese Oscar-Skandale haben international für Schlagzeilen gesorgt. 

In der Glitzerwelt des Films sind die Academy Awards das Ereignis schlechthin, verbunden mit Glamour und Prestige. Doch nicht immer verläuft die Preisverleihung reibungslos. Von unerwarteten Nacktauftritten bis hin zu peinlichen Verwechslungen gab es in der Geschichte der Oscars zahlreiche Skandale, die weltweit für Aufsehen sorgten. Diese unvergesslichen Momente werfen ein Schlaglicht auf die Höhen und Tiefen der größten Nacht des Films.

2022: Will Smith ohrfeigt Comedian Chris Rock

Ohrfeige von Will Smith für Chris Rock.

Die Ohrfeige von Will Smith für Chris Rock sorgte 2022 für Schlagzeilen.

Bei der Oscar-Verleihung im März 2022 schockierte Smith ein Millionenpublikum mit einem Gewaltausbruch. Der Moderator und Komiker Chris Rock machte einen Witz über Smiths Ehefrau Jada Pinkett. Der Witz bezog sich auf ihren kahlrasierten Kopf, da die Schauspielerin unter krankhaftem Haarausfall leidet. Die Kameras fingen einen zunächst lachenden Will Smith ein, während seine Frau die Augen verdrehte. Chris Rock kicherte über seinen eigenen Witz. Plötzlich stürmte Will Smith wutentbrannt auf die Bühne und verpasst Rock eine Ohrfeige.

Nach der Aktion rief Smith von seinem Sitz aus zweimal in Rocks Richtung: „Nimm den Namen meiner Frau aus deinem verdammten Mund!“ Dabei benutzte er das im US-Fernsehen verpönte Wort „fucking“, das in der US-Übertragung mit einem Piepton übertönt wurde. Die Stille im Saal danach war schneidend. Rock fasste sich und moderierte weiter.

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Wochenlang hielt der Vorfall die Boulevardpresse in Atem. Will Smith entschuldigte sich später für den Vorfall, Chris Rock äußerte sich erst im März 2023 (kritisch) über die Ohrfeige.


2017: „Envelopgate“ – Faye Dunaway und Warren Beatty verlesen den falschen Gewinner

Es gibt Oscar-Skandale, bei denen man kaum glauben kann, dass sie wirklich passiert sind. So wie der Moment 2017, als Faye Dunaway und Warren Beatty den Preis für den besten Film „La La Land“ verlasen, die gesamte Filmcrew auf die Bühne kam und anfing, ihre Reden zu halten, bis Produzent Jordan Horowitz eingreifen musste und verkündete, dass nicht „La La Land“, sondern „Moonlight“ den Preis für den besten Film gewonnen habe. Beatty erklärte dem verdutzten Publikum, dass sich in dem Umschlag zwei Karten befunden hätten, auf einer stand „Emma Stone - La La Land“. Das habe ihn verwirrt und deshalb habe er so lange gezögert, den Gewinner zu verlesen.

Faye Dunaway und Warren Beatty auf der Oscar-Bühne.

Einer der Schockmomente in den letzten Jahren: Faye Dunaway und Warren Beatty verlesen den falschen Gewinner bei den Oscars 2017.

Der Regisseur von „Moonlight“, Barry Jenkins, betrat die Bühne und Horowitz überreichte ihm in einem sehr bewegenden Moment den Oscar mit den Worten: „Ich werde sehr stolz sein, ihn meinen Freunden von ‚Moonlight‘ zu überreichen.“ Jenkins hielt seinerseits eine emotionale Rede, in der er sagte: „Nicht einmal in meinen Träumen konnte das wahr sein. Aber zum Teufel mit Träumen, denn das hier ist wahr“. Dunaway und Beatty, einst Traumpaar des Kinos im Klassiker „Bonnie & Clyde“, durften 2018 wieder den Preis für den besten Film verlesen, diesmal fehlerfrei.


2015/6: #OscarsSoWhite

Alles begann mit einem Tweet. Nachdem die Medienstrategin und Aktivistin April Reign 2015 gesehen hatte, dass alle 20 Nominierungen für Haupt- und Nebendarsteller an weiße Schauspieler gingen, startete sie den Hashtag #OscarsSoWhite und eine Online-Revolution nahm ihren Anfang. Doch es sollte noch ein weiteres Jahr dauern, bis sie an Fahrt aufnahm.

Ein Demonstrant hält ein Plakat mit der Aufschrift „Boycott“ und „#OscarsSoWhite“ während einer Demonstration gegen die Nominierung vorwiegend weißer Schauspielerinnen und Schauspieler für die Oscars 2016 hoch.

Ein Demonstrant hält ein Plakat mit der Aufschrift „Boycott“ und „#OscarsSoWhite“ während einer Demonstration gegen die Nominierung vorwiegend weißer Schauspielerinnen und Schauspieler für die Oscars 2016 hoch.

Als die Oscar-Verleihung 2016 ebenfalls einen gravierenden Mangel an Diversität widerspiegelte, ging #OscarsSoWhite viral – schließlich stand die Academy auf dem Prüfstand, als Menschen weltweit auf die lange Geschichte des Rassismus und eine Academy-Mitgliedschaft hinwiesen, die zu 92 Prozent aus Weißen besteht. Die Kontroverse war somit nicht #OscarsSoWhite, sondern der jahrzehntelange Rassismus, der dadurch aufgedeckt wurde.


2011: Anne Hathaway und James Franco moderieren die Preisverleihung

Normalerweise übernimmt bei der Oscar-Verleihung ein berühmter Komiker den schwierigen Job des Gastgebers, doch 2011 traf die Academy die umstrittene Entscheidung, ein jüngeres Publikum anzusprechen, und wählte James Franco und Anne Hathaway als Moderatoren aus. Es war, gelinde gesagt, ein Desaster.

Anne Hathaway und James Franco bei den Oscars 2011.

Anne Hathaway (r) und James Franco wirkten absolut planlos bei ihrer Moderation der Oscars 2011.

Hathaway schien unsicher, Franco desinteressiert. Es gab schlechte Witze und betretenes Schweigen. Einmal kam Franco ohne besonderen Grund als Marilyn Monroe verkleidet auf die Bühne. Das Drehbuch war entweder umständlich oder wurde schlecht umgesetzt – was auch immer hinter den Kulissen passierte, was wir auf der Bühne sahen, war alles andere als unterhaltsam.


2003: Adrien Brody küsst Halle Berry ungefragt auf der Bühne

Bei der Oscar-Verleihung 2003 überreichte Halle Berry dem Schauspieler Adrien Brody den Preis für die beste Hauptrolle in dem Film „Der Pianist“. Während er den Preis entgegennahm, übermannten ihn seine Gefühle, er umarmte Berry und gab ihr vor einem Millionenpublikum einen dramatischen Kuss auf den Mund. Sie blickte verdutzt in die Kamera und lachte etwas gequält über das unerwartete Intermezzo. Der Kuss sorgte nach der Show weltweit für Schlagzeilen.

Der Schauspieler Adrien Brody küsst die Moderatorin Halle Berry, als er seinen Oscar für die beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle entgegennimmt.

Der Schauspieler Adrien Brody küsst die Moderatorin Halle Berry, als er seinen Oscar für die beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle entgegennimmt.

2017 antwortete Berry in einem Interview mit dem Talkshow-Moderator Andy Cohen auf die Frage, ob das alles geplant gewesen sei: „Nein, ich dachte nur: WTF passiert da gerade?“ In anderen Interviews betonte sie, sie habe das nicht gewollt, sei aber zu fassungslos gewesen, um ihn aufzuhalten. Brody hat seitdem viel Kritik für diese Aktion einstecken müssen.


2000: Angelina Jolie küsst ihren Bruder James Haven auf dem roten Teppich

Bei der Oscar-Verleihung 2000 wurde Angelina Jolie für ihre Rolle in „Durchgeknallt“ ausgezeichnet. In ihrer Dankesrede sagte sie, sie sei „so verliebt in ihren Bruder“, der sie im Publikum unterstützte. Am Ende der Rede wiederholte sie ihre Liebeserklärung. Später wurden die Geschwister auf dem roten Teppich fotografiert, wie sie sich auf den Mund küssten. Auch auf der Vanity Fair-Afterparty küssten sich Angelina Jolie und James Haven vor den Fotografen.

Angelina Jolie und James Haven auf dem roten Teppich.

Schwester und Bruder: Angelina Jolie und James Haven kamen sich bei den Oscars 2000 ganz nah.

Das gab den Gerüchten über die Beziehung der Geschwister neue Nahrung. Haven sagte in einem Interview: „Es war ein großartiger Moment. Aber er wurde völlig missverstanden“. Schließlich meldete sich ein ehemaliger Babysitter der beiden öffentlich zu Wort und bestätigte, dass die Geschwister einfach immer ein enges Verhältnis gehabt hätten und sonst nichts.


1989: Die Eröffnung der Oscars mit Rob Lowe und Eileen Bowman

Die musikalischen Einlagen bei der Oscar-Verleihung waren selten Gegenstand kontroverser Diskussionen. Die Oscar-Verleihung 1989 wurde mit einer Gesangs- und Tanznummer von Rob Lowe und der als Schneewittchen verkleideten Eileen Bowman in Anlehnung an den Disney-Film „Schneewittchen“ eröffnet. Bowman begann sofort mit hoher Stimme zu singen und verließ die Bühne, um den im Publikum sitzenden Schauspielern die Hände zu schütteln, die sich alle sichtlich unwohl und verwirrt fühlten.

Der Auftritt dauerte 11 quälend lange Minuten, von denen jede unerträglicher war als die vorherige. Daran konnte auch eine bemerkenswerte Sequenz mit in Ehren ergrauten Hollywood-Legenden von Roy Rogers bis Dorothy Lamour nichts ändern.

Bowman war übrigens eine mehr oder weniger unbekannte Schauspielerin ohne Referenzen, die sich von diesem Auftritt ihren Durchbruch erhoffte. Unnötig zu sagen, dass ihr dies nicht gelang. 1998 stand sie zum letzten Mal erfolglos vor der Kamera. Noch schlimmer traf es den Produzenten der Show, Allan Carr. Der mit „Grease“ berühmt gewordene Filmemacher wurde danach von der Filmindustrie boykottiert und starb 1999 völlig vergessen an Leberkrebs.


1974: Nackter Flitzer auf der Bühne stört Oscar-Verleihung – Und wird Jahre später ermordet

Bei der 46. Oscar-Verleihung am 2. April 1974 hielt der Moderator und Schauspieler David Niven eine Rede, als plötzlich ein nackter Mann hinter einem Vorhang auf die Bühne sprang, mit der Hand das Friedenszeichen machte und das Publikum zu Lachsalven hinriss.

David Niven hatte noch nicht bemerkt, dass hinter ihm der Fotograf und Galerist Robert Opel nackt über die Bühne rannte.

David Niven hatte noch nicht bemerkt, dass hinter ihm der Fotograf und Galerist Robert Opel nackt über die Bühne rannte.

Niven zeigte sich unbeeindruckt und scherzte wenig später: „Ist es nicht faszinierend, dass der einzige Lacher, den dieser Mann in seinem Leben ernten wird, der ist, wenn er sich auszieht und seine Unzulänglichkeiten zeigt?“ Der Flitzer Robert Opel nahm es gelassen und wurde für kurze Zeit eine Berühmtheit. 1978 eröffnete er, selbst offen bisexuell, in San Francisco die Fey-Way Studios, in denen homosexuelle Künstler wie Tom of Finland oder Robert Mapplethorpe ihre Werke und Fotografien ausstellen konnten.

Bis heute hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Niven, ein großartiger Schauspieler, den Vorfall etwas zu gut gemeistert habe, und es gibt Hinweise darauf, dass es sich um eine Inszenierung gehandelt haben könnte. Auf jeden Fall ging die Verleihung als eine der denkwürdigsten Oscar-Verleihungen in die Geschichte ein. Der Vorfall kam fünf Jahre später wieder in die Medien, als der damals 39-jährige Robert Opel bei einem Raubüberfall ermordet wurde.


1973: Marlon Brando verweigert den Oscar

1973 gewann Marlon Brando den Oscar für den besten Hauptdarsteller in „Der Pate“, weigerte sich aber, ihn entgegenzunehmen. Stattdessen schickte er die indigene Schauspielerin und Aktivistin Sacheen Littlefeather zu der Veranstaltung, die der empörten Menge erklärte, Brando lehne den Preis ab, weil er die Filmindustrie boykottiere, die die amerikanischen Ureinwohner ungerecht behandle.

Die indianische Aktivistin Sacheen Littlefeather vor der Oscar-Statue.

Die indianische Aktivistin Sacheen Littlefeather liest bei der Oscar-Verleihung im März 1973 in Hollywood ein Schreiben des US-Schauspielers Marlon Brando vor, in dem er die Annahme der vielbegehrten Trophäe verweigert.

Dieses Ereignis war für die Öffentlichkeit ein Schock, wird aber heute als heldenhaft angesehen, insbesondere von Sacheen Littlefeather, die noch jahrelang für ihren Auftritt angefeindet wurde. Ihre aufblühende Schauspielkarriere war ebenfalls ruiniert. Brandos Entscheidung fiel vor dem Hintergrund der Besetzung von Wounded Knee, einem Protest der amerikanischen Ureinwohner gegen die US-Regierung.

In den Jahrzehnten nach dem Vorfall wurde immer wieder berichtet, dass es keine Beweise dafür gebe, dass Littlefeather eine Ureinwohnerin sei. Unter anderem behauptete dies der führende amerikanische Filmkritiker Roger Ebert in einem Nachruf auf Marlon Brando im Jahr 2004. Die Aktivistin veranlasste Ebert, eine Gegendarstellung zu veröffentlichen.

Im Juni 2022 entschuldigte sich die Academy of Motion Picture Arts and Sciences bei Littlefeather für die negativen Auswirkungen, die sie nach ihrem Auftritt erlitten hatte. Littlefeather starb im Oktober 2022. Ihre Schwestern bestätigten später laut der „Welt“, dass Littlefeather keine indigenen Wurzeln hatte.


1969: Barbra Streisand und Katharine Hepburn gewinnen beide einen Oscar

In der Geschichte der Oscars gab es nur wenige Entscheidungen, die unentschieden ausgingen, meist in den weniger populären Kategorien. Umso größer war 1969 die Aufregung, als Ingrid Bergman die Entscheidung in der Kategorie „Beste Hauptdarstellerin“ verlesen sollte. Sie konnte es nicht fassen: Barbra Streisand (für „Funny Girl“, damals 26) und Katharine Hepburn („Der Löwe im Winter“, 61) hatten gewonnen. Die Hepburn war gar nicht anwesend, schließlich hatte sie schon im Jahr zuvor gewonnen.

Barbra Streisand hält stolz ihren Oscar bei der Verleihung der Academy Awards im Jahre 1969.

Barbra Streisand hält stolz ihren Oscar bei der Verleihung der Academy Awards im Jahre 1969. Auch ihr Kleid sorgte für Aufsehen.

Die Streisand nutzte die Gunst der Stunde und nahm den Oscar in einem durchsichtigen Hosenanzug und dem berühmten Filmzitat „Hello Gorgeous“ aus „Funny Girl“ entgegen. Bis heute ist umstritten, was skandalöser war: Die blutjunge Streisand in ihrem ersten Film zusammen mit der verdienten Leinwandlegende Hepburn auszuzeichnen oder der Hosenanzug der Streisand, der immerhin auf allen Oscar-Mode-Hitlisten wahlweise als „ikonisch“, „verrückt“, „empörend“ oder „am schlimmsten“ geführt wird. Unbestritten bleibt, dass beide fantastische schauspielerische Leistungen erbracht haben.


1940: Hattie McDaniel gewinnt Oscar und wird ausgegrenzt – Ihr Oscar verschwindet später spurlos

Der Oscar-Gewinn von Hattie McDaniel 1940 war einer der ersten Skandale in der Geschichte der Academy Awards. Es gab gleich mehrere skandalöse Aspekte an diesem Gewinn. Erstens war McDaniel die erste Schwarze, die einen Oscar gewann, und viele Leute waren damit nicht einverstanden.

Fay Bainter überreicht Hattie McDaniel den verdienten Oscar.

Fay Bainter überreicht Hattie McDaniel den wohlverdienten Oscar in der Kategorie „Beste Nebendarstellerin“ für ihre großartige Darstellung der treuen Sklavin und späteren Hausangestellten „Mammy“ in „Vom Winde verweht“.

Tatsächlich galt für Schwarze 1940 noch eine strikte Rassentrennung. Während der Verleihung saß McDaniel von den anderen Nominierten getrennt mit ihrem afroamerikanischen Begleiter an einem eigenen Tisch. Immerhin durfte sie den Preis persönlich auf der Bühne entgegennehmen.

„Vom Winde verweht“ und seine Darstellung der Sklaverei waren und sind Gegenstand zahlreicher Kontroversen. Das Besondere an McDaniels Geschichte ist, dass ihre eigentliche Oscar-Statue bis heute verschollen ist. Nach ihrem Tod wurde sie einer Universität geschenkt und ist seitdem verschwunden. Wahrscheinlich wurde sie gestohlen – eine Schande, auch wenn dieser Oscar-Gewinn von Anfang an von einem Skandal überschattet war.

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