PortraitPouya Azimi

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Pouya Azimi, 31, kam Anfang der 80er als Kleinkind mit seinen Eltern aus dem Iran nach Deutschland. Er hat in Köln VWL und BWL studiert und die Firma „MobiLab Solutions“ mit Sitz in Köln gegründet.

Pouya Azimi, 31, kam Anfang der 80er als Kleinkind mit seinen Eltern aus dem Iran nach Deutschland. Er hat in Köln VWL und BWL studiert und die Firma „MobiLab Solutions“ mit Sitz in Köln gegründet.

Meine Eltern sind wegen des Iran-Irak-Krieges Anfang der 80er Jahre nach Deutschland geflohen. Ich war damals ein Jahr alt. Als Flüchtling habe ich mich nie gefühlt, als Migrant schon – meine Eltern haben großen Wert darauf gelegt, dass ich meine Wurzeln nicht vergesse.

Ursprünglich hatten sie nicht vor, lange zu bleiben. Deshalb sind sie nicht in die USA gegangen – das wäre ihnen zu weit weg gewesen. Weil ihre Abschlüsse – meine Mutter war im Iran Grundschullehrerin, mein Vater Statistiker bei einer Bank – nicht anerkannt wurden, hat mein Vater angefangen, noch einmal zu studieren. Aber er musste auch Geld verdienen, beides war einfach zu viel. Er hat dann als Taxifahrer gearbeitet. Auch meine Mutter konnte nie wieder Kinder unterrichten. Darunter haben meine Eltern gelitten. Damals war Deutschland, wie viele Länder, nicht auf die Globalisierung eingestellt.

Mir haben meine Eltern gesagt: Ich müsse es als Chance sehen, in Deutschland zu sein – hier hätte ich Möglichkeiten, die viele andere nicht hätten. Nachdem ich bis zur fünften Klasse kein motivierter Schüler und dann ein mal sitzen geblieben war, hat es mich gepackt: Ich wollte der Beste sein. Tatsächlich war ich lange Klassenbester, habe ein sehr gutes Abi gemacht, und war anschließend Jahrgangsbester an der Uni. Ich glaube heute, dass meine Eltern recht hatten: Es gibt in Deutschland sehr gute Bildungsmöglichkeiten, die man ausschöpfen kann. Ich hatte die gleichen Chancen wie ein deutsches Akademikerkind. Das Tolle ist aber: Man muss hier dank des Ausbildungssystems gar nicht studieren, um Erfolg zu haben. Das ist woanders – zum Beispiel im Iran – nicht so.

Ich habe heute die doppelte Staatsbürgerschaft. Die ist inzwischen einfacher zu bekommen. Das muss auch so sein, wenn ein Land weltweit konkurrenzfähig sein will. Die „Green Card“ der Schröder-Regierung etwa war bei ihrer Einführung zu unflexibel und damit für gute Fachkräfte nicht attraktiv. Sie sind lieber in die USA gegangen. Das ist heute mit der „Blue Card“ schon anders.

Auch ich wollte nach dem Studium in die USA gehen. Dann habe ich entschieden, hier zu bleiben. Nicht nur, weil ich meine Frau kennengelernt habe – auch, weil ich zu dem Schluss gekommen bin: Ich möchte lieber in einem Land wie Deutschland leben, in dem das Geld umverteilt wird, nicht die einen extrem reich und die anderen extrem arm sind. Meine Eltern waren Flüchtlinge, aber ich hatte die gleiche Ausbildung wie Kinder von Professoren oder Anwälten. In den USA wäre das sicher nicht möglich gewesen.

Ich sehe mich als Deutscher mit iranischen Wurzeln, aber die emotionale Beziehung habe ich zu meiner Heimatstadt Köln. Deshalb habe ich meine Firma hier gegründet. Wir entwickeln Bezahl- und Bestellsysteme auf mobilen Applikationen für Handel, Hotels und Restaurants, inzwischen mit 15 Mitarbeitern aus 14 Ländern. Das geht auch hier, dafür muss man nicht nach Berlin. Es mag zwar in Deutschland im Software-Bereich schwieriger sein eine Firma zu gründen, aber wenn man es schafft, sind die Möglichkeiten enorm – durch die Infrastruktur, die Rechtssicherheit, die staatliche Förderung. Es hat Gründe, warum Deutschland Exportweltmeister ist, gerade wegen der Mittelständler. Wenn meine Mitarbeiter mich heute fragen, warum sie hier so hohe Steuern zahlen, erkläre ich ihnen, wohin die fließen: Infrastruktur, Schulen, selbst Unis sind kostenfrei – das liegt alles an der Umverteilung durch Steuern. Und die weiß gerade ich zu schätzen.

Aufgezeichnet von Silke Offergeld

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