Ihre Stimme, ihr Gang durchs Ghetto – Shara Nelson prägte Massive Attack. Doch was wurde aus der Trip-Hop-Ikone der 90er-Jahre?
Sie sang „Unfinished Sympathy“Was wurde aus der Massive-Attack-Sängerin Shara Nelson?

Massive Attack arbeitete mit Shara Nelson (r) für das legendäre Album „Blue Lines“ mit dem Klassiker „Unfinished Sympathy“ zusammen. (Archivbild)
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Sie kam, sang – und veränderte den Sound der 90er. Mit ihrer warmen Stimme, diesem unvergesslichen Gang durchs Ghetto im ikonischen „Unfinished Sympathy“-Video und Songs, die bis heute Gänsehaut auslösen, gab Shara Nelson dem entstehenden Trip-Hop ein Gesicht. An der Seite von Massive Attack verlieh sie Stücken wie „Unfinished Sympathy“, „Safe from Harm“ und „Lately“ auf dem Debütalbum „Blue Lines“ (1991) ihre unverkennbare Note.
„Unfinished Sympathy“-Sängerin Shara Nelson: Ihr Aufstieg als Stimme des Trip-Hop
Der weltweite Erfolg brachte der Londonerin auch in Deutschland Bekanntheit, wo die Titel bis heute in Radioplaylists auftauchen. Nelsons gefühlvolle Vocals machten sie zu einer der prägendsten Stimmen des Trip-Hop – und öffneten ihr die Tür für eine Solokarriere.
1993 veröffentlichte Shara Nelson ihr erstes Soloalbum „What Silence Knows“, mit dem sie sich musikalisch vom Trip-Hop abwandte und stärker auf Soul, R&B, Pop und jazzige Elemente setzte. Die Platte erreichte in Großbritannien Gold-Status, wurde für den Mercury Prize nominiert und brachte mit den Singles „Down That Road“, „One Goodbye in Ten“ und „Inside Out“ gleich drei UK-Top-40-Hits sowie mehrere BRIT-Award-Nominierungen.
Zwei Jahre später folgte das Album „Friendly Fire“, dazu Kollaborationen mit Künstlern wie Presence („Sense of Danger“) und Charles Webster. Auch wenn der ganz große Mainstream-Erfolg außerhalb Großbritanniens ausblieb, galt Nelson als respektierte Künstlerin mit eigener Handschrift.
Ab den 2000ern zog sich Nelson zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück, blieb aber in der Clubszene aktiv. 2011 geriet sie in die Schlagzeilen, als sie behauptete, die Ehefrau des BBC-Radio-1-DJs Pete Tong zu sein und ein gemeinsames Kind mit ihm zu haben. Warum sie diese falschen Angaben machte, ist bis heute unklar; Tong bestritt alle Behauptungen entschieden. Laut „Daily Mail“ erwirkte er eine einstweilige Verfügung, die Nelson später missachtete – ein Gericht verurteilte sie daraufhin zu gemeinnütziger Arbeit.
Zerstörte ein Skandal ihre Musikkarriere?
Bob Stanley, Mitgründer von Saint Etienne und früherer Weggefährte Shara Nelsons, beschrieb sie in einem Kommentar in der „Daily Mail“ als sanft, zurückhaltend und außergewöhnlich talentiert. Sie habe nicht nur „Unfinished Sympathy“ gesungen, sondern auch Text und Melodie geschrieben und Songs innerhalb weniger Minuten improvisiert.
Shara Nelson bei einem Live-Auftritt in London 2015:
Gemeinsam nahmen sie unter anderem „On the Shore“ für das Saint-Etienne-Album „Tiger Bay“ auf. Stanley zeigte sich besorgt, dass in ihrem Leben etwas schiefgelaufen sei, und kritisierte den Mangel an Unterstützung. Er warf den Medien vor, psychische Probleme bei Männern oft zu romantisieren, während sie bei Frauen mit Häme reagieren.
Shara Nelson heute: Ehemalige Massive-Attack-Sängerin lebt zurückgezogen
Der Skandal schadete ihrem Ruf und hatte langfristige negative Folgen für ihre Karriere. Seitdem trat Shara Nelson nur noch sporadisch auf, etwa 2012 beim Benefizkonzert für Cool Earth, bei dem sie „Unfinished Sympathy“ sang. Gelegentlich nahm sie neue Musik auf, darunter die Songs „Promised“ (2014) und „Looking (Meghan Markle’s Theme)“ (2018), das von der Hochzeit der US-Schauspielerin Meghan Markle mit Prinz Harry inspiriert war. Sie arbeitete auch erneut mit Charles Webster zusammen, zuletzt für „This Is Real“ auf seinem Album „Decision Time“ (2020).
Nelson taucht hin und wieder auf Fotos in sozialen Netzwerken auf, meidet das Medium jedoch weitgehend, gibt keine Interviews mehr und zeigt sich nicht auf roten Teppichen. Keine Social-Media-Präsenz, keine medienwirksamen Auftritte – Shara Nelson hat sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.