Der neue „Tatort: Siebenschläfer“ aus Dresden spielt im Kinderheim. Die Ermittler Winkler (Cornelia Gröschel) und Schnabel (Martin Brambach) treffen auf ein System, in das viel Geld gepumpt wird - aber dennoch in keinster Weise funktioniert. Wie realitätsnah ist der Krimi?
Neuer „Tatort“ aus DresdenWie viel kostet ein Heimkind den Staat tatsächlich?

Der neue Dresdener „Tatort: Siebenschläfer“ erzählt aus dem Mikrokosmos Kinderheim. Es ermitteln: Peter Schnabel (Martin Brambach) als Ersatz für die ausgeschiedene Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel). (Bild: MDR/MadeFor Film/Steffen Junghans)
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Pascal (Florian Geißelmann) und Lilly-Marie (Dilara Aylin Ziem) genießen scheinbar die Zeit nach ihrer Flucht aus dem Kinderheim. (Bild: MDR/MadeFor Film/Steffen Junghans)
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Das 16-jährige Lilly-Marie (Dilara Aylin Ziem) aus dem titelgebenden Kinderheim „Siebenschläfer“ wird tot aus einem See geborgen. Mitten in der Nacht war das Mädchen aus der Erziehungsanstalt ausgebüxt. Gesucht wird der Freund und Begleiter von Lilly-Marie, der kaum ältere Pascal (Florian Geißelmann). Hat er das Mädchen getötet?
„Tatort: Siebenschläfer“ ist der erste Dresdener Fall ohne Karin Gorniak (Karin Hanczewski), die das Format verlassen hat. Chef Schnabel tritt als zweiter Ermittler neben Leo Winkler (Cornelia Gröschel) in den Vordergrund. Wird Martin Brambachs Rolle nun dauerhaft größer im „Tatort“? Und stimmt die Behauptung des Krimis, dass ein Heimkind den Staat schon mal über 9.000 Euro pro Monat kosten kann?
Worum ging es?

Im neuen „Tatort: Siebenschläfer“ aus Dresden ermitteln Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) und Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) zu zweit. Karin Gorniak (Karin Hanczeswski) hatte mit der letzten Episode im Februar 2025 das Format verlassen. (Bild: MDR/MadeFor Film/Steffen Junghans)
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Eine 16-Jährige, die in einem Kinderheim lebte, wurde tot aus einem See geborgen. Leonie Winkler (Cornelia Gröschel, links), Polizistin Antje (Victoria Schulz), Peter Schnabel (Martin Brambach, dritter von links) und Dr. Himpe (Ron Helbig) inspizieren die Tote Lilly-Marie Reuter (Dilara Aylin Ziem). (Bild: MDR/MadeFor Film/Steffen Junghans)
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Das Kinderheim „Siebenschläfer“ unter der Leitung von Saskia Rühe (Silvina Buchbauer) arbeitet am Anschlag. Wie so viele Institutionen, die sich um Menschen kümmern, leidet die Einrichtung unter akutem Personalmangel. Erzieherin Jasmin Hoffmann (Aysha Joy Samuel) wurde von der Chefin bekniet, Sonderschichten zu fahren. Man fand einfach keine neuen Mitarbeiter.
Der Polizei ging es ähnlich - denn der Stuhl der ausgeschiedenen Kommissarin Karin Gorniak (Karin Hanczewski) blieb unbesetzt. Chef Schnabel musste an der Seite von Kommissarin Winkler vor Ort im Kinderheim ermitteln. Zwei Abgänge hatte man dort zu verzeichnen. Vom jungen Ausreißer-Paar war die 16-jährige Lilly-Marie tot im See geborgen worden - und ihr scheinbar unberechenbarer Freund blieb verschwunden. Ein klarer Fall von Beziehungstat?
Worum ging es wirklich?

Saskia Rühe (Silvina Buchbauer) ist die Leiterin des Kinderheims „Siebenschläfer“. Erwin Miersch (Elmar Gutmann) arbeitet dort als Hausmeister. (Bild: MDR/MadeFor Film/Steffen Junghans)
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Niemand mag Pascal (Florian Geißelmann). Der 17-Jährige ist ein anstrengender Typ. Mit seiner Freundin ist er aus dem Heim „Siebenschläfer“ abgehauen. Nun ist das Mädchen tot und er wacht benebelt am See auf. (Bild: MDR/MadeFor Film/Steffen Junghans)
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Es ist ein klassischer Sozialkrimi, den das Drehbuch-Duo Silke Zertz und Frauke Hunfeld (“Lauchhammer - Tod in der Lausitz“) für den MDR geschrieben haben. Seine Aussage ist mehr als eindeutig: In diesem Deutschland sind es die Systemrelevanten, die ächzen und wanken. Personalmangel herrscht bei der Kinderbetreuung wie auch bei der Polizei. Überall, wo sich Menschen um Menschen kümmern (sollen), ist Notstand angesagt.
Der Krimi lässt den Leiter des Jugendamtes (Peter Moltzen) und einen Kinderpsychiater (Hanno Koffler) zu Wort kommen. Man ist erstaunt darüber, dass relativ viel Geld in ein System gepumpt wird, das sich aber mehr nach Notstand anfühlt. Und mit dem alle Beteiligten unzufrieden sind. Richtig erklären kann der Krimi nicht, wo das Geld hängen bleibt oder ob es einfach nicht reicht. Auch nicht, ob schlechte Bezahlung die Ursache für den Personalmangel ist. Wo also liegen die Ursachen für Zustände wie im „Siebenschläfer“?
Wie viel kostet ein Heimkind pro Monat?

Es könnte jemand in Gefahr sein, deshalb muss Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) mit ihren Kollegen schnell eingreifen. (Bild: MDR/MadeFor Film/Steffen Junghans)
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Pascal (Florian Geißelmann) hat sich zu seiner ehemaligen Erzieherin Birte Friesack (Anna-Katharina Muck) geflüchtet, mit der er früher ein enges Verhältnis hatte. (Bild: MDR/MadeFor Film/Steffen Junghans)
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Der Leiter des Jugendamtes wird von den Kommissaren gefragt, wie viel ein Heimkind pro Monat kostet. Die Antwort fällt überraschend aus: rund 7.000 Euro zahlt der Staat für ein „Durchschnitts-Kind“ wie Pascal, bei der toten Lilly-Marie, die noch weitere Therapien erhielt, waren es sogar 9.200 Euro - pro Monat. Diese Zahlen erscheinen nach Quellenlage nur leicht zu hoch gegriffen.
Die durchschnittlichen monatlichen Kosten für ein Heimkind im Kinderheim betragen in Deutschland je nach Bundesland und Leistungsumfang etwa 4.000 bis 6.500 Euro pro Kind. Sonderleistungen wie therapeutische Maßnahmen oder spezielle Förderangebote können die Gesamtkosten aber in der Tat erhöhen.

Diese Dinge trug das tote Mädchen bei sich: Leonie Winkler (Cornelia Gröschel, links), Polizistin Antje (Victoria Schulz) und Peter Schnabel (Martin Brambach) untersuchen die Tasche von Lilly-Marie. (Bild: MDR/MadeFor Film/Steffen Junghans)
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Das meiste Geld fließt ins Personal. Den Rest machen Sachkosten für Unterkunft, Verpflegung, Freizeit, Kleidung und Bildungsangebote sowie Verwaltungskosten und bauliche Unterhaltung des Heims aus. Die Finanzierung erfolgt überwiegend durch die Jugendämter. In manchen Fällen tragen auch andere Träger wie Wohlfahrtsverbände, Kirchen oder private Organisationen die Kosten anteilig. In der Regel müssen die Kosten öffentlich einsehbar sein, etwa in den Hilfeplan- und Leistungsvereinbarungen nach § 78a SGB VIII, die jedes Heim individuell mit den kommunalen Jugendämtern aushandelt.
Wie viel verdient man in einem Kinderheim?

Jetzt packt - wegen Personalmangel - sogar der Chef vor Ort mit an: Peter Schnabel (Martin Brambach, links) untersucht mit Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) und Dr. Himpe (Ron Helbig) einen Tatort in Dresden. (Bild: MDR/MadeFor Film/Steffen Junghans)
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Als Betreuer in einem Kinder- und Jugendheim beträgt das durchschnittliche monatliche Bruttogehalt in Deutschland 2025 etwa 3.150 bis 4.560 Euro - abhängig von Qualifikation, Berufserfahrung und Bundesland. Im öffentlichen Dienst (TVöD SuE) liegen Entgelte bei etwa 3.413 bis etwa 4.541 Euro brutto pro Monat, je nach Erfahrungsstufe und Entgeltgruppe.
Wie schlimm ist der Personalmangel tatsächlich?
Es gibt wie im „Tatort“ beschrieben einen deutlichen Personalmangel in Kinder- und Jugendheimen sowie in der gesamten Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Die Lage gilt vor allem in Westdeutschland als angespannt: Es fehlen tausende qualifizierte Fachkräfte, sodass viele Stellen nicht besetzt werden können und die bestehenden Beschäftigten stark belastet sind. 2025 wird bundesweit mit einer Lücke von etwa 105.000 bis 125.000 pädagogischen Fachkräften in der Kinder- und Jugendhilfe gerechnet.
Wie und mit wem geht es beim „Tatort“ Dresden weiter?
Wie es aussieht, geht es mit Martin Brambach als festem zweiten Ermittler weiter. Der nächste Fall ist der „Tatort: Nachtschatten“ (noch ohne Startdatum): Eine 16‑Jährige wird nachts mit einem blutverschmierten Skalpell aufgegriffen. Sie berichtet, ihr Vater habe sie und ihre Schwester lebenslang in einem Keller gefangen gehalten - und die Schwester sei noch dort. Saralisa Volm (“Schweigend steht der Wald“) führt Regie, das Drehbuch stammt von Viola M. J. Schmidt (“Die Schule der magischen Tiere“).
Auch der übernächste Fall „Tatort: Das, was du zurücklässt“ mit Martin Brambach und Cornelia Gröschel ist bereits in Arbeit. Am 2. September begannen die Dreharbeiten zu einer ungewöhnlich prominent besetzten Geschichte: Ronald Zehrfeld, Katharina Schüttler und Clemens Schick treten in Episodenrollen auf: Es geht um eine Frau, die nachts von einem Taxi überfahren wird - es ist Annika Reihmann (Katharina Schüttler), Ehefrau, Mutter und Lehrerin.
Der Taxifahrer wird kurz darauf erschlagen aufgefunden. Thomas Sieben und Viola M. J. Schmidt schrieben das Drehbuch, Regie führt Alex Eslam. In diesem Film wird eine neue, junge Ermittlerin eingeführt - ob dauerhaft oder nur als Gast, ist noch nicht bekannt. Kommissaranwärterin Milla Brandis heißt die Figur, gespielt wird sie von Lilja van der Zwaag (29, „Der Geier - Freund oder Feind“). (tsch)