Schauspielerin Verena Altenberger spricht im Interview anlässlich des ZDF-Historienzweiteilers „Sturm kommt auf“ über die Unterschiede zwischen Faschismus auf dem Land und in der Stadt.
Verena Altenberger warnt„Im Dorf hat Faschismus noch mal eine andere Grausamkeit“

„Im Dorf hat Faschismus noch mal eine andere Grausamkeit“, so Verena Altenberger im Interview.
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Schauspielerin Verena Altenberger sieht beim Thema Faschismus einen Unterschied zwischen Stadt und Land: „Im Dorf hat Faschismus noch mal eine andere Grausamkeit“, betont die ehemalige „Münchner Polizeiruf 110“-Kommissarin im Interview mit der Agentur teleschau: „Weil sich dort plötzlich Nachbarn als Feinde gegenüberstehen oder sich diffamieren, die sich gut kennen. Viele sind sogar verwandt.“ Die 37-Jährige selbst stammt aus einem „2.000 Seelen-Dorf“: „Mein Freundeskreis aus echten Wienern versteht oft Dinge nicht, die ich verstehe, weil ich vom Land komme.“

Elies (Verena Altenberger) erlebt den aufkommenden Faschismus in der bayerischen Provinz. Matti Geschonnecks Zweiteiler „Sturm kommt auf“ entstand nach Oskar Maria Grafs pazifistischem Roman „Unruhe um einen Friedfertigen“. (Bild: ZDF / Fabio Eppensteiner)
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Mit Blick auf das Leben in der Stadt erklärt sie: „Wenn dort der Nachbar über mir ein Nazi ist, bekomme ich es vielleicht noch nicht mal mit. Und wenn ich es mitkriege, erschreckt es mich nicht, weil ich keinen Bezug zu dem Typen habe.“ Doch auf dem Dorf sei es „ganz anders“, so Altenberger im Gespräch: „Wenn dort dein Nachbar, Bruder, Cousin oder Onkel zum Nazi wird, verstehst du die Welt nicht mehr“, betont sie. Solche Situationen findet die Schauspielerin „gruselig“. Besonders dann, „wenn sich Überzeugungen zu Gewalt ausformen. Dann schießen plötzlich Nachbarn auf Nachbarn. So etwas ist zutiefst irritierend.“
„Ich habe mehr Hoffnung als Sorge“
Auf die Frage, ob sie befürchte, dass in Deutschland oder Österreich der Faschismus zurückkehren könnte, antwortet sie mit Zuversicht: „Ich habe mehr Hoffnung als Sorge, weil ich eine stabile Optimistin bin.“ Doch sie weiß auch um die Gefahr. Ein Blick über den Atlantik genüge, um zu erkennen, „wie schnell es passieren kann, dass der Faschismus zurückkommt und übernimmt“.

Einem breiten Publikum wurde Verena Altenberger als Kommissarin im Münchener „Polizeiruf 110“ bekannt. Sie spielte die Rolle der Ermittlerin „Bessie“ Eyckhoff leider nur über fünf Filme zwischen 2019 und 2023. Altenberger schied auf eigenen Wunsch aus dem Format aus, um flexibler Rollen annehmen zu können. Ihre Nachfolge trat Johanna Wokalek an. (Bild: BR / Geißendörfer Pictures / Hendrik Heiden)
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Verena Altenberger bezeichnet sich selbst als jemanden, der glaubt, man könne das „Ruder noch im letzten Moment rumreißen. Doch vielleicht ist das auch naiv.“ Für sie ist klar: „Wir leben in einer Zeit, die uns überdeutlich zeigt, dass Faschismus überall und sehr schnell passieren kann. Wir Österreicherinnen und Österreicher leben in Nachbarschaft zu Ungarn. Und wir standen selbst mehrfach kurz vor der Machtübernahme der Rechten. Gegenwärtig steht die FPÖ wieder bei etwa 30 Prozent Zustimmung.“
Im ZDF-Historienzweiteiler „Sturm kommt auf“ (Montag, 10. November, 20.15 Uhr) spielt die charismatische Schauspielerin neben Josef Hader eine Hauptrolle. Der Film basiert auf dem Roman „Unruhe um einen Friedfertigen“ von Oskar Maria Graf und behandelt den aufkommenden Faschismus in der bayerischen Provinz nach dem Ersten Weltkrieg. (tsch)

