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Spektakuläre GuerillaaktionGünter Wallraff paddelte nach Nonnenwerth

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Günter Wallraff setzte in seinem Kajak über.

Remagen – Mit einer spektakulären Guerillaaktion hat ein prominenter Unterstützer seine Solidarität mit dem von der Schließung bedrohten Inselgymnasium Nonnenwerth bekundet. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus dem Schulumfeld erfuhr, hat sich der Kölner Investigativjournalist Günter Wallraff am Dienstagvormittag mutmaßlich unerlaubt Zutritt zur Schule verschafft und anschließend in der Aula ein Gespräch mit Oberstufenschülern und dem Lehrpersonal über die Situation des Franziskus-Gymnasiums geführt.

Gegen 8:30 Uhr am Morgen war der 79 Jahre alte Wallraff nach eigener Darstellung mit seinem Kajak Richtung Insel aufgebrochen und hatte nach einer halben Stunde Paddeln auf dem Rhein an einer schwer einsehbaren Uferstelle festgemacht. Durch Schlamm und Brennnesseln habe er sich von den Wachleuten unbemerkt in das Gebäude geschlichen.

Eltern ist das Betreten der Insel verboten

Der Zutritt zu Nonnenwerth ist laut einer Anweisung des Schulträgers Peter Soliman, der die Insel im August 2020 samt Gymnasium und Klostertrakt gekauft hatte, nur noch Schülern und Lehrern gestattet. Auch Eltern ist das Betreten des Eilands, das seit einigen Monaten von einem privaten Sicherheitsdienst streng überwacht wird, nach diversen Streitigkeiten um den Erhalt der Schule untersagt.

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Der Investigativjournalist zeigte sih solidarisch mit dem Franziskus Gymnasium.

Wallraff sei auf Einladung einiger Schüler auf die Insel gekommen, sagte er nach seinem Besuch im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Plan aber war dem Vernehmen nach nur einem kleinen Kreis bekannt. Etwa zwei Stunden habe er sich ausgetauscht. „Ich bin beeindruckt von ihrem Engagement und dem Widerstand“, sagte Wallraff.

Schüler seien traumatisiert

Er sei schon immer auf der Seite jener Menschen gewesen, denen gravierendes Unrecht geschehe. Genau das aber passiere gerade auf Nonnenwerth. „Die Besonderheit dieser Schule ist das Leitbild: Sie lernen hier soziale Verantwortung, Zivilcourage und wichtige menschliche Werte. Jetzt aber müssen sie erleben, wie ein dubioser Investor mit Geld, Macht und zweifelhaften Motiven all das zerstört.“ Manche Schüler seien durch die Vorgänge traumatisiert, ihr Weltbild erschüttert, sagte Wallraff, der seit längerem auch Kontakt zu betroffenen Eltern pflege. „Wir müssen alles versuchen, um diese Schule doch noch zu retten.“

Vor einer Woche erst hatte die zuständige Gemeinde Remagen in einem Brief an Schüler und Lehrer mitgeteilt, dass die Verhandlungen mit Soliman über eine alternative Trägerschaft wohl endgültig gescheitert seien und nun kaum noch Hoffnung bestehe, die 170 Jahre alte Schule zu retten. Die Schuld dafür sieht man dort bei Soliman. Der Geschäftsmann aus Meerbusch wehrt sich gegen diese Darstellung. Er habe seinerseits ein Angebot unterbreitet, auf das die Gemeinde aber nicht eingegangen sei. Über seine Anwälte hatte er mitteilen lassen, dass er sich nach wie vor um eine Lösung bemühe.

Seine Aktion hatte Wallraff offenbar schon länger geplant. Bereits vor einer Woche habe er zur Vorbereitung zudem eine Testfahrt mit seinem Kajak in der Nähe der Insel gemacht.

Lehrer beeindruckt von Wallraffs Auftritt

Das Lehrpersonal zeigte sich beeindruckt von Wallraffs Einsatz. „Der Fall Nonnenwerth zeigt sehr anschaulich, wie schnell Politik vor einzelnen Menschen einknickt“, sagte ein Lehrer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen, da er Sanktionen von Soliman befürchtet. „Herr Wallraff dagegen gehört zu den Menschen, die auch bei Widerstand gradestehen. Das Gefühl habe ich bei der rheinland-pfälzischen Landesregierung nicht.“

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Manche Schüler sollen verblüfft und mitunter etwas irritiert auf den unangekündigten Auftritt des Journalisten während einer Oberstufenversammlung reagiert haben. In schriftlich verfassten Statements bezeichneten die meisten den Austausch als bereichernd, es habe sich eine hitzige Debatte entwickelt, auch über verbleibende Möglichkeiten der Schulrettung. Ein Schüler schrieb über Wallraff: „Er hatte Lösungen parat, die allerdings nicht allen Schülern gefallen haben.“