Gymnasium Nonnenwerth schließt wohl„Wir hatten eigentlich nie eine wirkliche Chance“

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Blick auf die Insel und das dort befindliche Gymnasium Nonnenwerth

Remagen – Die Rettung des„Franziskus Gymnasium“ auf der Rheininsel Nonnenwerth ist offenbar gescheitert. Das teilte der Elternverein der Schule in einem Brief mit, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ und dem „Spiegel“ vorliegt. Verantwortlich dafür machen die Verfasser den Meerbuscher Geschäftsmann Peter Soliman, der die Insel samt Schule im August 2020 von einem Nonnenorden erworben hatte. Soliman habe sich zuletzt sämtlichen Gesprächsangeboten verschlossen und somit „eine weit über deutsche Grenzen hinaus bekannte Schule nach fast 170 Jahren Tradition unweigerlich in die Schließung getrieben“.

Die Infos über das Ende des Gymnasiums gingen am Dienstagabend an alle raus, schulpsychologischer Dienst und ein Krisentinterventionsteam hatten sich vorbereitet. „Am stärksten emotional betroffen waren heute die jüngeren Schülerinnen und Schüler. Da sind viele, viele Tränen geflossen“, sagte Sören Ahlhaus, Mitglied der erweiterten Schulleitung. „Bei uns im Kollegium war heute viel Trauer zu spüren, aber auch Enttäuschung und Wut darüber, wie mit der Schule und der Schulgemeinschaft umgegangen wurde.“

Lage eskalierte in vergangenen Monaten

Der Streit um den Erhalt der Schule, an der zuletzt noch rund 470 Schülerinnen und Schüler unterrichtet wurden, tobte bereits seit mehr als einem Jahr. Nicht nur Behörden, auch mehrere Anwälte waren mit den Vorgängen befasst.  In den vergangenen Monaten eskalierte die Lage zunehmend. Soliman hatte angekündigt, den Schulbetrieb wegen angeblich immenser Kosten für Brandschutzmaßnahmen nicht fortsetzen zu können und das Gymnasium zum Ende des laufenden Schuljahres zu schließen. An die Lehrerinnen und Lehrer hatte er Kündigungen verschickt. Die Schülerinnen und Schüler waren in den vergangenen Wochen öffentlich in mehreren Städten aufgetreten, auch vor dem Kölner Dom, um auf ihre verzweifelte Situation aufmerksam zu machen.

Die Höhe der Brandschutzkosten hatte Soliman durch eigene Sachverständige schätzen lassen. Ein umfassendes Gutachten aber hat er bis heute nicht vorgelegt. Den Vorschlag des Elternvereins, ein eigens Gutachten erstellen zu lassen, lehnte er ab. Auch das Betreten der Insel wurde ihnen untersagt.

Exposé für Luxus-Wohnobjekt

Die Eltern wiederum halten das Brandschutz-Argument lediglich für einen Vorwand Solimans, um die exklusive Adresse für andere Zwecke nutzen zu können. Eine mutmaßliche Bestätigung hatten sie durch ein Exposé einer Kölner Immobilienfirma erhalten, die die Insel als Luxus-Wohnobjekt angeboten hatte. Soliman dagegen hatte beteuert, dass das Exposé ohne sein Wissen erstellt worden sei.

Auch die Rolle des Nonnenordens ist noch ungeklärt. Dieser hatte stets betont, die Insel nur dann verkaufen zu wollen, wenn der Fortbestand der Schule gesichert sei. Vertraglich fixiert aber wurde diese Bedingung offenbar nicht. Zuletzt hatte die Koblenzer Staatsanwaltschaft wegen Betrugsverdacht das Gymnasium sowie das Wohnhaus und Geschäftsräume Solimans durchsucht. Die Prüfungen würden noch andauern, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Mittwoch auf Anfrage. Soliman hatte die Vorwürfe vehement abgestritten und als „ehrabschneidend“ bezeichnet.

Auch eine private Trägerschaft durch den Elternverein selbst hatte Soliman abgelehnt. Allerdings hatte er in einem Schreiben seine Bereitschaft signalisiert, mit einem öffentlichen Träger über eine Fortführung des Schulbetriebs zu verhandeln. Wie jetzt bekannt wurde, blieben auch diese Bemühungen offenbar fruchtlos. Der Bürgermeister der für Nonnenwerth zuständigen Stadt Remagen, Björn Ingendahl, hatte gemeinsam mit der Verbandsgemeinde Unkel nach eigenen Aussagen einen Träger gefunden, der im ganzen Bundesgebiet weiterführende Schule betreibt. „Zu entsprechenden Gesprächen ist es bedauerlicherweise nicht gekommen“, schreibt Ingendahl in einem am Mittwoch verschickten Brief an Schüler und Eltern, der ebenfalls dieser Zeitung vorliegt.

Der Elternverein sieht die Schuld bei Soliman. „Alle Versuche zur Rettung des Gymnasiums Nonnenwerth scheiterten daran, dass Soliman jeden Verhandlungsversuch mit haltlosen, teils irrationalen Gegenforderungen konterte und somit bereits erste Schritte zur Rettung im Keim zunichte machte“, heißt es in dem Brief des Elternvereins.

Soliman bestreitet Vorwürfe

Soliman sieht das anders. Dass es keine Gespräche mit der Stadt Remagen gegeben habe, sei falsch, lässt er über seine Anwälte auf Anfrage mitteilen. Schon im Juli 2021 habe er sogar ein konkretes Angebot zur Übernahme der Trägerschaft gemacht, das bis heute nicht angenommen worden sei. Die Juristen verweisen auf eine knapp dreiseitige chronologisch geordnete Liste mit Kontaktaufnahmen Solimans mit Akteuren der Schule Nonnenwerth. Diese endet allerdings bereits am 6. Januar 2022. Solimans Anwälte betonen aber, dass er weiterhin bereit sei, mit der Stadt Remagen Gespräche über die Übergabe der vollständigen Trägerschaft ausschließlich an die öffentliche Hand zu führen. Ihr Mandant suche jedenfalls weiter nach einer Lösung. 

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Dass sich diese doch noch abzeichnet, daran wollen die Beteiligten der Gegenseite jedenfalls nicht mehr glauben. „Für die Schullandschaft unserer Stadt ist das eine Katastrophe – nicht nur, weil wir dann kein Gymnasium mehr haben, sondern weil wir dieses besondere Gymnasium verlieren“, sagte Remagens Bürgermeister Ingendahl auf Nachfrage. Peter Luft, Vorsitzender des Schulwerk Nonnenwerth, der sich bis zuletzt für den Erhalt eingesetzt hat, sagt: „Es ist für uns ein unendlich trauriger Tag. Wir haben lange gekämpft, hatten aber eigentlich nie eine wirkliche Chance.“

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