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Wegen Selbstverteidigung verurteiltSüdkoreanerin wehrt sich nach 61 Jahren erfolgreich gegen Urteil in Sexualdelikt

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Choi Mal Ja wird vor dem Gerichtsgebäude mit Blumen und Spruchbändern gefeiert.

Choi Mal Ja wird vor dem Gerichtsgebäude mit Blumen und Spruchbändern gefeiert.

Vor 61 Jahren wehrte sich Choi Mal Ja gegen einen Angreifer – und bekam eine höhere Strafe als er. Nun ist sie rehabilitiert worden.

Die 79-Jährige Choi Mal Ja strahlt. Sie nimmt Blumen entgegen. Auf einem Plakat ihrer zahlreichen Unterstützerinnen steht zu lesen: „Choi Mal Ja hat es geschafft!“

Gut 60 Jahre nach ihrer Verurteilung wegen eines Akts der Selbstverteidigung gegen einen sexuellen Übergriff ist die Frau in Südkorea rehabilitiert worden. Choi Mal Ja hatte sich als Folge der MeToo-Bewegung getraut, juristisch gegen das gegen sie verhängte Hafturteil vorzugehen. Das zuständige Gericht in Busan hob das Urteil am Mittwoch mit der Begründung auf, Choi habe damals auf den Angriff eines Fremden mit „gerechtfertigter Selbstverteidigung“ reagiert.

Nach Selbstverteidigung: Höhere Strafe als jene für Angreifer

Choi war 1964 im Alter von 19 Jahren in der südlichen Stadt Gimhae von einem 21-Jährigen attackiert worden. Den Gerichtsakten zufolge presste er sie auf den Boden, stieß wiederholt seine Zunge in ihren Mund und hielt ihr die Nase zu. Choi konnte sich schließlich befreien, indem sie dem Angreifer ein anderthalb Zentimeter großes Stück seiner Zunge abbiss.

In einem der umstrittensten Urteile in der Geschichte Südkoreas wurde der Angreifer 1965 lediglich zu sechs Monaten Haft mit zweijähriger Bewährung verurteilt. Gegen Choi wurde hingegen nach einer rund sechsmonatigen Untersuchungshaft eine zehnmonatige Haftstrafe mit zweijähriger Bewährung wegen schwerer Körperverletzung ausgesprochen.

Choi Mal Ja: „Wollte eine Quelle der Hoffnung werden“

Das Berufungsgericht in Busan erklärte nun gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, Choi habe mit ihrem damaligen Biss einen „Übergriff gegen ihre körperliche Integrität und sexuelle Selbstbestimmung“ abgewehrt. Choi schilderte anschließend in einer Pressekonferenz die Bedeutung der Gerichtsentscheidung. „Vor 61 Jahren wurde in einer Situation, in der ich nichts verstand, das Opfer zur Täterin und mein Schicksal wurde von einem Kriminellen besiegelt“, sagte die 79-Jährige. „Für die Opfer, die das selbe Schicksal wie ich erlitten haben, wollte ich eine Quelle der Hoffnung werden.“

Die Kraft für diesen Schritt hatte Choi infolge der weltweiten MeToo-Bewegung 2017 aufgebracht. Im Zuge dieser Bewegung gegen sexualisierte Gewalt von Männern gegen Frauen hatten Frauenrechtlerinnen in Südkorea einige Fortschritte wie eine Reform des Abtreibungsrechts und schärfere Strafen für das heimliche Filmen von Frauen in intimen Situationen erkämpft.

Choi hatte das Aufrollen ihres Falles vor Gericht 2020 beantragt, war aber zunächst erfolglos. Nach jahrelanger Kampagne ordnete der Oberste Gerichtshof des Landes 2024 die Überprüfung des Urteils an. Chois Anwälte kündigten am Mittwoch an, dass sie wegen der unrechtmäßigen Verurteilung nun eine Entschädigung vom Staat für Choi erstreiten wollen. (afp/red)