„Der Patient ist nicht mein Freund“Wie es ist, als Krankenpfleger in der Kölner Psychiatrie zu arbeiten

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Cajetan Hartfiel arbeitet als Krankenpfleger in der Kölner Psychiatrie.

Cajetan Hartfiel erlebt als Krankenpfleger in der Kölner Psychiatrie viele traurige, aber manchmal auch lustige oder skurrile Geschichten.

Cajetan Hartfiel erzählt im Podcast „Talk mit K“ vom Umgang mit psychisch Kranken und seinem Projekt aus dem Bettenkeller der Psychiatrie.

„Ich habe noch nie in meinem Leben so viel ehrliche Menschlichkeit gespürt“, erinnert sich Cajetan Hartfiel an einen seiner ersten schwer psychisch kranken Patienten, den er als Pflege-Azubi kennenlernte. Der Mann, dessen Mutter umgebracht worden war, habe während psychotischer Phasen rumgeschrien und sei aggressiv gewesen. Er habe Hartfiel den Mörder seiner Mutter genannt. In gesunden Phasen sei der Patient aber sehr herzlich gewesen, habe sich für sein Verhalten entschuldigt. „Ich habe gedacht: Da will ich arbeiten. Diesen Menschen will ich helfen.“

Der 44-Jährige arbeitet mittlerweile seit vielen Jahren als Krankenpfleger in der Psychiatrie der Uniklinik Köln, derzeit auf der offenen Station. Er betreut Patientinnen und Patienten, die unter Depressionen, Persönlichkeits-Störungen, Schizophrenie, Zwangsstörungen oder Psychosen leiden. „Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen hart, aber der Patient ist nicht mein Freund“, sagt er im Podcast „Talk mit K“ (den Sie hier im Player oder auf allen gängigen Podcast-Plattformen hören können) auf die Frage, wie er einen persönlichen Umgang mit den teilweise schweren Schicksalen und dem manchmal herausfordernden Verhalten seiner Patienten gefunden hat.

„Meine Exit-Strategie ist, dass mir das Schicksal der Patienten zeitweise egal ist. Manches nimmt mich aber natürlich auch sehr mit.“ Hartfiel hat ein Projekt gestartet: „Geschichten aus der Psychiatrie“ heißt sein auch auf Youtube abrufbarer Podcast, in dem er aus dem Bettenkeller der Kölner Psychiatrie mit Psychiatern, Kolleginnen und Kollegen aus der Krankenpflege und Betroffenen selbst über den Alltag auf der Psychiatrie spricht.

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„Ich finde, dass die Psychiatrie ganz oft negativ stigmatisiert wird. Die Leute sollten offener mit psychischen Erkrankungen umgehen und verstehen, dass das normale Krankheiten sind, für die man sich nicht schämen muss“, sagt er. Noch immer werde am Tresen vor Freunden offen über den Unfall im Skiurlaub gesprochen, eine überstandene Psychose aber lieber verschwiegen. Im Podcast erzählt Hartfiel, welche Geschichten von Patienten ihn besonders bewegt haben und wie er mit Gefährdungslagen umgeht. Das Krankenpflegepersonal bekomme Deeskalations-Trainings, um Angriffe abzuwehren, die von psychisch Erkrankten in akuten Phasen ausgehen könnten.

Lernen müsse man auch den Umgang mit Menschen, die während Psychosen zeitweise eine andere Realität wahrnehmen.  „Der wichtigste Punkt ist, dass man dem Patienten seine Realität nicht klaut. Wenn jemand weiße Mäuse an der Wand rennen sieht, sagt man nicht: Das stimmt doch gar nicht, da sind keine weißen Mäuse. Man sagt: „Es kann sein, dass du die siehst, ich sehe die nicht.“ Der Bedarf an Plätzen für psychisch Kranke sei hoch. „Wir haben in der Regel immer volles Haus“, sagt er über die Kölner Psychiatrie.

Neue Folge jeden Donnerstag

Jeden Donnerstag um 7 Uhr gibt es eine neue Podcast-Folge „Talk mit K“, dem Talkformat des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Sie können ihn entweder hier oder auf allen gängigen Podcast-Plattformen wie Apple Podcasts, Spotify oder Deezer hören. Suchen Sie dort nach „Talk mit K“ oder „Kölner Stadt-Anzeiger“. Wenn Sie dem Podcast folgen, verpassen Sie keins der künftigen Gespräche. Eine Übersicht aller Podcasts des Kölner Stadt-Anzeiger gibt es hier.

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