„Putin hat meinen Mann umgebracht“Witwe von Nawalny macht Kreml in emotionalem Statement für Tod verantwortlich

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Julia Nawalnaja, Ehefrau von Alexej Nawalny, hat in einem Statement den russischen Präsidenten Wladimir Putin für den Tod ihres Mannes verantwortlich gemacht.

Julia Nawalnaja, Ehefrau von Alexej Nawalny, hat in einem Statement den russischen Präsidenten Wladimir Putin für den Tod ihres Mannes verantwortlich gemacht.

Julia Nawalnaja beschuldigt, den Tränen nahe, Wladimir Putin für den Tod ihres Mannes verantwortlich zu sein. Sie kündigt zudem Enthüllungen an.

Die Witwe des in russischer Haft gestorbenen Oppositionsführers Alexej Nawalny, Julia Nawalnaja, hat Russlands Präsident Wladimir Putin für den Tod ihres Mannes verantwortlich gemacht. „Vor drei Tagen hat Wladimir Putin meinen Ehemann umgebracht“, sagte Nawalnaja in einer am Montag veröffentlichten Videobotschaft. Mit Nawalny habe Putin „unsere Hoffnung, unsere Freiheit, unsere Zukunft töten“ wollen, fügte sie den Tränen nahe hinzu.

In dem Video spricht Nawalnaja laut Übersetzung der unabhängigen russischen Zeitung Nowaja Gaseta über die unerschütterliche Positivität ihres Mannes und seinen Glauben an eine bessere Zukunft für Russland.  „Mein Mann ließ sich nicht brechen, und genau deshalb hat Putin ihn umgebracht – wie ein Feigling, der es nicht wagte, ihm in die Augen zu sehen oder auch nur seinen Namen auszusprechen“, sagte Nawalnaja. Sie selbst fühle „unendlichen Schmerz“.

Julia Nawalnaja veröffentlicht Statement nach Tod ihres Mannes und kündigt Aufklärung an

Sie forderte die Menschen auf, sich zusammenzuschließen und gemeinsam gegen „Putin, seine Freunde und die Verbrecher in Uniform, Diebe und Mörder, die unser Land zerstört haben“ vorzugehen. Gleichzeitig richtete Nawalnaja eine Drohung gegen den russischen Präsidenten: Sie wisse „genau“, was Putin veranlasst habe, ihren Mann zu töten. „Wir werden Ihnen bald davon berichten. Wir werden auch definitiv herausfinden, wer dieses Verbrechen begangen hat und wie. Wir werden Namen nennen und ihre Gesichter zeigen“, sagte Nawalnaja laut Nowaja Gaseta.

Das Statement verbreitete Julia Nawalnaja in den sozialen Medien. Sie werde die Arbeit ihres Mannes fortsetzen, kündigte sie an. „Kämpfen Sie weiter für unser Land. Und ich lade Sie ein, stehen Sie zu mir“, schrieb sie auf X. 

Julia Nawalnaja hatte bereits bei ihrem Auftritt auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Freitagnachmittag um Fassung gerungen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Nawalnaja noch keine endgültige Gewissheit, dass Alexej wirklich tot ist. Die 47-Jährige beschuldigte Wladimir Putin bereits in München, er „und seine Umgebung, Putins Freunde, seine Regierung wissen, dass sie sich verantworten müssen“, so Nawalnaja.

Witwe von Alexej Nawalny macht Wladimir Putin für Tod verantwortlich

Der Kreml bestreitet bislang, mit dem Tod von Alexej Nawalny etwas zu tun zu haben. Die Untersuchung der Umstände dessen Todes im Straflager laufe noch immer, hieß es am Montagmittag aus Moskau. „Bisher wurden die Ergebnisse dieser Untersuchung nicht veröffentlicht und sind entsprechend auch nicht bekannt“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

In vielen Ländern, wie hier in Spanien, erinnern Menschen nach dessen Tod an Alexej Nawalny. Wie der Kreml-Kritiker starb, ist bislang nicht geklärt.

In vielen Ländern, wie hier in Spanien, erinnern Menschen nach dessen Tod an Alexej Nawalny. Wie der Kreml-Kritiker starb, ist bislang nicht geklärt.

Nawalnys Team wirft dem Kreml wie bei dem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok 2020 Lügen und Hinhaltetaktik vor, um die Hintergründe des Schicksals des Gegners von Kremlchef Wladimir Putin zu verschleiern. Angehörige und Nawalnys Mitarbeiter fordern die Herausgabe des Leichnams, der sich unabhängigen russischen Medienberichten zufolge in Salechard befinden soll. Offizielle Angaben dazu, wo Nawalnys Leiche aufbewahrt wird, gibt es nicht.

Kreml macht weiterhin keine Angaben zum Verbleib von Alexej Nawalny – Wladimir Putin schweigt

Was mit der Leiche passiere, liege nicht in der Kompetenz des Kreml, behauptete Peskow. „Nein, das ist keine Frage, die uns betrifft. Wir befassen uns nicht mit dieser Angelegenheit. Das gehört nicht zu den Aufgaben der Präsidentenadministration.“ Die Aussage dürfte im Westen allerdings niemand glauben, die Kompetenzen des Kreml gelten als unbeschränkt. 

Peskow äußerte sich laut Interfax nicht zur Frage, wie Putin auf den Tod seines wichtigsten Gegners reagiert habe. Vom Kremlchef, der von Nawalnys Team, aber auch von westlichen Regierungen verantwortlich gemacht wird für den Tod, gibt es bislang keine Stellungnahme zu dem Fall. Laut Medienberichten gab es am Wochenende in Moskau ein Konzert, bei dem Putins Anhänger den Tod Nawalnys feierten. Ein Video der grölenden Menge rief breites Entsetzen in Russland hervor.

Nach Tod von Alexej Nawalny: Außenministerium bestellt russischen Botschafter ein

Während Russland bislang zumindest öffentlich nichts zur Aufklärung des Todes von Alexej Nawalny beiträgt, hat das Außenministerium in Berlin am Montag reagiert und den russischen Botschafter einbestellt. Das kündigte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts an.

Die politisch motivierten Verfahren gegen Nawalny sowie gegen zahlreiche weitere Kritiker der russischen Regierung und die unmenschlichen Haftbedingungen zeigten, wie brutal die russische Justiz gegen Andersdenkende vorgehe und mit welchen Mitteln Präsident Wladimir Putin Meinungsfreiheit in Russland unterdrücke, sagte die Sprecherin. „Wir verurteilen dies auf das Allerschärfste und fordern ausdrücklich die Freilassung aller in Russland aus politischen Gründen Inhaftierten.“

Annalena Baerbock verkündet Sanktionen gegen Russland

Die Bundesregierung forderte Russland auf, die Umstände von Nawalnys Tod in einem sibirischen Straflager vollständig aufzuklären und auch den Leichnam für die Familie freizugeben, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte. Zudem sollte ein straffreies Gedenken das Mindeste sein.

Zuvor war bekannt geworden, dass Deutschland und andere EU-Staaten nach dem Tod Nawalnys weitere Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen wollen. Genutzt werden solle dazu ein spezielles EU-Sanktionsinstrument zur Bestrafung von schweren Menschenrechtsverstößen, erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zum Auftakt eines EU-Außenministertreffens in Brüssel.

Nawalny war in russischer Lagerhaft ums Leben gekommen. Sein Tod war am Samstag von dessen Sprecherin bestätigt worden. Zuvor hatte am Freitag bereits der russische Strafvollzug über Nawalnys Tod informiert, der seit 2021 inhaftiert war. (pst mit dpa)

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