„Wehrhaft. Resilient. Nachhaltig“Bundesregierung stellt Nationale Sicherheitsstrategie vor

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Christian Lindner (l-r, FDP), Bundesminister der Finanzen, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und Heimat, und Boris Pistorius (SPD), Verteidigungsminister, sind auf dem Weg zu einer Pressekonferenz zur Nationalen Sicherheitsstrategie. Die Bundesregierung hat eine umfassende Nationale Sicherheitsstrategie, die alle Aspekte der äußeren und inneren Sicherheit umfasst, beschlossen.

Christian Lindner (l-r, FDP), Bundesminister der Finanzen, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und Heimat, und Boris Pistorius (SPD), Verteidigungsminister, sind auf demWeg zu einer Pressekonferenz zur Nationalen Sicherheitsstrategie. Die Bundesregierung hat eine umfassende Nationale Sicherheitsstrategie, die alle Aspekte der äußeren und inneren Sicherheit umfasst, beschlossen.

Erstmals liegt für Deutschland eine Nationale Sicherheitsstrategie vor. Ihr Ansatz: Alle äußeren Bedrohungen für die Sicherheit des Landes berücksichtigen und darauf Antworten geben.

Mit einer „Politik der Integrierten Sicherheit“ will die Bundesregierung auf die Herausforderungen einer instabiler werdenden Weltordnung reagieren. Dafür sei die neue Nationale Sicherheitsstrategie der Kompass, heißt es in einem Vorwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu dem am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossenen Konzept. „Ihr Ziel ist klar: Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu wahren und unseren Beitrag zur Sicherheit Europas zu leisten.“

Ziel ist der Sicherheitsstrategie zufolge ein Zusammenwirken und Ineinandergreifen aller Mittel und Instrumente, um Deutschlands Sicherheit gegen Bedrohungen von außen zu stärken. Dazu sollen alle relevanten Politikbereiche und Akteure einbezogen werden.

Zusammenwirken und Ineinandergreifen aller Mittel und Instrumente ist Ziel der Strategie

Dies reicht von der Landes- und Bündnisverteidigung über den Schutz von technischen Infrastrukturen und die Cyber- und Weltraumsicherheit bis hin zu Rohstoff-, Energie- und Ernährungssicherheit. Die Sicherheitsstrategie nennt auch die Zivilverteidigung und den Bevölkerungsschutz, die Entwicklungspolitik, den Schutz vor fremder Einflussnahme und Spionage sowie den Umgang mit der Klimakrise und mit Pandemien. Einbezogen werden sollen Bund, Länder und Kommunen, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft sowie die Bürgerinnen und Bürger.

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Oberste Aufgabe deutscher Sicherheitspolitik ist es sicherzustellen, dass wir in unserem Land im Herzen Europas auch künftig in Frieden, Freiheit und Sicherheit leben können.
Auszug aus der neuen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung

„Oberste Aufgabe deutscher Sicherheitspolitik ist es sicherzustellen, dass wir in unserem Land im Herzen Europas auch künftig in Frieden, Freiheit und Sicherheit leben können“, heißt es in dem Papier. Dazu bekenne sich Deutschland unverrückbar zur Nato und EU und stärke die Bundeswehr, indem im langjährigen Durchschnitt zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Verteidigung investiert würden. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung solle gegen illegitime Einflussnahme verteidigt, die Abhängigkeit bei Rohstoffen und Energie durch Diversifizierung der Lieferbeziehungen abgebaut werden.

Über 40 Seiten stark: Papier Ergebnis monatelanger Beratungen

Über das mehr als 40 Seiten starke Papier war monatelang beraten worden. Am Vormittag wurde die Strategie vom Kabinett beschlossen, anschließend von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und vier seiner Kabinettsmitglieder in der Bundespressekonferenz vorgestellt. Eine strukturelle Reform der Entscheidungsprozesse ist in ihr nicht vorgesehen. Auf die Bildung eines lange diskutierten Nationalen Sicherheitsrats zur Koordination des Regierungshandelns verzichtet die Ampel-Koalition.

Ursprünglich sollte die Sicherheitsstrategie schon im Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgestellt werden, wo sich jedes Jahr viele Hundert Regierungsvertreter, Experten und Journalisten aus aller Welt versammeln. Dieser Termin hätte für große internationale Aufmerksamkeit rund um das Ampel-Papier gesorgt. So schnell konnten sich der Kanzler und seine Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die beiden Hauptakteure im Verhandlungsprozess, aber nicht verständigen.

Baerbock verteidigt Entscheidung gegen Nationalen Sicherheitsrat

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verteidigte am Mittwoch die Entscheidung, anders als von der FDP ursprünglich gefordert, keinen gesonderten Nationalen Sicherheitsrat einzuführen. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 habe die Bundesregierung im Sicherheitskabinett getagt, sagte Baerbock am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung des vom Kabinett beschlossenen Grundsatzdokuments.

Manche hätten Vorurteile gehabt und gedacht, man werde lange streiten, sagte Baerbock. Stattdessen habe sich gezeigt, dass man in kritischen Momenten vertrauensvoll zusammenzukommen und entscheiden könne. Dies werde auch in Zukunft fortgeführt - und eben nicht nur in Verteidigungsfragen, sondern etwa auch bei der Cybersicherheit oder in Fragen des Katastrophenschutzes, sagte Baerbock.

Lindner: Sicherheit hat auch finanzielle Dimension

Die Sicherheit Deutschlands hat nach den Worten von Bundesfinanzminister Christian Lindner auch eine finanzielle Dimension. „Fiskalische Reserven bedeuten in Krisensituationen eben, Handlungsvermögen zu haben“, sagte der FDP-Vorsitzende am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung der Nationalen Sicherheitsstrategie. So wären die Corona-Pandemie und der Energiepreisschock des vergangenen Jahres unter anderen Umständen mit einer erheblichen Gefährdung des sozialen Friedens verbunden gewesen - „wenn wir nicht über die fiskalischen Reserven verfügt hätten, um die Vernichtung von Existenzen abzuwenden“.

Zum anderen hänge mit der internationalen Finanzstabilität unmittelbar Krisenprävention zusammen, sagte Lindner. So werde zum Beispiel ein Staat, der nicht mehr in der Lage sei, seine Bevölkerung zu versorgen, Migrationsbewegungen auslösen. Deshalb engagiere sich die Bundesregierung für die Finanzstabilität beispielsweise von überschuldeten Ländern, damit sich Krisen aufgrund von finanziellen Engpässen nicht verschärfen.

Außerdem müsse die Sicherheitsstrategie umgesetzt werden. „Das muss natürlich mit Ressourcen hinterlegt werden.“ Das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Stärkung der Bundeswehr werde irgendwann erschöpft sein, sagte Lindner. „Dann werden wir im Anschluss im Haushalt Prioritäten ohne diese Anpassungshilfe des Sondervermögens setzen müssen.“ Man werde sich in den kommenden Jahren im Haushalt Schwerpunkte für die Sicherheitsstrategie erarbeiten müssen, nicht nur im Bereich der Verteidigung, sondern auch im Bereich etwa der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der Diplomatie. „Das ist kein Selbstläufer“, warnte der Bundesfinanzminister.

Entwicklungspolitik an strategischen Zielen ausrichten

Dass Papier sieht auch vor, dass die Bundesregierung ihre Entwicklungspolitik in ärmeren Staaten künftig „noch stärker an ihren strategischen Zielen ausrichten“ wird. Dabei leiste die Entwicklungspolitik unverzichtbare Beiträge zu einer Politik der integrierten Sicherheit, heißt es in der am Mittwoch beschlossenen Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung.

„Unsere Entwicklungspolitik leistet auch einen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland bei gleichzeitiger Förderung nachhaltiger Entwicklung in unseren Partnerländern“, heißt es in dem Grundsatzpapier. „Dazu wird die Bundesregierung zusammen mit Partnern die Erschließung alternativer, menschenrechtskonformer und nachhaltiger Bezugsquellen für strategische Rohstoffe voranbringen.“

Dort, wo Regierungen Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit untergraben, will die Bundesregierung ihre Zusammenarbeit stärker auf die nichtstaatliche und lokale Ebene ausrichten, heißt es in dem Strategiepapier. Zugleich sei es das Ziel, jene Partnerregierungen zu stärken, die sich für demokratische Prinzipien einsetzen. (dpa)

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