KommentarSchäubles Vorschlag, Sommerferien zu kürzen, ist völlig fehl am Platz

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(Symbolbild)

  • Wegen des eingeschränkten Schulbetriebs in der Corona-Pandemie regt Wolfgang Schäuble eine Verkürzung der Sommerferien an.
  • „Das bietet Gelegenheit, versäumten Unterrichtsstoff nachzuholen“, argumentierte er. Ein völlig missglückter Gedanke, findet unser Redakteur.
  • Am Freitagmittag wurde außerdem bekannt, dass NRW auf die Kürzung der Sommerferien verzichtet.

Mitten in die Aufregung über die Abiturprüfungen in NRW und einen überstürzten Schulbeginn für Millionen Schüler platzt der Vorschlage des CDU-Politikers Wolfgang Schäuble, die Sommerferien doch ein Stück weit zu kürzen. Was vielleicht ein gut gemeinter Gedanke gewesen sein mag, ist im Augenblick völlig fehl am Platz.

Man könnte ihn fast als einen zeitlich verschobenen missglückten Aprilscherz mitten in der Corona-Krise ansehen. Faktisch sorgen solche Gedankenspiele nur für Unruhe und Verunsicherung. In dieser Zeit sind jedoch alle vor allem auf verlässliche Informationen und Unterstützung der staatlichen Behörden angewiesen. Insofern sind solche Äußerungen von Schäuble unverantwortlich. Das NRW-Schulministerium hat jedenfalls nicht auf Schäuble gehört: Im Land wird es keine Verkürzung der Sommerferien geben, heißt es aus dem Schulministerium.

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CDU-Politiker Wolfgang Schäuble

Es geht nun wirklich nicht um vier Wochen Stoff, der den Schülern fehlen könnte. Besonders bei jungen Menschen lässt sich die Stoffmenge leicht in den regulären Unterricht integrieren. Wenn man es richtig macht, erzeugt man auch nicht solche Belastungen wie bei der Einführung des Abiturs nach acht Jahren (G8). Man sollte nicht unterschätzen, wie hoch der Stresspegel angesichts der gesellschaftlich unsicheren Situation auch bei jungen Menschen ist. Sie freuen sich zurecht auf eine Zeit, in der sie einfach einmal abschalten können. 

Wir leben alle in einer Ausnahmesituation. Man sollte sich daher auf die Basics des Wissens und auf das Konsolidieren von Wissen konzentrieren. Man darf von der Politik und den Lehrern erwarten, dass sie besonders fair bei Prüfungen und im Unterricht mit den Schülern umgehen und keine sonderlich ausgefuchsten Aufgaben stellen. Auch eine intensivere Betreuung und Vorbereitung der Schüler wäre auch nach den Sommerferien noch möglich. Zudem ist es die richtige Zeit, die Selbstständigkeit der Schüler weiter zu fördern. Sie also dabei zu unterstützen, wie sie ihren Lernprozess organisieren: wie sie eigenverantwortlich recherchieren, wie sie selbst Lösungen suchen und sich mit anderen austauschen. Das könnten freiwillige Aufgaben für sie sein, ohne dass sie in die Schule gehen müssten.

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Es ist ein langsamer Prozess, in dem wir uns die Freiheitsgewinne Stück für Stück erarbeiten müssen. Das gilt für alle Bereiche. Die Politiker sollten gerade in dieser Zeit mit Besonnenheit in die Öffentlichkeit gehen und nicht mit übereilten Vorschlägen die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Im Augenblick geht es nicht um ihr Profil, sondern um das Wohl der Menschen. Und bei den jüngsten dieser Gesellschaft ist ohnedies besondere Sensibilität angebracht. 

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