Kommentar zur Corona-VerordnungDie Landesregierung geht eine gefährliche Wette ein

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NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bei der Pressekonferenz nach der Verlängerung des Corona-Lockdowns.

  • Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens hält sich in ihrer neuen Corona-Schutzverordnung nicht an wichtige Beschlüsse des Bund-Länder-Gipfels.
  • Stattdessen verstrickt sich NRW in juristische Spielereien – und geht eine gefährliche Wette ein. Ein Kommentar.

Das Coronavirus, es spaltet die Gesellschaft: In Menschen, die es für gefährlich halten, die sich und andere schützen wollen, mit Maske und Abstand, mit Zuhause bleiben. Und solche, die das nicht tun. So lautet eine oft erzählte Geschichte über diese Pandemie. Eine andere geht so: Mehr als zwei Drittel der Deutschen findet es gut, dass die Einschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus nicht gelockert werden.

Beide Geschichten sind nicht ganz falsch, aber die zweite ist wichtiger, wenn es um den politischen Umgang mit der Pandemie geht. Die Regierung dient in erster Linie einer breiten Mehrheit, die klare Regeln fordert.

Zu diesem Zweck haben sich Bund und Länder am 5. Januar auf einen verlängerten Lockdown mit Verschärfungen geeinigt. Eine Reaktion auf steigende Infektionszahlen, auf viele Hundert Todesfälle pro Tag und Resultat der Einsicht, dass ein halber Lockdown nicht funktioniert. Doch Nordrhein-Westfalen geht nun einen unklugen Sonderweg.

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Die Widersprüche des Armin Laschet

Noch kurz nach dem Corona-Gipfel versicherte Armin Laschet, er stehe „zu dem, was wir beschlossen haben. Und was wir beschlossen haben, wird durchgesetzt.“ Um wenige Tage später etwas völlig anderes zu tun. Die für Hotspots geplante Einschränkung des Bewegungsradius schrieb seine Regierung nicht in ihre Verordnung.

Sie wird erstmal den Kommunen überlassen. Viel schlimmer aber: Die Anzahl der Menschen, die sich in den eigenen vier Wänden treffen dürfen, wird nicht beschränkt, nur Feiern sind verboten. Obwohl die Beschränkung von Treffen auf einen Haushalt und eine weitere Person zentraler Bestandteil der gemeinsamen Beschlüsse war.

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Doch die Landesregierung hat im juristischen Klein-Klein Möglichkeiten zur politischen Abgrenzung gefunden. „Der Mindestabstand darf unterschritten werden beim Zusammentreffen von Personen eines Hausstandes mit höchstens einer Person aus einem anderen Hausstand“, das steht zwar im umständlichen zweiten Paragraphen der Corona-Schutzverordnung, aber der Satz ist in Absatz zwei zu finden.

Der wiederum bezieht sich auf Absatz eins, dieser Absatz eins beschränkt die Regeln auf „Zusammentreffen von Personen im öffentlichen Raum.“ Kurz also: Die Regel gilt nicht für private Treffen. Es bleibt beim nackten Appell. Die Regierung Laschet hält sich mal wieder zurück. Sie geht eine gefährliche Wette mit ihrem Lieblingsprinzip Eigenverantwortung ein. Wie schnell das schief gehen kann, zeigte zuletzt der Touristenansturm in der Eifel.

Private Treffen in der Corona-Pandemie: Respektvoller wäre ein Verbot

Denkbar ist, dass die Landesregierung nichts dagegen hat, wenn der Satz hier und da falsch interpretiert wird, wenn angenommen wird, die Regel gelte auch für den privaten Bereich. Diese Lesart ist für Nicht-Juristen naheliegend und sie führt zu weniger Treffen, zu weniger Infektionen, das hilft in der Bewältigung der Krise.

Doch sinnvoller und ehrlicher als nützliche Missverständnisse wäre ein klares Verbot ausufernder Privattreffen. Es wäre all jenen gegenüber respektvoll, die sich an geltende Regeln halten möchten, um in der Krise ihren Beitrag zu leisten.

Vertrauen ist im Kampf gegen das Virus eine knappe Ressource. Die juristische Spielerei wird etwas davon kosten, die widersprüchliche Kommunikation auch. Noch steht die Mehrheit hinter den notwendigen Maßnahmen. Damit das so bleibt, braucht es mehr Klarheit und Konsequenz in den Corona-Beschlüssen der Landesregierung.

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