Letzten drei AKWs abgeschaltetDie schwierige Suche nach einem Endlager für Atommüll

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Wasserdampf steigt aus dem Kühltum des Kernkraftwerks Isar 2 in Essenbach bei Landshut.

Wasserdampf steigt aus dem Kühltum des Kernkraftwerks Isar 2 in Essenbach bei Landshut.

Nach der Abschaltung der letzten Meiler bleibt eine Frage ungeklärt: Wohin mit dem hochradioaktiven Müll? So ist der Stand bei der Suche.

Als im September 2020 bekannt gegeben wurde, dass in Gorleben in Niedersachsen nicht zusätzlich zum Zwischenlager noch ein Atommüll-Endlager gebaut wird, war die Freude bei Atomkraftgegnern groß. Nach all den Jahren der Proteste gegen ein Endlager in der Region hatte sich die Bewegung durchgesetzt.

Atommeiler müssen zurückgebaut werden

In dieser Woche können die Aktivistinnen und Aktivisten nun sogar den zentralen Punkt von ihrer Liste streichen: Am Samstag werden die drei noch verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Dafür finden am Samstag sogar „Abschaltefeste“ statt. Doch Atomgegnern sowie Bund und Ländern ist klar, dass mit dem Aus der Atomkraftwerke der Ausstieg aus der Hochrisikotechnologie noch nicht vollendet ist. So müssen die Betreiber die Meiler zurückbauen, und die immer noch ungelöste Endlager-Frage muss geklärt werden.

Letzteres bleibt ein schwieriges Unterfangen mit offenem Ausgang. Zwar gibt es für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll bereits Endlager, für den hochradioaktiven Müll wird allerdings nach wie vor ein dauerhafter Standort gesucht.

CDU-Bundesvorstandsmitglied Wiebke Winter hält den Atomausstieg daher für dringend notwendig. „Die Endlagerfrage ist in Deutschland weiterhin ungeklärt. Diese Frage belastet meine und nächste Generationen noch lange“, sagt die 27-jährige CDU-Klimaexpertin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Auch wenn ich kritisch betrachte, dass derzeit Kohlestrom Atomstrom vorgezogen wird, halte ich langfristig den Ausstieg aus der Atomenergie der jetzigen Generation für absolut richtig.“

Steinsalz, Tongestein, Kristallingestein eignen sich

Für die Festlegung eines Standorts gibt es zahlreiche Bedingungen, die aus Sicherheitsgründen erfüllt werden müssen. Im Jahr 2013 trat dafür das Standortauswahlgesetz in Kraft, das das Suchverfahren ganz neu regelt. Darin heißt es etwa, dass für die Einlagerung nur bestimmte Gesteine wie Steinsalz, Tongestein und Kristallingestein in Betracht kämen.

Verantwortlich dafür, die geeignete Region zu finden, ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE). Bei der Suche gibt es mehrere Phasen, die einige Jahre dauern. Zunächst werden ungeeignete Gebiete ausgeschlossen. So bleiben nur Regionen in der Auswahl, wenn sie Mindestanforderungen erfüllen und geowissenschaftliche Abwägungen bestehen, wie die Bundesgesellschaft auf ihrer Website erläutert. Für die Gebiete in der engeren Auswahl werden darauffolgend erste Sicherheitsuntersuchungen durchgeführt.

Im nächsten Schritt lassen die Experten die noch zur Auswahl stehenden Regionen umfangreich übertägig und untertägig untersuchen. Am Ende des Verfahrens erhält das Umweltministerium einen Standortvorschlag. Die schlussendliche Entscheidung aber trifft der Gesetzgeber.

Schwierigkeiten könnten hinzukommen, wenn es ähnlich wie in Gorleben zu Protesten kommt. Wie sehr die Frage eines Endlagers weiterhin polarisiert, zeigte beispielsweise die Entscheidung der Schweiz im vergangenen Jahr, nahe der Grenze zu Baden-Württemberg ein Endlager bauen zu wollen. Das deutsche Umweltministerium versprach eine grundlegende Prüfung der Entscheidung, Landräte in Baden-Württemberg pochten auf eine umfassende Bürgerbeteiligung. Sogar Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schaltete sich ein und kündigte Gespräche mit den Nachbarn an. Die FDP warnte damals vor einer Überreaktion, da auch Deutschland künftig ein Endlager an der Grenze bauen könnte.

Standort-Festlegung soll 2031 erfolgen

Die Festlegung eines Standorts wird laut Gesetz für das Jahr 2031 angestrebt. Noch ist das Bundesamt in der ersten Phase des Verfahrens - bislang wurden nur erste Zwischenergebnisse mit in Frage kommenden Regionen veröffentlicht. Das Umweltministerium erklärte bereits, dass der Zeitplan nicht erreichbar sei: Das Verfahren könne „unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen an die Auswahl des Standortes mit der bestmöglichen Sicherheit nicht bis zum Jahr 2031 abgeschlossen werden“, hieß es vergangenes Jahr.

Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) prognostiziert die Dauer bis zur sicheren Endlagerung des bisher angefallenen hochradioaktiven Atommülls auf mehrere Jahrzehnte. „60 Jahre ist in Deutschland Strom aus der Kernenergie erzeugt worden“, sagt der Präsident Wolfram König dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Bis alle dabei angefallenen Abfälle dauerhaft sicher endgelagert sind, wird es mindestens noch einmal so lange dauern“, betont der Behördenchef.

Die Zeit ist knapp, die Einlagerung soll laut Gesetz schon 2050 beginnen. Findet sich nicht rechtzeitig ein Endlager, ist es möglich, dass der Betrieb der Zwischenlager verlängert werden muss. Daher fordert König auch die Betreiber auf, Anträge für eine verlängerte Lagerung einzureichen. „Die Genehmigungen für diese 16 Zwischenlager laufen nach und nach aus“, sagt er „Neben der konsequenten Fortsetzung der Endlagersuche müssen sich die Betreiber jetzt auf den Weg machen, die Anträge mit den Sicherheitsnachweisen für eine verlängerte Zwischenlagerung meiner Behörde zur Prüfung vorzulegen.“

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