Die Familienunternehmer haben zu einer Veranstaltung erstmalig AfD-Vertreter eingeladen. Wie reagieren andere Verbände und warum stellt die Deutsche Bank jetzt keine Räume mehr zur Verfügung?
AfD und deutsche WirtschaftFamilienunternehmer laden AfD ein – Appell der Grünen

Die Gespräche von Alice Weidel, Co-Fraktionsvorsitzende und Co-Parteichefin der AfD, mit Unternehmern finden nach Angaben ihres Sprechers bislang meist im vertraulichen Rahmen statt.
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Die neue Offenheit des Verbandes der Familienunternehmer gegenüber der AfD ist für andere Wirtschaftsverbände kein Anlass für einen Kurswechsel. Die Parteiführung rechnet jedoch damit, dass die Entscheidung mittelfristig dazu führen wird, dass mehr Unternehmer Kontakt zur AfD suchen werden. Die Grünen würden genau das gerne verhindern.
IW: AfD radikaler als ähnliche Parteien im Ausland
„Gegen die AfD sprechen eine Vielzahl von manifesten ökonomischen Gründen“, sagt der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, dem „Handelsblatt“. Dennoch gelte: „Dass Unternehmen auf kommunaler Ebene über Standortfragen auch mit Vertretern der AfD, wenn sie dort in Verantwortung sind, sprechen, ist wohl unvermeidbar.“ Im Ausland werde oft nicht verstanden, dass die AfD - im Gegensatz zu den meisten anderen ähnlichen Parteien in Europa - „sich immer weiter radikalisiert hat“.
Weidel erwartet „weitere Lockerung“
Die AfD-Parteivorsitzende, Alice Weidel, ist laut ihres Sprechers, Daniel Tapp, seit dem Einzug der AfD in den Bundestag 2017 „im regelmäßigen Austausch mit mittelständischen Unternehmen“ sowie mit Vertretern von Industrie- und Handelskammern. „Aufgrund der Angst vor Ausgrenzung und Brandmarkung, finden die Gespräche meist im vertraulichen Rahmen statt“, fügt er hinzu. Die Entscheidung des Verbandes der Familienunternehmer begrüße Weidel. „Wir rechnen damit, dass diese Entscheidung ein Auslöser für eine weitere Lockerung des Verhältnisses unterschiedlicher Unternehmen zur AfD sein wird.“

Die AfD begrüßt die Entscheidung des Verbandes Die Familienunternehmer. (Archivbild)
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Handwerkschef: Populismus schadet der Wirtschaft
Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich, betont im Gespräch mit dem Sender „Welt TV“: „Das ist nicht die Aufgabe von Wirtschaftsvertretung, über politische Brandmauern zu entscheiden.“ Der Handwerksverband müsse schauen: „Wer steht für die Wirtschaft, was wird dafür getan?“ Gleichzeitig gelte: „Und wir haben zu brandmarken, wenn Populismus der Wirtschaft schadet.“
Digitalverband bleibt auf Abstand zur AfD
Das sieht der Verband der Digitalwirtschaft, Bitkom, anders. Die AfD sei „digitalpolitisch rückwärtsgewandt, gesellschaftlich auf Spaltung und Abgrenzung ausgerichtet und stellt den demokratischen Rechtsstaat in Frage“, hieß es seitens des Verbandes. Man biete Politikerinnen und Politikern der AfD auf den Veranstaltungen und Digitalkonferenzen keine Plattform - „eine Änderung dieser grundsätzlichen Linie ist nicht geplant“.

Ralf Wintergerst, ist Präsident des Branchenverbandes der Digitalwirtschaft, Bitkom. (Archivbild)
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Der Verband Die Familienunternehmer hatte zu einem Parlamentarischen Abend in einer Niederlassung der Deutschen Bank in Berlin im Oktober erstmals auch Vertreter der AfD eingeladen. Die Präsidentin des Verbandes, Marie-Christine Ostermann, sagte dem „Handelsblatt“, das „Kontaktverbot“ zu AfD-Bundestagsabgeordneten sei mit dem jüngsten Parlamentarischen Abend aufgehoben worden. Bereits im Frühjahr sei im Verband beschlossen worden, „dass wir mit einzelnen AfD-Fachpolitikern ins Gespräch kommen“, sagte sie. Die Partei müsse inhaltlich gestellt werden. In einer Mitteilung des Verbandes hieß es: „Wir Familienunternehmer wollen keine Regierung mit AfD-Beteiligung.“
Grünen-Abgeordnete: „Vorfeldorganisation des Kreml“
In einer gemeinsamen Erklärung üben die Grünen-Politiker Konstantin von Notz und Andreas Audretsch Kritik an der Kontaktaufnahme des Verbandes zur AfD: „Wir können uns schlicht nicht vorstellen, dass die Mitglieder im Verband der Familienunternehmen sich von diesem Agieren repräsentiert fühlen.“ Jedes Mitgliedsunternehmen, das eine Kooperation mit der Partei ablehne, sollte Ostermann nun „deutlich in die Schranken weisen“. Die beiden Bundestagsabgeordneten betonen, gefährlich sei eine Zusammenarbeit auch aus folgendem Grund: „Die AfD betätigt sich immer wieder als Vorfeldorganisation des Kreml und anderer autoritärer Staaten.“
Der Ökonom Marcel Fratzscher warnte davor, die AfD wie eine normale Partei zu behandeln. Dies „könnte erheblichen Schaden für die deutsche Wirtschaft im Ausland wie im Inland anrichten“, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung dem „Handelsblatt“. Verbände und Unternehmen dürften „politisch wie gesellschaftlich klare Positionen beziehen und diese öffentlich und sichtbar kommunizieren“.
Deutsche Bank zieht die Reißleine
Eine praktische Folge der neuen Gesprächsbereitschaft des Familienunternehmer-Verbandes gegenüber der AfD ist, dass er sich für seinen nächsten Parlamentarischen Abend einen anderen Veranstaltungsort suchen muss. Denn die Deutsche Bank verweigert dem Verband eine weitere Nutzung. Man sei „übereingekommen, die Räumlichkeiten künftig dem Verband nicht mehr zur Verfügung zu stellen“, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus informierten Kreisen. Zuvor hatten das „Handelsblatt“ und andere Medien berichtet.
„Keine Kenntnis von der Gästeliste“
Ein Sprecher des größten deutschen Geldhauses in Frankfurt bestätigt, dass das Institut die Berliner Räumlichkeiten für diese Veranstaltung zur Verfügung gestellt habe. Die Bank habe „aber keine Kenntnis von der Gästeliste und auch keinen Einfluss darauf“ gehabt. Im Atrium der Deutschen-Bank-Filiale Unter den Linden finden immer wieder interne und externe Veranstaltungen statt. (dpa)
