Abgang Christian Lindner, Auftritt Christian Dürr: Knapp drei Monate nach der verlorenen Bundestagswahl vollzieht die FDP den Führungswechsel. Der neue Parteichef hat keine leichte Aufgabe vor sich.
Neuaufstellung der FDPFDP wählt nach Wahldebakel neue Parteiführung

Christian Lindner gibt beim Parteitag FDP-Führung ab.
Copyright: Bernd von Jutrczenka/dpa
Nach ihrem Debakel bei der Bundestagswahl stellt sich die FDP bei einem Parteitag in Berlin personell neu auf. Der bisherige Vorsitzende Christian Lindner gibt das Amt an diesem Freitag nach gut 13 Jahren ab. Sein Nachfolger will der frühere Fraktionsvorsitzende Christian Dürr werden. Als neue Generalsekretärin schlägt der 48-jährige Niedersachse die Unternehmerin Nicole Büttner vor. Sie ist seit 20 Jahren Mitglied der FDP und stand bisher nicht im bundespolitischen Rampenlicht.
FDP erlebte Debakel bei der Bundestagswahl
Die FDP hatte bei der Bundestagswahl am 23. Februar nur 4,3 Prozent der Zweitstimmen geholt und ist seitdem nicht mehr im Bundestag vertreten. Dies war auch schon von 2013 bis 2017 der Fall. 2017 hatte Lindner die Partei erst zurück in den Bundestag und dann 2021 in die Bundesregierung geführt. Zum Zerbrechen der Ampel-Koalition mit SPD und Grünen trug die FDP maßgeblich bei.
Kubicki will Vizevorsitzender bleiben
Für die drei Posten der stellvertretenden Parteivorsitzenden gibt es drei Bewerbungen. Es wird also nicht zu einer Kampfabstimmung kommen. Der bisherige Vize Wolfgang Kubicki stellt sich den rund 600 Delegierten zur Wiederwahl. Für die beiden anderen Vizeposten kandidieren der nordrhein-westfälische FDP-Chef Henning Höne und die Europaabgeordnete Svenja Hahn. Er stehe für die Kontinuität, die sich Dürr gewünscht habe, sagte Kubicki der Deutschen Presse-Agentur. Zudem fehle es an FDP-Politikern, die wahrgenommen würden.
Neuer Parteichef steht vor schwerer Aufgabe
Wichtigste Aufgabe des neuen Vorsitzenden wird es sein, die Liberalen in vier Jahren wieder zurück in den Bundestag zu bringen. Dies dürfte allerdings nicht einfach werden. Eine nicht im Parlament vertretene Partei bekommt automatisch weniger mediale Aufmerksamkeit. Dies gilt allerdings noch nicht für den nun anstehenden Parteitag. Dazu haben sich nach FDP-Angaben gut 150 Journalisten angemeldet – mehr als beim Parteitag vor der Bundestagswahl.
Ein weiteres Problem: Die FDP hat nicht nur die Bundestagswahl verloren, sondern davor schon zig Landtagswahlen. Vor allem in Ostdeutschland existiert sie kaum noch. Bei den Landtagswahlen im vergangenen Jahr holten die Liberalen in Brandenburg gerade einmal noch 0,8 Prozent der Stimmen, in Sachsen waren es 0,9 Prozent und in Thüringen 1,1 Prozent. Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg in diesem Jahr sah es mit 2,3 Prozent nur unwesentlich besser aus.

Der früherer Fraktionschef Dürr will Lindner an der Spitze der FDP beerben.
Copyright: Michael Kappeler/dpa
Derzeit ist die FDP noch in acht Landesparlamenten vertreten – und zwar in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Hessen, Schleswig-Holstein, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern.
Erste Bewährungsprobe bei Landtagswahlen 2026
Ein wichtiger Stimmungstest wird für die FDP und ihre neue Spitze im März kommenden Jahres die Landtagswahl in Baden-Württemberg sein. Baden-Württemberg gilt als Stammland der Liberalen – ein Misserfolg dort wäre ein empfindlicher Rückschlag für die angestrebte Rückkehr in den Bundestag.
Auch ein Erfolg nur zwei Wochen später bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz wäre wichtig. Schließlich sitzt die FDP dort noch in der Landesregierung, was sonst nur noch in Sachsen-Anhalt der Fall ist. Dort wird dann im September kommenden Jahres gewählt.
Strack-Zimmermann fordert von FDP Kompromissfähigkeit
Die FDP-Europapolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann geht fest davon aus, dass ihre Partei in vier Jahren wieder in den Bundestag einziehen wird. „Da bin ich sehr optimistisch“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur vor dem Parteitag. Viele Wähler fühlten sich an keine Partei mehr statisch gebunden. „Relevant ist: Wir müssen kompromissfähig sein und sollten uns nicht an zwei, drei Themen festbeißen, bei denen wir uns keinen Millimeter bewegen, uns gleichzeitig aber darüber ärgern, wenn die anderen sich auch nicht bewegen.“
Neuer Vorsitzender übernimmt Partei mit soliden Finanzen
Ein kleiner Lichtblick: Finanziell muss sich der neue Parteichef keine Sorgen machen – zumindest vorerst nicht. Die Finanzen sind nach Parteiangaben solide. Ihren Bundestagswahlkampf haben die Liberalen weitgehend aus Spendeneinnahmen bestritten. So erhielten sie vom Zerbrechen der Ampel bis zur Wahl gut fünf Millionen Euro an Großspenden, wie aus der Veröffentlichung durch den Bundestag hervorgeht.
Nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag 2013 war die FDP noch ein finanzieller Sanierungsfall. Allerdings: Da die staatliche Parteienfinanzierung von den Wahlergebnissen abhängt, drohen der FDP in den kommenden Jahren unangenehme Einnahmeverluste. (dpa)