Nach Ausschreitungen im KosovoDjokovic irritiert mit politischer Botschaft bei French Open

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Richtete eine Botschaft in seine Heimat:  Novak Djokovic.

Richtete eine Botschaft in seine Heimat: Novak Djokovic.

Der Serbe Novak Djokovic hat sich in Paris zu den Unruhen in der Heimat seines Vaters geäußert. Drohen Konsequenzen?

Der serbische Tennisstar Novak Djokovic steht in Paris bei den French Open in der zweiten Runde. Aufsehen erregte der 22-malige Grand-Slam-Turniersieger allerdings nicht mit seinem klaren Drei-Satz-Erfolg gegen den Amerikaner Aleksandar Kovacevic, sondern mit einer Aktion im Anschluss an das Match. 

Nach dem Spiel nahm der „Djoker“ Bezug auf den Gewaltexzess im Kosovo und schrieb eine politische Botschaft auf die Linse einer TV-Kamera: „Kosovo ist das Herz Serbiens. Stop der Gewalt!“

Novak Djokovic äußert sich zu politischen Unruhen in der Heimat seines Vaters

Die Aktion sorgt am Dienstag (30. Mai) für große Aufmerksamkeit. Meist unterschreiben die Spieler auf den großen Plätzen nach Siegen mit ihrer Signatur, nutzen dies aber auch für Botschaften – die in der Regel allerdings nicht politisch sind.

Gemäß grundsätzlicher Ethikregeln des französischen Tennisverbands ist unter anderem die öffentliche Äußerung von politischen und religiösen Meinungen untersagt. Ob dies auch bei den French Open gilt, war zunächst unklar. Die Organisatoren waren für eine Stellungnahme zu der Aktion von Djokovic angefragt.

French Open: Novak Djokovic äußert sich zu den Unruhen im Geburtsort seines Vaters

Brisanz birgt die Botschaft aber längst nicht nur, weil sie womöglich eine finanzielle Strafe oder sogar sportliche Folgen für den 36-Jährigen haben könnte. Hintergrund der Aktion des in Belgrad geborenen Serben sind die jüngsten Unruhen im serbisch dominierten Norden des Kosovos. Dort hatten militante Serben gegen die Einsetzung neuer Bürgermeister in Zvecan – dem Geburtsort von Djokovics Vater Srdan – und weiteren Gemeinden protestiert. Dabei wurden 30 Soldaten der von der Nato geführten Kosovo-Schutztruppe KFOR verletzt.

Außerdem wurden laut einem Krankenhaus in Mitrovica 53 Serben verletzt. Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Serbien erkennt die Eigenstaatlichkeit seiner einstigen Provinz nicht an und verlangt die Rückgabe.

Djokovic fühlt sich zur Reaktion „verpflichtet“

„Als Serbe tut es mir weh, was im Kosovo passiert, unsere Leute wurden aus dem Gemeindeamt vertrieben“, sagte Djokovic am Montag serbischen Medien zufolge im serbischen Teil seiner Pressekonferenz zu der Botschaft. „Als Persönlichkeit des öffentlichen Lebens“ fühle er sich „verpflichtet, Unterstützung für unser Volk und ganz Serbien zu zeigen“.

Djokovic sorgte in der Vergangenheit immer wieder für Kontroversen. Der Eklat um seinen Covid-19-Impfstatus inklusiver mehrerer Falschaussagen und der Ausweisung aus Australien vor den Australian Open brachten ihm negative Schlagzeilen ein. Auch Djokovics Nähe zu serbischen Nationalisten werfen ihm Kritiker schon seit Jahren vor. Für Entsetzen sorgte zudem eine Aktion von Srdan Djokovic, der sich nach dem Halbfinaleinzug seines Sohnes in Melbourne mit Personen filmen ließ, die eine russische Flagge und prorussische Symbole zur Schau stellten.

Die Angriffe auf die KFOR-Truppen wurden indes sowohl von der Nato, als auch aus Rom und Berlin verurteilt. „Mehrere Soldaten des italienischen und ungarischen KFOR-Kontingents wurden grundlos angegriffen und erlitten durch die Explosion von Brandbomben Verletzungen mit Knochenbrüchen und Verbrennungen“, teilte die KFOR am Montagabend mit. Sie verurteilte die Angriffe auf ihre Truppen als „völlig inakzeptabel“.

Lage im Kosovo bleibt angespannt

Die Lage im mehrheitlich ethnisch-serbischen Norden Kosovos blieb auch am Dienstag weiter angespannt. Nach Angriffen auf Soldaten der internationalen KFOR-Schutztruppe im Kosovo mit dutzenden Verletzten haben sich am Dienstag erneut serbische Demonstranten vor der Stadtverwaltung in Zvecan versammelt.

Bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten sorgt die Nato-geführte KFOR-Mission im Kosovo für Sicherheit. Sie überwachte nach dem Ende des Kosovo-Kriegs 1999 zunächst den Abzug jugoslawischer und serbischer Sicherheitskräfte. Im Nord-Kosovo kam es in den darauffolgenden Jahren immer wieder zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen den Nato-Soldaten und serbischen Demonstranten. Die Bundeswehr war von Anfang an dem Einsatz beteiligt.

Heute umfasst KFOR laut Nato noch rund 3800 Einsatzkräfte aus 27 Ländern. Das größte Kontingent stellt derzeit Italien mit über 700 Soldatinnen und Soldaten. Es folgen die USA (560), Ungarn (470) und die Türkei (350). Für die Bundeswehr ist die KFOR-Mission der älteste Auslandseinsatz. (mit dpa/afp)

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