Flugblatt-AffäreAiwanger entschuldigt sich – und spricht von „Kampagne“

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Bayerns Vize-Regierungschef hat kurzfristig eine Pressekonferenz abgehalten. Von einem Rücktritt war nicht die Rede.

Hubert Aiwanger hat am Donnerstagnachmittag (31. August) Stellung zur Affäre um das hetzerische Flugblatt genommen, das wohl aus seiner Schulzeit stammt. Fazit: Aiwanger tritt nicht zurück, sondern spricht von einer „politischen Kampagne“, die offenbar gegen ihn laufe. Nach dem kurzen Statement zog sich der bayerische Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Chef zurück, ohne auf Fragen der Journalisten zu antworten.

Zum Flugblatt selber sagt Aiwanger erneut, er sei nicht der Verfasser. Er nennt das Schriftstück „abscheulich“ und „ekelhaft“. Er sei nie ein Antisemit gewesen, an einen Hitlergruß könne er sich nicht erinnern, wiederholte er frühere Aussagen. Er habe auch keine Hitler-Reden vor dem Spiegel einstudiert. „Menschenfeindliche Witze“ könne er weder bestätigen noch vollständig dementieren. 

Hubert Aiwanger distanziert sich und entschuldigt sich für Fehler seiner Jugend

„Ich habe als Jugendlicher auch Fehler gemacht“, räumt er ein. „Ich bereue zutiefst, wenn ich durch mein Verhalten Gefühle verletzt habe“, so Aiwanger weiter. Seine Entschuldigung gelte allen Opfern des NS-Regimes und ihren Hinterbliebenen sowie der „wertvollen Erinnerungsarbeit“. Er entschuldige sich in aller Form. 

Der 52-Jährige wehrt sich aber auch gegen die Vorwürfe: „Ich habe den Eindruck, ich soll politisch und persönlich fertig gemacht werden“, sagt er. Die Verfehlungen seiner Jugend würden jetzt gegen ihn und seine Partei „instrumentalisiert“.

Hubert Aiwanger unter starkem Druck

Aiwanger war in den vergangenen Tagen immer weiter unter Druck geraten, da er sich nicht inhaltlich zu den Vorwürfen äußerte und in einer Art Salamitaktik überhaupt nur reagierte, wenn es nicht mehr anders ging. Die Urheberschaft stritt er ab, sein Bruder Helmut bekannte sich stattdessen zum Flugblatt. 

Zuletzt hatte sich Aiwanger am Mittwoch vor TV-Kameras geäußert – mit seinem Statement aber mehr Irritationen und Entsetzen ausgelöst als für Aufklärung gesorgt. Markus Lanz sprach im ZDF von einem „politisch tödlichen Satz“, den der bayerische Minister zum Thema Antisemitismus geäußert habe.

Aiwanger hatte gesagt, dass er „seit dem Erwachsenenalter, die letzten Jahrzehnte: Kein Antisemit, kein Extremist – sondern ein Menschenfreund“ gewesen sei. In seiner Jugendzeit könne „das ein oder andere so oder so interpretiert werden“, so Aiwanger. 

Am Mittwoch hatten dann sowohl CDU-Chef Friedrich Merz als auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt weitere Aufklärung gefordert.  Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte zuvor nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses einen Katalog mit 25 Fragen am Aiwanger gerichtet, die dieser beantworten solle. Dass dies geschehe, sicherte Aiwanger in seinem kurzen Statement am Donnerstagnachmittag zu. 

Auf Antrag von SPD, Grünen und FDP wird zudem eine Sondersitzung zu der Flugblatt-Affäre im bayerischen Landtag für 7. September einberufen. (cme)

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