Mangels schneller Erfolge hat Donald Trump das Interesse an einem Ukraine-Frieden verloren. Seine Drohungen gegen Kremlchef Wladimir Putin lässt er verpuffen. Die Europäer können nicht mit amerikanischer Unterstützung bei ihren Sanktionen gegen Russland rechnen.
Keine Sanktionen gegen RusslandDonald Trump, der Präsident auf der Zuschauerbank

Der US-Präsident Donald Trump.
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Donald Trump blies die Backen mächtig auf. Bereits „am ersten Tag“ seiner Präsidentschaft werde er den Krieg in der Ukraine beenden, versprach der 78-Jährige im Wahlkampf: „Mit mir wäre es nie so weit gekommen.“ Ein paar Monate später, nach einem zweistündigen Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin, klang das am Montag deutlich kleinlauter: Russland und die Ukraine müssten sich untereinander auf einen Waffenstillstand einigen, erklärte Trump. Der Vatikan könne dafür Gastgeber sein: „Lasst den Prozess beginnen!“, forderte der mächtigste Mann der Welt gleichsam von der Zuschauerbank.
Tatsächlich war es dem amerikanischen Präsidenten nicht gelungen, Putin irgendein Zugeständnis für eine einmonatige Feuerpause abzuhandeln. Trotzdem will Trump sich nicht an dem neuen Sanktionspaket unter anderem gegen die russische Schattenflotte beteiligen, das die EU-Staaten am Dienstag in Kraft setzten. „Wladimir Putin lässt Präsident Trump nach seiner Pfeife tanzen“, empört sich die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen: „Je mehr Zeit er ohne zusätzlichen Druck auf Russland bekommt, desto größer ist sein Anreiz, weitere Gebiete zu erobern.“
Trump verweigert weitere Sanktionen gegen Putin und Russland
Das dürfte auch Trump wissen. Immerhin hatte er Putin noch am 8. Mai in einem Post mit „weiteren Sanktionen“ gedroht. Die verweigert er nun. In Washington herrscht daher der Eindruck, dass der transaktionale Präsident das Interesse an dem schwierigen Thema verloren hat. „Trumps neue Position zum Krieg in der Ukraine lautet: Das ist nicht mein Problem“, überschrieb die „New York Times“ am Mittwoch plakativ eine kenntnisreiche Analyse. Nach Informationen des Blatts hat der Präsident den europäischen Regierungschefs bei einem Telefonat unmissverständlich klargemacht, dass die USA den ökonomischen Druck auf Moskau nicht verstärken werden.
Putin hat nach Einschätzung amerikanischer Beobachter am Montag das bekommen, was er wollte: ein Ende des amerikanischen Drucks und einen Riss zwischen den Nato-Partnern, die entgegen wortreichen Beteuerungen aus Europa nicht mehr an einem Strang ziehen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hingegen, schreibt das „Wall Street Journal“ sei der Verlierer von Trumps Interventionen. Nach der Demütigung durch den US-Präsidenten habe er in praktisch sämtliche Forderungen Trumps - vom bedingungslosen Waffenstillstand über den Rohstoff-Deal bis zum Flug in die Türkei - eingewilligt: „Es hat ihm nichts gebracht.“
Trump hat Russlands Rohstoffe im Visier
Trumps Interesse an einem möglichen Frieden in der Ukraine war von Anfang an überwiegend finanziell motiviert. Immer wieder betonte der Präsident, er wolle sich von dem Land die angeblich 350 Milliarden Dollar (tatsächlich war es weniger als die Hälfte) zurückholen, die Washington zu seiner Unterstützung aufgewandt habe. Außerdem schwärmt er von den Chancen einer Normalisierung der amerikanischen Beziehungen zum Rohstoffriesen Russland. „Es gibt gewaltige Gelegenheiten (...) Das Potential ist unbegrenzt“, schrieb er am Montag auf seiner Plattform „Truth Social“.
Vor diesem Hintergrund wirkt die Gewissheit, mit der der deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) am Dienstag im „Heute-Journal“ ein Sanktionspaket des US-Kongresses gegen Russland ankündigte, zumindest optimistisch. Zwar arbeitet der Senat gerade tatsächlich an einem Gesetz, das sich vor allem gegen China richtet und Zölle von bis zu 500 Prozent für Staaten vorsieht, die russisches Gas oder Öl kaufen. Aber es ist völlig unklar, ob Trump einen solchen Vorstoß unterstützen würde. Nicht nur nach Einschätzung der „New York Times“ will der Präsident vor allem amerikanischen Unternehmen helfen, vom Energiesektor und den Rohstoffen Russlands zu profitieren. An Sanktionen gegen Moskau habe er daher keinerlei Interesse.
„Trumps Drohung, Russland mit Sanktionen zu belegen, wenn es nicht in einen Waffenstillstand einwilligt, waren nichts als heiße Luft“, resümiert der demokratische Senator Adam Schiff: „Jetzt will er sich ganz zurückziehen.“ Darauf deutet auch eine Bemerkung des Präsidenten vom Dienstag hin. Ob er sich keine Sorgen wegen der Verstärkung der russischen Militärbasen an der Grenze zum Nato-Land Finnland mache, wurde er von einem Reporter im Oval Office gefragt. „Nein“, antwortete Trump: „Das besorgt mich überhaupt nicht.“