Höchste Richterin in NRWVorgänger hält Kölner Professorin Dauner-Lieb für ungeeignet

Barbara Dauner-Lieb, die neue Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs für Nordrhein-Westfalen
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Köln – Die Wahl der Kölner Juraprofessorin Barbara Dauner-Lieb zur neuen Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs für Nordrhein-Westfalen wird von ihrem Vorvorgänger Michael Bertrams heftig kritisiert. Die 66 Jahre alte Juristin, die ihr Amt an diesem Dienstag antrat, verfüge als Spezialistin für Zivilrecht „weder über berufsrichterliche Erfahrung noch über eine besondere berufliche Nähe zum öffentlichen Recht und zum Verfassungsrecht“, sagte Bertrams dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
In Dauner-Liebs Alter trete man „in der Justiz üblicherweise in den Ruhestand und erhält nicht erstmals für viele Jahre ein herausgehobenes Präsidentenamt“. Außerdem werde sie als Hochschullehrerin in Köln am Standort des Gerichts in Münster nicht so präsent sein, wie die Arbeit als Präsidentin das erfordere. Einen Umzug habe Dauner-Lieb ausgeschlossen, betonte Bertrams. „Die Vorstellung, man könne den Verfassungsgerichtshof gleichsam mit links von Köln aus leiten, geht an der Realität vorbei.“ Die Wahl stoße daher „bei mir und vielen anderen Juristen auf erhebliche Bedenken“, sagte Bertrams. Er war von 1994 bis 2013 Präsident des Verfassungsgerichtshofs und zugleich des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster. Die Personalunion beider Ämter war 2017 entflochten worden.
Scharfer Angriff auf die SPD
Scharf attackierte Bertrams die Opposition im Düsseldorfer Landtag, vor allem die SPD. Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, dass sie dem ursprünglichen Favoriten der Landesregierung, dem Düsseldorfer Verwaltungsgerichtspräsidenten Andreas Heusch, die erforderliche Zustimmung verweigert habe. „Die hohe Qualifikation von Herrn Heusch war bis vor einem Jahr auch im Landtag völlig unstrittig“, unterstrich Bertrams. Heusch hat sich als exzellenter Kenner des Verwaltungs- und Verfassungsrechts einen Namen gemacht. 2020 wurde er mit Zwei-Drittel-Mehrheit zum Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofs gewählt.
Gegner werfen ihm „konservative“ Positionen vor. So ließ Heusch ein Kreuz im Düsseldorfer Gerichtsgebäude aufhängen. Dem früheren SPD-Oberbürgermeister von Düsseldorf, Thomas Geisel, brachte Heusch im Rechtsstreit um die „Licht aus!“-Aktion gegen den Düsseldorfer Pegida-Ableger eine Niederlage bei. Diese Entscheidung wurde allerdings höchstinstanzlich bestätigt.
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Heusch hat sich überdies – wie viele andere Juristen auch – kritisch zur Asyl- und Migrationspolitik sowie zur Abschiebepraxis geäußert. „Nichts von alledem ist ein hinreichender Grund, sich gegen seine Berufung an die Spitze des Verfassungsgerichtshofs zu sperren“, sagte Bertrams.
Kuhhandel vermutet
Als Hintergrund der Entscheidung für Dauner-Lieb drängt sich laut Bertrams‘ Darstellung eine Art Kuhhandel auf: Heusch hatte sich auch für den Posten des OVG-Präsidenten in Münster beworben. „Dies vor Augen, hatte man offenbar die Vorstellung: Heusch könne sich als Vertreter von Frau Dauner-Lieb dann auch um den Verfassungsgerichtshof kümmern. Er kann dort mit anderen Worten die Arbeit machen, während Frau Dauner-Lieb in Köln das schmückende Präsidentenamt erhält.“ Diese Überlegung habe Heusch aber „durchschaut“ und seine Bewerbung für das OVG zurückgezogen. Dieser Verzicht Heuschs auf ein „ihm sicheres hohes Amt“ ist nach Bertrams‘ Worten „ein in der NRW-Justiz einmaliger Vorgang“.
Bertrams räumte ein, dass ein politisches Ringen um höchste Posten im Staat und auch in der Justiz am Ende doch zu guten Ergebnissen führen könne. Der Maßstab für die Besetzung des höchsten Richteramts im Land „sollte jedoch nicht auf dem Prinzip Hoffnung beruhen“, fügte Bertrams hinzu.