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Kommentar

Eigenanteile
Eine bezahlbare Pflege gibt es nur mit mehr privater Vorsorge

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2 min
ARCHIV - 03.04.2025, Sachsen, Dresden: Ein Bewohner sitzt in einem Altenheim in seinem Zimmer in einem Rollstuhl. Auf dem gemachten Bett liegt ein Stofftier. (zu dpa: «Pflege im Heim noch teurer - Druck für Entlastung») Foto: Sebastian Kahnert/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Ein Bewohner sitzt in einem Altenheim in seinem Zimmer in einem Rollstuhl. Auf dem gemachten Bett liegt ein Stofftier. (Symbolbild)

Das Pflegeheim kostet über 3000 Euro im Monat, Angehörige sind am Limit, Fachkräfte fehlen – die Pflegeversicherung steht vor dem Kollaps.

Wenn es noch eines neuen Beweises bedurft hätte, dass die Pflegeversicherung dringend reformbedürftig ist, wurde er nun geliefert: Die Eigenanteile im Pflegeheim sind erneut gestiegen und liegen nunmehr im ersten Jahr des Aufenthalts bundesweit im Schnitt über 3000 Euro pro Monat. Das ist ein Betrag, den viele Menschen nicht mehr aus der eigenen Rente bezahlen können, womit sie auf Sozialhilfe angewiesen sind. Dann bekommen sie für persönliche Ausgaben wie ein Stück Torte in der Cafeteria oder einen Frisörbesuch nur noch ein Taschengeld von 152 Euro und einem Cent. Das ist eines Sozialstaates unwürdig.

Man könnte einwenden, die Steigerung der Eigenanteile betreffe nur einen kleinen Teil der Pflegebedürftigen. Schließlich wird die übergroße Mehrheit von 84 Prozent zu Hause gepflegt. Doch auch hier schlägt sich die Teuerung nieder – sie ist nur nicht so leicht zu erkennen. Die Leistungen der Pflegeversicherung verlieren an Wert, was nur durch die Mehrarbeit der pflegenden Angehörigen ausgeglichen werden kann. Dabei sind viele von ihnen schon heute an der Belastungsgrenze.

Durch Fachkräftemangel gibt es in Regionen keinen Heimplatz mehr

Für immer mehr Menschen kann eine menschenwürdige Pflege nicht mehr gewährleistet werden. Selbst das Minimalziel „Satt, sauber, trocken“ wird oft nicht mehr erreicht. Denn der Fachkräftemangel sorgt dafür, dass Betroffene in vielen Regionen gar keinen Heimplatz oder einen ambulanten Pflegedienst mehr finden. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat recht, wenn sie sagt, nötig sei eine „mutige“ Reform, kein Reförmchen.

16.07.2025, Niedersachsen, Braunschweig: Nina Warken (CDU), Bundesgesundheitsministerin, bei einem Besuch im Städtischen Klinikum Braunschweig. Thema des Besuches ist vor allem die Krankenhausreform des Bundes. Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Nina Warken (CDU), Bundesgesundheitsministerin, bei einem Krankenhausbesuch in Braunschweig anlässlich der Krankenhausreform des Bundes.

Dabei muss sich die Politik allerdings von einer Lebenslüge verabschieden. In der Pflegeversicherung lässt sich kaum Geld sparen. Im Gegenteil: Die Leistungen müssen erhöht und flexibilisiert werden. Statt kleinteiliger Regelungen sollte es künftig Budgets geben, die jeweils nach den persönlichen Bedürfnissen frei verwendet werden können. Pflegende Angehörige dürfen nicht weiter mit Almosen abgespeist werden, sondern müssen einen ordentlichen Lohnersatz ähnlich dem Elterngeld erhalten. Denn klar ist: Die Familie als größter Pflegedienst darf nicht wegbrechen. Eine Pflege allein mit Fachkräften ist nicht bezahlbar, wegen des Personalmangels aber ohnehin unmöglich.

Mehr Steuergeld ist angesichts der Haushaltslage illusorisch

Weil mehr Steuergeld angesichts der Haushaltslage illusorisch ist, wird kein Weg daran vorbeiführen, mehr private Vorsorge zu verlangen. Dafür dürfte es in der Bevölkerung durchaus Bereitschaft geben, denn das Prinzip einer „Teilkaskoversicherung“ ist allgemein akzeptiert. Nötig ist allerdings, den Eigenanteil zu begrenzen, damit er kalkulierbar wird. Für die Privatvorsorge könnte ein kapitalgedeckter, staatlich gemanagter Vorsorgefonds eingerichtet werden, in den die Versicherten einzahlen, unterstützt durch eine steuerliche Förderung.

Das wäre eine mutige Reform. Es bleibt zu hoffen, dass die schwarz-rote Koalition tatsächlich die Kraft dazu hat.