„Gangstergruß“ von Kreml-SchergenLitauen warnt nach Attacke auf Nawalny-Vertrauten: „Ich kann Putin nur eines sagen …“

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Leonid Wolkow zusammen mit Bundesfinanzminister Christian Lindner 2021 in Potsdam bei der Verleihung der „M100 Media Awards“. Der Vertraute des gestorbenen Kremlkritikers Alexej Nawalny wurde in Litauen mit einem Hammer attackiert.

Leonid Wolkow zusammen mit Bundesfinanzminister Christian Lindner 2021 in Potsdam bei der Verleihung der „M100 Media Awards“. Der Vertraute des gestorbenen Kremlkritikers Alexej Nawalny wurde in Litauen mit einem Hammer attackiert.

Leonid Wolkow, ein Vertrauter von Alexej Nawalny, wurde brutal mit einem Hammer attackiert. Litauen sieht Putin hinter dem Angriff.

Der russische Oppositionelle Leonid Wolkow ist im litauischen Exil angegriffen und verletzt worden. Der enge Vertraute des vor knapp einem Monat in einem Straflager gestorbenen Kreml-Gegners Alexej Nawalny musste nach dem Überfall medizinisch behandelt werden. Der Angriff sei ein „typischer Gangstergruß“ der Handlanger des russischen Präsidenten Wladimir Putin gewesen, sagte Wolkow am Mittwoch nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus. „Sie wollten mich buchstäblich zum Schnitzel klopfen mit einem Hammer.“

Die Hintergründe der Tat sind bislang unklar, Litauens Geheimdienst vermutet jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit Russland hinter der Attacke. Laut „Radio Liberty“ läuft derzeit eine Polizeifahndung nach einem Verdächtigen.  

Nawalny-Vertrauter in Litauen angegriffen: Steckt Wladimir Putin dahinter?

Wolkow war nach Angaben der litauischen Polizei am Dienstag gegen 22.00 Uhr in der Nähe seines Hauses in Vilnius angegriffen und geschlagen worden, als er in einem Auto im Hof seines Hauses ankam. Während die Polizei die Beteiligung mehrerer Personen nicht ausschloss, sprach der Oppositionelle von einem Angreifer. „Der Mann hat mich im Hof angegriffen und etwa 15 Mal auf das Bein geschlagen. Das Bein ist in Ordnung. Es tut weh beim Laufen“, sagte der 43-Jährige in einem auf Telegram veröffentlichten Video. „Aber mein Arm ist gebrochen.“

Nach Angaben von Nawalnys früherer Sprecherin Kira Jarmisch soll der Täter zunächst eine Autoscheibe eingeschlagen und Wolkow Tränengas in die Augen gesprüht haben. Danach habe der Angreifer begonnen, mit einem Hammer auf den Kreml-Kritiker einzuschlagen. Iwan Schdanow, der Direktor des von Nawalny gegründeten Anti-Korruptions-Fonds, veröffentlichte auf seinem Telegram-Kanal Fotos, auf denen Wolkow mit einer Wunde am Kopf und einem blutigen Schienbein zu sehen war.

Litauen geht von einem „von Russland organisierten und durchgeführten“ Angriff aus

Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis bezeichnete den Angriff als schockierend, Staatspräsident Gitanas Nauseda sprach von einer vorsätzlichen Tat – und richtete sich direkt an den Kremlchef: „Ich kann Wladimir Putin nur eines sagen: Niemand hat hier Angst vor Ihnen.“

Langjähriger Begleiter von Alexej Nawalny: Leonid Wolkow im Jahr 2015 zusammen mit dem kürzlich gestorbenen Kremlkritiker.

Langjähriger Begleiter von Alexej Nawalny: Leonid Wolkow im Jahr 2015 zusammen mit dem kürzlich gestorbenen Kremlkritiker.

Der Geheimdienst des baltischen EU- und Nato-Landes geht unterdessen davon aus, dass es sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 bis 75 Prozent um „ein von Russland organisiertes und durchgeführtes“ Vorgehen gehandelt habe. Damit sollten nach Einschätzung der Behörde Projekte der russischen Opposition vor der anstehenden Präsidentenwahl in Russland gestoppt werden.

Leonid Wolkow nach Hammer-Angriff: „Wir werden nicht aufgeben“

„Es ist klar, dass nach der Ermordung Nawalnys diejenigen, die Russland verlassen haben, das nächste Ziel sind“, schrieb Schdanow auf Telegram. Kreml-nahe Gruppen könnten bald weitere Anschläge auf Nawalnys Helfer im Ausland verüben, um sich bei Putin beliebt zu machen, erklärte Schdanow. „Es muss nicht einmal ein direkter Befehl vom Kreml sein. Verschiedene Gruppen von Schlägern, die Putin nahe stehen, werden versuchen, vor ihm zu protzen.“

Wolkow hatte nur wenige Stunden vor der Attacke dem exilrussischen Internetportal „Meduza“ gesagt, dass er und andere Oppositionelle nach Nawalnys Tod um ihre Sicherheit fürchteten. „Das Hauptrisiko ist jetzt, dass wir alle getötet werden. Nun, das ist ziemlich offensichtlich.“ Trotz des Angriffs zeigte sich der verletzte Nawalny-Vertraute weiter kämpferisch: „Wir werden weitermachen und nicht aufgeben“.

Julia Nawalnaja über Putin: „Ein Kriegsverbrecher – und ein Mörder“

Ähnlich äußerte sich am Mittwoch auch die Witwe des gestorbenen Kreml-Gegners, Julia Nawalnaja. In einer Kolumne für die „Washington Post“ forderte sie, die Ergebnisse der „gefälschten Wahlen in Russland“ und „Putin nicht als legitimen Präsidenten Russlands“ anzuerkennen. Auch der derzeit inhaftierte Kremlkritiker Wladimir Kara-Mursa forderte die internationale Gemeinschaft am Mittwoch dazu auf. 

Die Welt müsse „endlich begreifen, dass Putin nicht der ist, der zu sein er vorgibt“, führt Nawalnaja aus. Der Kremlchef sei „ein Usurpator, ein Tyrann, ein Kriegsverbrecher – und ein Mörder“, erklärte Nawalnaja, die nach dem Tod ihres Mannes angekündigt hat, seine politische Arbeit fortsetzen zu wollen. (mit dpa)

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