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Liegestühle nur für Weiße„SOS Racisme“-Test belegt Rassismus an der Côte d'Azur

Lesezeit 3 Minuten
Liegestuhl PA 130822

(Symbolbild)

Ein junges Pärchen kommt zum Empfang eines Hotels mit Restaurant und Privatstrand in Antibes und bittet um zwei Liegestühle. Alles sei voll, antwortet der Rezeptionist. „Es sieht leer aus, aber laut Plan sind wir komplett … Tut mir jedenfalls leid.“ Kurz danach möchte ein weiteres Paar zwei Plätze mieten. Wieder fällt die Antwort knapp aus. „Das ist nicht möglich.“ Bis nächsten Sonntag seien alle Stühle reserviert. Zwei Minuten später fragen zwei weitere junge Leute, ob es noch Strandstühle gebe, und fügen hinzu, dass sie keine Reservierung haben. Ob sie Hotelgäste seien, fragt diesmal eine Frau am Empfang. Als das Paar verneint, sagt die Angestellte, sie müsse kurz nachsehen. Dann bietet sie den beiden einen Platz an.

Was unterscheidet die drei Paare voneinander? Beim ersten handelt es sich um zwei Schwarze, beim zweiten um Maghrebiner, das dritte Paar ist weiß. Die Szenen wurden heimlich von der französischen Antirassismusvereinigung SOS Racisme per Handykamera aufgenommen, um zu beweisen, dass manche Einrichtungen an der Côte d“Azur Diskriminierung betreiben. Nachdem an zwei von sechs getesteten Privatstränden in Antibes, das zwischen Cannes und Nizza liegt, nur das weiße Pärchen eingelassen wurde, will der Verein juristische Verfahren gegen deren Betreiber anstrengen.

SOS Racisme erwägt, gegen französischen Staat vorzugehen

Seit den 90er-Jahren greift SOS Racisme auf solche Aktionen zurück. „Diese Tests sind wichtig, um dem Eindruck, gegen Rassismus könne man sowieso nichts tun, entgegenzuwirken“, sagt Projektleiterin Aurore Barbier. „Es gibt ganz konkrete juristische Mittel, um Einrichtungen und Unternehmen, die diskriminieren, verurteilen zu lassen.“

Ausgrenzung gebe es nicht nur bei der Job- oder Wohnungssuche, sondern auch in den Ferien: „In Frankreich im Jahr 2022 kann man als Schwarzer oder Araber nicht den Strand besuchen ohne das Damoklesschwert des Rassismus über dem Kopf“, klagt die Juristin. Bereits vorab hatte sie versucht, bei verschiedenen privaten Stränden Liegestühle zu reservieren. Je nach Familienname, den sie nannte, klappte dies, erzählt sie: „Bei einem afrikanisch klingenden Namen war alles voll. Ich habe nochmals angerufen und einen schön französischen Namen angegeben, und seltsamerweise gab es noch Platz“, so Barbier. Man vermute, dass vor allem zu Hochzeiten gefiltert werde.

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SOS Racisme erwägt dem Präsidenten Dominique Sopo zufolge, gegen den französischen Staat wegen seiner „zu großen Toleranz“ gegenüber solch illegalen Verhaltensweisen vorzugehen: „Er sollte eingreifen, wenn es an Gleichbehandlung fehlt.“

Druck auf Betreiber von Stränden, Restaurants, Bars und Diskos steigt

Auch durch die sozialen Netzwerke steigt der Druck auf Betreiber von Privatstränden, Restaurants, Bars und Diskotheken. Mitte Juli wurden eine schwarze Kanadierin und zwei Freundinnen trotz ihres eleganten Outfits und einer Reservierung nicht in das Pariser Restaurant Manko bei den Champs-Élysées eingelassen, angeblich aufgrund ihrer Kleidung. Ein Video von der Szene, das sie mit ihrem Handy aufnahm und über das Netzwerk Tiktok veröffentlichte, wurde mehr als 800.000-mal angeklickt. Im Hintergrund sind andere Gäste mit weißer Hautfarbe erkennbar, die ohne Probleme eintreten.

Später entschuldigte sich das Restaurant und entließ den Türsteher, der wiederum öffentlich erklärte, er habe die Anweisung gehabt, „nicht zu viele Afrikaner“ einzulassen. „Meine erste Erfahrung von Rassismus im Restaurant Manko in Paris“, schrieb die Betroffene unter das Video. „Ich werde das hier so stehen lassen und mein Leben weiterführen.“