Kölner Oberstaatsanwalt soll Cum-Ex-Verfahren behindert habenSPD und FDP beantragen Sondersitzung des Rechtsausschusses im Landtag

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Das Landtagsgebäude in Düsseldorf.

Die Opposition verlangt für Montag eine Sondersitzung des Rechtsausschusses im Landtag

Ex-Justizminister Peter Biesenbach hatte eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt. Die Opposition fragt nun, ob die Staatsanwaltschaft Köln mit dem Cum-Ex-Verfahren überfordert ist.

SPD und FDP im Landtag sprechen von einem „einmaligen Vorgang“. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete, hat Ex-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) seinem Nachfolger Benjamin Limbach (Grüne) eine Dienstaufsichtsbeschwerde zukommen lassen. Die Vorwürfe richten sich gegen die Spitze der größten Anklagebehörde im Land. Demnach sollen der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln, Joachim Roth,  sowie sein Stellvertreter Gunnar Greier die Aufklärung des größten Steuerraubes der Republik durch Cum-Ex-Geschäfte behindert haben. Biesenbach stellte den Verdacht der Strafvereitelung in den Raum. Aus seiner Sicht seien allzu häufig unerfahrene Berufsanfänger in die auf 35 Stellen aufgestockte Cum-Ex-Hauptabteilung gesetzt worden. Folglich gebe es auch 2023 zu wenig Anklagen.

Die rot-gelbe Opposition hat vor dem Hintergrund eine Sondersitzung im Rechtsausschuss für den kommenden Montag beantragt. Sonja Bongers, rechtspolitische Sprecherin der SPD, sprach von „schwerwiegenden Vorwürfen eines ehemaligen Justizministers an die Behörden, für die er bis vor Kurzem selbst noch zuständig war.“ Teile der CDU, so die Parlamentariern, „scheinen offenbar mit der Arbeit der schwarz-grünen Landesregierung unzufrieden zu sein.“ Der Vorfall müsse umgehend aufgebarbeitet werden.

Cum-Ex-Verfahren: Sprecherin des Justizministeriums widerspricht den Vorwürfen

Werner Pfeil, FDP-Abgeordneter, fragt sich, „ob die Staatsanwaltschaft Köln durch die ganzen Anforderungen überfordert ist. Millionen von Daten müssen gesichtet werden; es handelt sich dabei um große Komplexe.“ Fraglich sei zudem, ob das Personalbudget ausreiche. „Diese Fragen muss der neue Justizminister jetzt beantworten!“

Die Sprecherin des Justizministeriums Elisabeth Stöve widerspricht den Vorwürfen: Demnach „bestehen auch mit Blick auf die zeitlichen Abläufe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Staatsanwaltschaft Köln in zu geringem Umfang Anklagen erhebt.“ Derzeit werde an mehreren Abschlussentscheidungen gearbeitet. Parallel bearbeite die zuständige Hauptabteilung Schwerpunktverfahren aus dem Cum-Ex-Komplex, „die besonders rasch gefördert werden, weil sie teils Milliarden-Schäden zum Gegenstand haben. Diese Verfahren werden jeweils von größeren Ermittlungskommissionen bearbeitet“.

Kritik aus Kölner Staatsanwaltschaft: „Vorgehensweise ist stillos“

Beim Cum-Ex-Skandal ließen sich Aktienbesitzer jahrelang Steuern erstatten, die sie nie gezahlt hatten. Der Schaden beläuft sich auf mindestens zwölf Milliarden Euro.

Die Staatsanwaltschaft Köln bearbeitet das Gros der Fälle: 117 Verfahren nebst 1592 Beschuldigten sind aktenkundig, zudem stehen mindestens 40 Banken im Fokus der Nachforschungen. Inzwischen wurden Schlüsselfiguren wie der Finanzberater Hanno Berger, auch Mr. Cum Ex genannt, zu langen Haftstrafen verurteilt. Dennoch ist der Output der Kölner Cum-Ex-Strafverfolger unter der Leitung der Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker eher überschaubar. Das könnte auch daran liegen, dass die Cum-Ex-Strafverfolger derzeit beinahe alle zwei Wochen bei Banken, Finanzanwaltskanzleien, Steuerberatern oder Vermittlern durchsuchen, um drohende Verjährungsfristen zu unterbrechen.

Dennoch sieht der einstige Cum-Ex-Vorkämpfer Biesenbach nun schienbar sein politisches Vermächtnis in Gefahr und geht auf die Barrikaden. Auf Anfrage wollte sich die Kölner Staatsanwaltschaft nicht äußern. Intern kursiert deutliche Kritik über den ehemaligen Dienstherrn: „Die Vorgehensweise ist stillos, die Vorwürfe Quatsch“, heißt es. In den vergangenen sieben Jahren stieg in Köln die Zahl der Ankläger um 80 auf 200. Nahezu alle neuen Stellen flossen in die landesweite zentrale Ansprechstelle für Cybercrime (ZAC) und in die Cum-Ex-Abteilung. Die Dezernate Organisiertes Verbrechen, Tötungsdelikte oder der Jugend-Kriminalität gingen trotz großen Mangels leer aus. Vor dem Hintergrund wurde Behördenleiter Roth im eigenen Hause für die einseitige Personalvergabe kritisiert. Dabei hatte der leitende Beamte einzig die Maßgaben des damaligen Justizministers Biesenbach befolgt.

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