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Sonderdezernat für DüsseldorfAltstadt-Staatsanwalt sagt Randalierern den Kampf an

Lesezeit 3 Minuten
Altstadt-Staatsanwalt Tim Lisner steht auf der Ratingerstraße in der Düsseldorfer Altstadt.

Tim Lisner wird sich als sogenannter Altstadt-Staatsanwalt nur um Delikte auf der Düsseldorfer Ausgehmeile kümmern. 

Gewalt- und Waffendelikte auf der Düsseldorfer Ausgehmeile sollen künftig schneller verfolgt und angeklagt werden.

Mit einem neuen Sonderdezernat, das sich ausschließlich um die Kriminalität in der Altstadt kümmert, will die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft die hohe Zahl von Gewalt- und Waffendelikten bekämpfen.

Vor allem an den Wochenenden kommt es in den Nachtstunden dort immer wieder zu Auseinandersetzungen, in deren Mittelpunkt überdurchschnittlich Jugendliche und Heranwachsende stehen, die sich aus dem Umland nach Düsseldorf aufmachen und häufig unter dem Einfluss von Alkohol höchst aggressiv auftreten.

1279 schwere Straftaten im vergangenen Jahr

Im vergangenen Jahr kam es laut Polizeistatistik in der Altstadt zu 1279 schweren Straftaten, darunter fallen Körperverletzung, Raubüberfälle und Waffendelikte, ein Drittel davon begangen von Personen unter 21 Jahren.

Tim Lisner (33) muss diesen Trend jetzt stoppen. Im Mai hat er den Job des Altstadt-Staatsanwaltes übernommen und damit auch den Kampf gegen das sogenannte Aggro-Chilling. Unterstützt wird er dabei von einem Amtsanwalt, der für die kleineren Delikte zuständig ist. „Ich kenne die Altstadt, seit ich 18 bin“, sagt Lisner. Neben den normalen Besuchern gebe es Gruppierungen, „die aus unterschiedlichsten Gründen nicht so viel Wert auf friedliches Feiern in den Lokalitäten setzen“.

Künftig werden alle Fälle zunächst auf Lisners Tisch landen. Bisher war die Zuständigkeit nach Dienstplan auf verschiedene Staatsanwälte verteilt. Er geht davon aus, dass diese Konzentration „besondere Chancen für eine effektive Strafverfolgung bietet. Wir werden uns unmittelbar nach jedem Geschehen mit der Polizei und den Mitarbeitern des Ordnungsdienstes zusammensetzen, auch die Kameraüberwachung sei ein wichtiger Baustein.“ Nicht nur für die Gefahrenabwehr, sondern auch zur Ermittlung des Tatgeschehens.

Staatsanwalt prophezeit „harte Urteile“

Lisner ist zuversichtlich, auf Dauer durch eine eingespielte Zusammenarbeit mit Polizei und Ordnungsdienst vor Ort Fälle effektiver und schneller zur Anklage zu bringen und auch zu „harten Urteilen“ zu kommen.

Die meisten Fälle werden aber nicht in Düsseldorf verbleiben. Nach dem Jugendgerichtsgesetz müssen Strafverfahren bei Jugendlichen unter 18 Jahren grundsätzlich an deren Wohnort geführt werden. Bei Heranwachsenden muss das nicht unbedingt der Fall sein. Bei allen anderen Tätergruppen gilt das Tatortprinzip.

Mitarbeiter des Ordnungsamtes kontrollieren zum Beginn der neuen Karnevalssaison Menschen auf der Freitreppe in der Altstadt.

Mit einer Sonderstaatsanwaltschaft will die Landeshauptstadt die hohen Kriminalitätszahlen in den Griff kriegen.

„Bei der Bekämpfung von Straftaten Heranwachsender und Intensivtäter ist die Schnelligkeit ein wesentliches Ziel“, sagt Christina Wehner, Leitende Oberstaatsanwältin in Düsseldorf. „Deshalb haben wir Schnellstraßen zwischen Staatsanwaltschaften eingerichtet, um solche Verfahren nicht mit der Masse an andere Strafverfolgungsbehörden abzugeben.“ Zu den Hauptaufgaben von Lisner werde es deshalb gehören, das bestehende Netzwerk noch dichter zu knüpfen. Altstadtverfahren müssten künftig grundsätzlich als Eilsache behandelt und dürften nicht „mit der Masse“ abgegeben werden.

Dass eine Sonderstaatsanwaltschaft allein die Probleme nicht in den Griff bekommen kann, ist allen Beteiligten klar. Die Stadt Düsseldorf hat nach den Worten von Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) in der Vergangenheit bereits „eine ganze Kette von Maßnahmen ergriffen“, um der Gewalt Einhalt zu gebieten. Es gebe Kooperationen mit der Landespolizei und dem Haus des Jugendrechts. Die Stadt habe den Ordnungsdienst personell „massiv aufgestockt“, das Beleuchtungskonzept verändert und Streetworker eingestellt, die allmählich „Zugang zu diesen Gruppierungen finden“.

Das neue Projekt sei kein Geschenk der Landesregierung an die Landeshauptstadt, betont Justizminister Benjamin Limbach (CDU). Seit 2017 habe Nordrhein-Westfalen vergleichbare Projekte zu Kriminalitätsschwerpunkten unterschiedlicher Art unter anderem in Duisburg, Wuppertal, Essen und Wipperfürth ins Leben gerufen. Sollte es in Köln vergleichbare Probleme wie in Düsseldorf geben, werde man darüber sprechen. „Wir werden solche Projekte aber nie gegen, sondern immer nur im Dialog mit einer Staatsanwaltschaft angehen“, sagte Limbach.