Ärger wegen VergütungNRW-Kinderärzte fordern Lauterbach zum Rücktritt auf

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Ein Stethoskop und Kinderspielzeug liegen in einer Kinderarztpraxis auf einem Tisch.

Die Kinderärzte kämpfen derzeit gegen überfüllte Wartezimmer. Ein Schreiben aus dem Gesundheitsministerium sorgt nun für Ärger.

Der Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte (BVKJ) in Nordrhein-Westfalen hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Donnerstag zum Rücktritt aufgefordert. Der SPD-Politiker habe ihnen gegenüber sein Versprechen gebrochen, werfen die Ärzte dem Minister vor. Es geht um die Vergütung der Arztbesuche.

Karl Lauterbach in Rede: „Das schulden wir den Praxen“

Die Mediziner beziehen sich auf eine Rede, die Lauterbach am 15. Dezember im Bundestag gehalten hat. „In den Praxen selbst soll sichergestellt werden, dass jede Leistung, die dort erbracht wird, zu festen Preisen bezahlt wird. Jede zusätzliche Leistung, die erbracht wird, wird voll bezahlt“, kündigte der Minister an. „Das schulden wir den Praxen. Daher setzen wir die Budgetierung für die Kinderkliniken und für die Praxen sofort aus.“

Schon lange kritisieren Kinderärzte, dass durch feste Budgets Mehrarbeit häufig nicht bezahlt wird. In Nordrhein wird rund 90 Prozent der Arbeit der Kinder- und Jugendärzte vergütet, sagt Axel Gerschlauer, Pressesprecher des BVKJ Nordrhein.

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Nun werfen die Kinder- und Jugendärzte Lauterbach Wortbruch vor: Am selben Tag der Bundestagsrede habe er einen Brief an die Kassenärztliche Bundesvereinigung und an den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen geschickt. Die Gremien sollten sich bis zum 20. Januar 2023 einigen, sodass die Kinder- und Jugendärzte mehr Geld bekommen, soll Lauterbach geschrieben haben. Von Entbudgetierung sei hier keine Rede mehr. Stattdessen werde angeregt, dass die erbrachten ärztlichen Leistungen in einem begrenzten Zeitrahmen vergütet werden.

Landesvorsitzende: „Treten Sie zurück, Herr Minister“

„Er hat gesagt: Ich kümmere mich darum, aber jetzt wälzt er die Verantwortung ab“, kritisiert Gerschlauer. „Deshalb sind wir sauer. Er hat nach seiner Ankündigung im Bundestag nicht die politische Verantwortung übernommen, die Umsetzung zu organisieren. Stattdessen gibt er sie zurück in Gremien, bei denen klar ist, dass sie dazu nein sagen.“

Nun verlange der BVKJ NRW ein klares Bekenntnis des Ministers zur Kinderheilkunde, „einen klaren Weg, wie er diesen Berufszweig am Leben halten will“. Ansonsten, so Gerschlauer, würden die Kinderärzte künftig ihre Arbeitszeit auf die Leistungen reduzieren, für die sie auch bezahlt werden. „Wir möchten, dass den eigentlich guten Worten Taten folgen.“

Christiane Thiele, Landesvorsitzende des BVKJ Nordrhein, drückt sich deutlicher aus: „Treten Sie zurück, Herr Minister“, fordert sie. Lauterbach sei nicht in der Lage, die Versorgung kranker Kinder dauerhaft sicherzustellen. „Machen Sie Platz für jemanden, der in der Lage ist, im Sinne der Gesundheit der Kinder tatsächlich zu handeln und nicht nur heiße Luft zu produzieren.“

Etwas weniger harsch klingt es beim Bundesverband aus Berlin. Das Verhalten des Minister rufe Irritationen hervor, so der Verband.  „Dass der Minister seine Ankündigung nun in einem nicht-öffentlichen, verklausulierten Schreiben dann gleich wieder einkassiert oder zumindest relativiert, ist schon ein starkes Stück“, sagt Stefan Renz, Vizepräsident des BVKJ. „Im Bundestag hat Karl Lauterbach die sofortige Aussetzung der Budgetierung für Kinderkliniken und Praxen angekündigt, so wie im Koalitionsvertrag beschlossen. Das und nichts anderes werden wir akzeptieren.“ Fest stehe: Die Kinder- und Jugendärzte würden keine unbezahlten Leistungen mehr erbringen.

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