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Kommen die Badeschiffe zurück?Grüne bringen Idee aus dem 19. Jahrhundert wieder ins Gespräch

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Auch früher gab es schon Schwimmbäder auf dem Rhein, wie die historische Aufnahme eines Badeschiffes in Königswinter zeigt. ⇥Foto: Siebengebirgsmuseum

Historische Aufnahme eines Badeschiffes in Königswinter 

Der Klimawandel verändert auch den Alltag der Menschen in NRW. In Köln könnten Badeschiffe am Rhein künftig eine preiswerte und sichere Abkühlung ermöglichen.

Das Konzept ist nicht neu. Im 19. Jahrhundert ankerten bis zu zehn Badeschiffe in Köln am Rheinufer, die es den Bürgern ermöglichten, sich gefahrlos im Rhein abzukühlen, das erste wurde 1823 eröffnet. Das Schwimmbecken in der Mitte der Kähne war mit einem Käfig gesichert, um zu verhindern, dass die Menschen vom Treibgut erfasst oder von der Strömung abgetrieben werden konnten. Jetzt feiert die Idee ein Comeback. Ein Positionspapier des Landesvorstands der NRW-Grünen zum Thema Klimaanpassung führt die Rückkehr der Badeschiffe an Rhein und Ruhr als Baustein an, um die Metropolen hitzefest zu machen.  

In dem Beschluss des Führungsgremiums, der unserer Zeitung vorliegt, heißt es, jedes Jahr würden rund 3000 Menschen in Deutschland an den Folgen extremer Hitze sterben. „Die Waldbrände aus Südeuropa und die aktuellen Temperaturen bei uns machen deutlich: Die Klimakrise ist Realität – auch bei uns", sagte Tim Achtermeyer, Co-Vorsitzender der NRW-Grünen, dem Kölner Stadt-Anzeiger. Politik müsse die Menschen bestmöglich schützen, erklärte der Politiker aus Bonn.

Baden im Rhein: Grüne wollen Badeschiffe zurück

Umso wichtiger sei es, dass in NRW und in den Kommunen gehandelt werde. „Wir lassen die Menschen nicht im Hitzestau stehen. Denn Hitzeschutz ist auch eine soziale Frage“, sagte Achtermeyer. Nicht alle können sich eine Klimaanlage leisten – und einen Pool im Garten hätten die wenigsten. Die Menschen bräuchten Zugang zu kostenlosem Trinkwasser in unseren Städten und die Möglichkeit, sich abzukühlen.  

Das erste Badeschiff wurde 1823 in Köln eröffnet.

Das erste Badeschiff wurde 1823 in Köln eröffnet.

Eine Variante: Die Badeschiffe. „Wir wollen, dass Baden in unseren Städten wieder möglich wird – niedrigschwellig, sicher und attraktiv“, heißt es in dem Vorstandsbeschluss.  Daher bräuchten Kommunen ausreichende Finanzmittel, um Schwimm- und Freibäder erhalten und betreiben zu können. „Badeschiffe auf dem Rhein sind ein weiteres Beispiel: schwimmende Badestellen mit Wasserfiltern und Infrastruktur mitten in der Stadt“, stellen die Grünen fest. Dabei müsse aber auch der  Bund mitziehen, etwa beim Wasserstraßenrecht. Die schwarz-rote Bundesregierung unternehme aber nach den ersten 100 Tagen im Amt deutlich zu wenig für den Klimaschutz:  „Statt wirksamer Maßnahmen setzt sie sogar Geld aus dem Klima- und Transformationsfonds für fossile Energie wie Gas ein“, kritisiert Achtermeyer.  

In Köln waren in den vergangenen Wochen nach den tödlichen Badeunfällen im Rhein Forderungen nach einem Badeverbot im Rhein lauter geworden. Anders als in der Landeshauptstadt Düsseldorf ist das Schwimmen in der Wasserstraße in Köln bislang nicht grundsätzlich verboten. Trotz eindringlicher Warnungen von Polizei, Ordnungsamt und DLRG begeben sich immer wieder Menschen leichtfertig in den Strom, um sich an heißen Tagen abzukühlen.

Badeschiffe sollen zurückkehren: Bonn ist in der Planung schon weiter

Selbst guten Schwimmern ist es allerdings fast unmöglich, sich aus dem Wasser zu retten, wenn sie einmal in die Strömung geraten sind.  Die Leiche eines Familienvaters, der in Rodenkirchen im Rhein gebadet hatte, war rund 100 Kilometer entfernt in Voerde am Niederrhein gefunden worden. Badeschiffe wären eine Möglichkeit, den Menschen eine sichere Alternative zur Abkühlung im Fluss anzubieten.  Günstige Eintrittspreise könnten die einfachen Konstruktionen zu einem Erfolgsmodell machen. 

Zahlreiche Badegäste nutzen am 16.07.2013 das Becken des Badeschiffs an der Arena in Berlin-Treptow. Foto: Matthias Balk/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Beispiel Berlin: Hier nutzen zahlreiche Badegäste das Becken des Badeschiffs an der Arena in Berlin-Treptow. (Archivbild aus

In Bonn, wo die Grünen mit Katja Dörner seit 2020 die Oberbürgermeisterin stellen, sind die Planung für ein Badeschiff schon vorangeschritten. In der Bundesstadt müssen in den nächsten Jahren mehrere öffentliche Bäder wegen Sanierungsarbeiten geschlossen werden.  In Berlin, Paris und Antwerpen gibt es Vorbilder für moderne Badeschiffe. Laut Dörner hat es in der Bundesstadt bereits Gespräche mit einem interessierten Investor gegeben. Derzeit wird ein Liegeplatz in der Nähe der Kennedybrücke für das schwimmende Freibad diskutiert.

Der Beschluss der Grünen sieht als weitere Schutzmaßnahmen eine Entsiegelung von Schulhöfen und die Schaffung großer Schattenflächen durch die Überdachung von ÖPNV-Haltestellen vor. Gefordert wird zudem eine Ausweitung des Förderprogramms „Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen“. Pro pflegebedürftige Person sollen 200 Euro investiert werden – auch für die Bediensteten soll bei einer Temperatur von über 26 Grad durch mehr Pausen, zusätzliche Ventilatoren und kostenlose Getränke gesorgt werden. Politische Antworten auf den Klimawandel seien sofort erforderlich: „Nicht erst im nächsten Sommer, sondern jetzt.“