Ein bewaffneter Mann hat vor einer Bar in Bielefeld Menschen angegriffen und teils schwer verletzt. Am Montagabend konnte die Polizei einen Verdächtigen festnehmen.
Angriff in Bielefeld mit VerletzenTatverdächtiger in der Nähe von Düsseldorf festgenommen

Polizei und Spurensicherung waren in Bielefeld am frühen Sonntagmorgen im Einsatz. Nach dem Tatverdächtigen wird wegen eines versuchten Tötungsdeliktes gefahndet.
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Nach dem Angriff eines Mannes auf mindestens fünf Menschen in Bielefeld ist ein Tatverdächtiger in Heiligenhaus bei Düsseldorf festgenommen worden. Bei dem Festgenommen handelt es sich mit an „Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ um den gesuchten Hauptverdächtigen, wie ein Sprecher der Polizei auf dpa-Anfrage mitteilte.
Was über den Tatverdächtigen bekannt ist – und was nicht
Die Fahndung nach dem syrischen Tatverdächtigen Mahmoud M. läuft auch am Montag auf Hochtouren. Der 35-jährige Flüchtling wird verdächtigt, tags zuvor gegen 4.20 Uhr Besucher vor der Bar „Cutie“ in Bielefeld mit Messern angegriffen und wahllos vier Männer sowie eine junge Frau im Alter zwischen 22 und 27 Jahren niedergestochen zu haben. Die beiden schwer verletzten Opfer sind nach Angaben der Polizei Bielefeld nicht mehr in Lebensgefahr, ihr Zustand habe sich stabilisiert.
Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Sicherheitskreisen erfuhr, soll M. auch weitere Gäste vor dem Studententreff an der Kurfürstenstraße angegriffen haben. Dabei soll er auch auf Hooligans getroffen sein. Videoaufnahmen sollen zeigen, wie diese den Angreifer verprügelten und ins Gesicht schlugen. M. konnte sich losreißen und floh.
Seither suchen Ermittler der Mordkommission „Kurfürst“ nach dem Flüchtigen. Nahe dem Tatort wurde laut Polizei ein Rucksack des Asylbewerbers entdeckt. Darin fanden sich seine Aufenthaltspapiere und eine Plastikflasche mit einer unbekannten, nach Benzin riechenden Flüssigkeit. Zudem wurden drei Stichwaffen sichergestellt. Die Polizei hielt sich mit Informationen zu den Messerfunden bedeckt. Nach Informationen dieser Zeitung soll es sich um zwei lange Küchenmesser handeln, eine weitere Klinge soll an einen Krückstock gebunden worden sein.
Nach wie vor bleibt das Motiv rätselhaft. Staatsanwalt Philipp Kalbertodt erklärte auf Anfrage, dass man in alle Richtungen ermittele. „Es ist noch zu früh, um sich festzulegen.“ Die Funde im Rucksack weisen demnach auf einen gezielt geplanten Anschlag hin. Womöglich mit islamistischem Hintergrund. Bisher aber fehlt es an eindeutigen Hinweisen.
Was über Mahmoud M. bekannt ist
Im August 2023 war Mahmoud M. nach Deutschland eingereist. Laut Polizei hatte er eine befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten. Geboren wurde er im syrischen Al Raqqa, der einstigen Hochburg der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS).
Laut seiner Ausländerakte reiste M. über die Türkei, die Balkanroute und Tschechien nach Deutschland ein. Auf diesem Weg hatte er keinen Asylantrag gestellt. Am 29.11. 2023 wurde der Syrer dem Kreis Gütersloh zugewiesen. Am 21.12. 2023 gewährte ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen subsidiären Aufenthaltsstatus. Bereits am 22. Februar 2024 erweiterte die Ausländerbehörde in Gütersloh den Beschluss und verfügte einen befristeten Aufenthalt bis Februar 2027.
Bisher keine Hinweise auf extremistische Gesinnung
Bisher deutet nichts auf eine extremistische Gesinnung hin. Der Tatverdächtige fiel weder den Staatsschützern auf, noch wurde er wegen Straftaten aktenkundig. Laut Polizei sind bisher auch keine hetzerischen Sprüche des Syrers während seiner Tat bekannt geworden. „Aber hier laufen die Ermittlungen noch“, sagte eine Polizeisprecherin.
Nach den Messerattacken durchsuchten Einsatzkräfte die Wohnung des Verdächtigen in einer zentralen Unterbringungseinrichtung in Harsewinkel. Der Gesuchte war indes untergetaucht. In den Räumen fanden sich nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ keine Indizien für ein politisches Motiv. Einzig die Verpackung für eine der Tatwaffen wurde sichergestellt. Eine Frau in der Unterkunft will M. an jenem 18. Mai vor der Tat gesehen haben. Den Ermittlern zufolge soll sie berichtet haben, dass der Syrer einen Rucksack geschultert hatte, aus dem ein Krückstock herausstach, als er die Einrichtung verließ.
Gesuchter ist zur Öffentlichkeitsfahndung ausgeschrieben
Unklar ist derzeit, wie der Beschuldigte von Harsewinkel zu dem Lokal in der nördlichen Innenstadt Bielefelds gelangte. Immerhin ein Weg von gut zwölf Kilometern. Auch wissen die Strafverfolger noch nicht, wie sich M. vom Tatort absetzen konnte. Abfragen bei Taxiunternehmen sowie Betrieben des Öffentlichen Nahverkehrs verliefen erfolglos.
Inzwischen haben Polizei und Staatsanwaltschaft den Gesuchten zur Öffentlichkeitsfahndung ausgeschrieben und zwei Bilder von ihm veröffentlicht. M. wird als zwischen 160 und 170 Zentimeter groß und untersetzt beschrieben. Er hat braune Augen, schwarze Haare und trug zur Tatzeit einen schwarzen Hoodie, weißes T-Shirt, sowie eine schwarze Hose und ein schwarzes Basecap. Die Polizei Bielefeld hat ein Hinweisportal eingerichtet. Zudem warnen die Ermittler davor, sich M. zu nähern.
Der Fall reiht sich in die besorgniserregende Entwicklung steigender Messergewalt in NRW, vor der Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) schon vor knapp einem Jahr warnte. 2023 ereigneten sich nach einem neuen Lagebild 3536 Fällen. Gut 42 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Häufig geschehen Messerattacke an Rhein und Ruhr abends oder nachts. Allein in NRW starben 15 Menschen im Jahr 2023 durch tödliche Stiche. 288 Menschen wurden schwer, 1355 leicht verletzt. Angreifer und Opfer sind dem Lagebild zufolge meist männlich und jung. 45 Prozent der Tatverdächtigen sind Ausländer. Reul sprach seinerzeit von überzogenem „Männlichkeits-Gehabe“. Solche Erklärungen könnten jedoch keine Rechtfertigung für Gewalt sein, so der Minister. „In Deutschland liegt das Gewaltmonopol beim Staat.“ (mit dpa)