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Nach „Viecher“-PostAfD NRW schmeißt Matthias Helferich raus

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Matthias Helferich spricht im Bundestag (Archivbild)

Matthias Helferich gilt auch innerhalb der AfD als einer der extremsten Politiker. Nun muss er die AfD laut Gerichtsurteil verlassen.

Der umstrittene Dortmunder Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich wird aus der nordrhein-westfälischen AfD ausgeschlossen. Mehr als ein Jahr, nachdem das Verfahren eingeleitet wurde. Helferich will gegen die Entscheidung vorgehen.

Die AfD Nordrhein-Westfalen hat den Dortmunder Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich erstinstanzlich aus der Partei ausgeschlossen. Das entschied das Landesschiedsgericht am Samstag. Der Vorgang trifft einen der umstrittensten und radikalsten Politiker der AfD. 

Der Landesverband hatte Helferich vorgeworfen, „in schwerwiegender Weise“ gegen das Grundgesetz und gegen die Menschenwürde verstoßen zu haben. Helferich soll die Abschiebung von deutschen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund befürwortet haben. Streitpunkt war auch ein Post auf Instagram, in dem er Migranten mit „Viechern“ gleichgesetzt haben soll. 

Helferich selbst hörte den Urteilsspruch nicht. Das Schiedsgericht schloss ihn von der Verhandlung aus - laut Helferich, weil er den Richtern zu viele Anträge gestellt habe. Aus Parteikreisen heißt es dagegen, der 36-Jährige habe eine Richterin bedroht. Ein Sprecher der NRW-AfD kommentierte den Rauswurf nur knapp: „Ein von Herrn Helferich selbst hochstilisierter, aber völlig normaler Vorgang ist damit abgeschlossen.“ Vor Beginn der Verhandlung hatten sich dutzende Unterstützer Helferichs vor der Parteizentrale in Düsseldorf versammelt. 

Helferich wirft Gericht Befangenheit vor

Der Parteiausschluss ist weder überraschend noch endgültig. Selbst Helferich hat ihn erwartet und einen Tag zuvor auf seinen Social-Media-Kanälen angekündigt. Er halte das Verfahren jedoch für so „rechtsfehlerhaft“, dass er davon ausgehe, spätestens „von einem ordentlichen Gericht“ zurück in die Partei „gesendet“ zu werden, sagte Helferich in einer Videobotschaft. 

Bereits Ende Juni stellte Helferich über seinen Anwalt einen Befangenheitsantrag gegen alle drei befassten Richter, der dieser Zeitung vorliegt. Auf zwölf Seiten wirft er ihnen vor, gegen ihre Unparteilichkeit verstoßen zu haben; Helferich zitiert ein internes Protokoll des Schiedsgerichts, wonach die für das Verfahren zuständige Kammer bewusst mit Kritikern Helferichs besetzt worden sei. Das Parteigericht lehnte den Antrag ab.

Das letzte Wort könnte ein amtliches Gericht haben

Nach Zustellung des Urteils hat Helferich zwei Wochen Zeit, um Einspruch gegen die Entscheidung einzulegen. Diesen hat er bereits auf seinen Social-Media-Kanälen angekündigt: Der Fall geht an das Bundesschiedsgericht. Bei der Bundesspitze fand Helferich bisher größere Unterstützung als auf Landesebene. Er schien zu beliebt am ganz rechten Rand der Partei, um sich offen gegen ihn zu stellen.

Mit seinem jüngsten Skandal könnte dieser Rückhalt jedoch bröckeln: Im Mai berichtete der „Spiegel“ über ältere Mails, in denen Helferich unter anderem mit „Heilchen“ gegrüßt und über brennende Asylunterkünfte gereimt haben soll. Helferich bestreitet, Urheber dieser Schreiben zu sein. Einer Aufforderung des Landesvorstands, gerichtlich gegen den „Spiegel“ vorzugehen, ging er jedoch nicht nach. Der Fall wurde seinem Ausschlussverfahren hinzugefügt. 

Bis zu einer Entscheidung des Bundesschiedsgerichts bleibt Matthias Helferich Teil der Bundestagsfraktion. Sollte dieses seinen Ausschluss bestätigen, wäre die Entscheidung rechtskräftig. Anschließend würde vermutlich ein amtliches Gericht in letzter Instanz entscheiden. 

Selten offen ausgetragener Lagerkampf in der AfD

Der NRW-Landesvorstand hatte bereits vor mehr als einem Jahr das Parteiausschlussverfahren gegen Helferich eingeleitet. Es folgte ein selten offen ausgetragener Lagerkampf zwischen ihm und Landeschef Martin Vincentz: Während Vincentz mal mehr, mal weniger entschlossen versucht, seiner Partei einen gemäßigteren Anstrich zu verpassen, führt Helferich das Rechtsaußen-Lager an, das nach der Correctiv-Recherche vor eineinhalb Jahren umso lauter nach „Remigration“ rief. Im Gutachten des Verfassungsschutzes zur Hochstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ führte der Geheimdienst Helferichs Aussagen besonders häufig an.

Immer wieder thematisierte Helferich das Parteiausschlussverfahren auf seinen Social-Media-Kanälen und sprach von einem Machtkampf mit Vincentz. Dieser wiederum verweigerte Helferich im Dezember die Unterschrift für seine Direktkandidatur zur Bundestagswahl. Nach der Wahl warnte er die Fraktionsspitze öffentlich vor der Aufnahme Helferichs in die Fraktion - erfolglos. Vincentz' Einfluss auf die Bundesspitze um Alice Weidel gilt als eher gering.