Ortstermin mit Josefine PaulFlüchtlinge in NRW werden gut betreut, aber es gibt Stress mit den Anwohnern

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Ministerin Paul am Eingang der Flüchtlingsunterkunft in Sankt Augustin

NRW-Integrationsministerin Josefine Paul besucht eine Flüchtlingsunterkunft in Sankt Augustin bei Bonn.

In Sankt Augustin leben 600 Flüchtlinge in einer ehemaligen Bundeswehr-Immobilie. Was läuft gut, welche Probleme gibt es? Ein Ortstermin. 

Im „Aktivitätenraum“ sitzen die Kinder im Stuhlkreis zusammen. Heute sollen die Kleinen lernen, wie Haustiere auf Deutsch heißen. „Hund, Katze, Vogel“, sprechen sie im Chor. „In dem Unterricht geht es aber nicht nur um den Spracherwerb, sondern auch um den Umgang mit den Tieren“, erklärte Carin Theis. Viele wüssten nicht, was zu beachten ist, weil sie in ihrer Heimat nicht mit Haustieren vertraut gewesen seien. Die Kinder kommen aus Afghanistan, Syrien, aus Iran und dem Irak. Carin Theis ist die Betreuungsleiterin der „ZUE Sankt Augustin“. ZUE ist die Abkürzung für „Zentrale Unterbringungseinrichtung“.

In dem dreistöckigen Gebäude hat das Land 600 Flüchtlinge einquartiert. Früher wurden in der ehemaligen Medienzentrale der Bundeswehr Werbefilme für die Truppe gedreht. Die Studioräume sind zum Teil so groß, dass dort 16 alleinreisende Männer einen Schlafplatz finden.

Hinweistafeln erläutern Regeln

An diesem Tag wundern sich viele Geflüchtete über einen Besuchertross. Am Morgen hatte eine schwarze Limousine aus Düsseldorf hinter dem Eingangstor geparkt – NRW-Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) ist nach Sankt Augustin gekommen, um sich vor Ort einen Eindruck davon zu verschaffen, wie die Vorgaben der Landesregierung umgesetzt werden.

Regeln im Unterrichtsraum der ZUE St. Augustin

Regeln im Unterrichtsraum der ZUE St. Augustin.

Einrichtungsleiter Wolfgang Saur führt durch die Flure. Um die Privatsphäre der Flüchtlinge zu schützen, ist ein Blick in die Zimmer verboten. Dafür öffnen sich die Türen zu den Gemeinschaftseinrichtungen. Erwachsene erhalten in einem Kursraum Deutschunterricht. In einem Klassenzimmer sind die Lernmaterialien für die Kinder in getrennte Behälter sortiert: Ali, Moria, Alia und viele andere Namen stehen auf den Boxen.

Fast in jedem Bereich hängen in mehreren Sprachen Regeln an der Wand. „Bitte Zimmer sauber halten, regelmäßig lüften“, heißt es in der „Family Area“.  „Ich komme pünktlich um acht Uhr“, „Ich bleibe an meinem Platz“, „Ich melde mich“, steht im Unterrichtsraum auf Aushängen zu lesen. In der Kantine der Hinweis: „Es ist verboten, Essen mit ins Zimmer zu nehmen.“

Die meisten Bewohner halten sich an die Regeln. Trotzdem kommt es immer wieder zu Reibereien, etwa, weil zu wenige Steckdosen vorhanden sind. „In den Zimmern gibt es aus Sicherheitsgründen außer Licht keinen Strom“, erklärt Wolfgang Saur. So müssen die Mobiltelefone in den Gemeinschaftsräumen aufgeladen werden, wo die Geräte auch schonmal verschwinden.

Nachbarn verärgert über Lärm und Müll

In der ZUE sind mehr als 320 alleinreisende Männer untergebracht. Max Leittersdorf, der Bürgermeister von Sankt Augustin, berichtet, dass Anwohner sich über Lärm und Dreck beschweren. „Der Weg zur nächsten Stadtbahnstation führt durch neue Wohngebiete“, berichtet der CDU-Politiker. „Es ist nicht schön, wenn Bierdosen auf den Bürgersteigen liegen und in die Vorgärten uriniert wird.“  

Familien werden in einem separaten Bereich untergebracht.

Familien werden in einem separaten Bereich untergebracht.

Ministerin Paul ist froh um jeden Quadratmeter, der für die Flüchtlingsunterbringung zur Verfügung steht. „In der ZUE Sankt Augustin sind viele unserer Anforderungen, die wir als Land an die Einrichtung stellen, sehr gut umgesetzt worden“, sagte Paul dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.  Bei der technischen Ausrüstung gebe es hier und da Verbesserungspotenzial: „Es ist geplant, abschließbare Ladestationen für die Handys zu schaffen.“ 

Die Ministerin für Flüchtlinge und Integration hat den Ausbau der Kapazitäten im Blick: „Bis zum Jahresende wollen wir in NRW 41.000 Plätze in den Landesunterkünften anbieten. Wir hoffen, Bestandsimmobilien nutzen zu können. Aber wir wollen auch neue Flächen anmieten, um mobile Wohneinheiten aufbauen zu können“, sagte Paul in Sankt Augustin. Sie geht davon aus, dass die Zahl der Schutzsuchenden weiter auf einem hohen Niveau bleibt. 

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