RechtsextremismusDie Junge Alternative ist „gesichert extremistisch“ – was bedeutet das für sie und die AfD?

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Ein Mitglied der «Jungen Alternative» (JA), Jugendorganisation der AfD, trägt auf einer Wahlkampfveranstaltung eine Fahne mit dem Logo der Organisation.

Ein Mitglied der Jungen Alternative (JA), Jugendorganisation der AfD, trägt auf einer Wahlkampfveranstaltung eine Fahne mit dem Logo der Organisation.

Erst im Dezember 2023 hat der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz zudem den Landesverband der JA als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft. Wie hängt das mit der AfD zusammen?

Der Verfassungsschutz darf die Junge Alternativ als „gesichert extremistische Bestrebung“ einstufen. Das entschied das Verwaltungsgericht Köln am Montag und lehnte damit einen Antrag der AfD und ihrer Jugendorganisation ab. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig – noch dürfen die AfD und die Junge Alternative (JA) Beschwerde einlegen. Das Urteil könnte auch die Mutterpartei in Schwierigkeiten bringen.

Die Junge Alternative vertrete einen völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff, so das Gericht. Der Ausschluss „ethnisch Fremder“ sei eine zentrale politische Vorstellung der Jugendorganisation. Darin sieht das Gericht einen Verstoß gegen die Menschenwürde und die Gleichheit aller Menschen. „Hinzu kommt bei der JA eine fortgeführte massive ausländer- und insbesondere islam- und muslimfeindliche Agitation“, schreibt das Verwaltungsgericht in einer Pressemitteilung. „Einwanderer werden allgemein als Schmarotzer und kriminell bezeichnet oder in anderer Weise verächtlich gemacht und dadurch in ihrer Menschenwürde missachtet.“ Zudem agiere die Junge Alternative auf Bundes-, Landes- und Kreisebene gegen das Demokratieprinzip. 

Bereits im Jahr 2019 hatte der Verfassungsschutz die JA als Verdachtsfall eingestuft, im Jahr 2023 folgte die Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“. Das bedeutet: Seit 2019 darf der Verfassungsschutz die Jugendorganisation nachrichtendienstlich überwachen. Viel ändert sich durch die Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ also nicht – die Schwelle für den Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln könnte jedoch sinken.

Alles zum Thema Herbert Reul

„Das kam einer vorsichtigen Distanzierungen der AfD von der JA gleich“

Jan Riebe, Referent im Bereich Rechtsextremismus der Amadeu Antonio Stiftung, hält die Entscheidung des Gerichts für konsequent: Die AfD-Jugend radikalisiere sich kontinuierlich. „Die JA ist seit langem sehr eng vernetzt mit rechtsextremen Personen und Gruppierungen“, so Riebe. Als in den letzten Wochen Diskussionen um ein Verbot der JA aufflammten, habe sich die Bundespartei der AfD sehr zurückhaltend verhalten. „Es gab kaum wahrnehmbare Solidaritätsbekundungen. Das ist vielen in der JA sehr negativ aufgestoßen. Das kam einer vorsichtigen Distanzierung der AfD von der JA gleich.“ 

Theoretisch, so Riebe, sei ein Verbot der JA durch die Einstufung einfacher durchzuführen. Die Hürden für ein Vereinsverbot sind zudem deutlich niedriger als für ein Parteiverbot – dadurch könnte eine Art Blaupause für ein Verbot von Landesverbänden der AfD entstehen, so Riebe. „Die Argumentationen, die zur Einstufung der JA als ‚rechtsextremistischen Bestrebung‘ und die zur Einstufung von Landesverbänden der AfD als ‚gesichert rechtsextrem‘ geführt haben, sind sehr ähnlich.“

Dennoch seien JA und AfD nach wie vor eng verzahnt, betont Riebe. Der JA-Bundesvorsitzende Hannes Gnauck sitzt beispielsweise für die AfD im Bundestag. „Die Nähe von JA und AfD ist so eng, dass die Distanzierung der AfD kaum nutzen wird, innerparteilich sogar schaden kann.“ Erkenntnisse aus einer Überwachung der JA könnten auch bei einem etwaigen AfD-Parteiverbotsverfahren eine Rolle spielen. „Manche in der AfD werden sich jetzt genauer überlegen, was sie im Telefongespräch mit Mitgliederinnen und Mitgliedern der Jungen Alternative sagen.“

NRW-Landesverband der JA wurde im Dezember zum Verdachtsfall

Erst im Dezember 2023 hat der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz den Landesverband der JA als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft. „Die Hinweise haben sich verdichtet, dass die Junge Alternative nicht nach demokratischen Spielregeln spielt, sondern das eigene rechtsextremistische Regelwerk vorzieht“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul damals. 

Ihre Radikalisierung zeigte die JA in den letzten Jahren offen: Auf ihrer Webseite vertreibt sie offen fremdenfeindliche Sticker. Einer zeigt einen Waschbären mit Turban, langem Bart und Maschinengewehr, der Schriftzug dazu lautet: „Invasive Arten abschieben“.

Wie weit der nordrhein-westfälische Verein nach rechts rückte, zeigt auch die Reaktion auf die Veröffentlichung auf das Geheimtreffen bei Potsdam: Nachdem publik wurde, dass AfD-Politikern mit Rechtsextremisten bei einem Treffen bei Potsdam über die Vertreibung von Migranten sprachen, postete der JA-Landesverband demonstrativ sein Bild auf Telegram in „Team Migration“. Die Jugendorganisation bekannte sich offen zu den Inhalten des Treffens und bezeichnete ihn als „Geh-Heim-Plan“. 

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