Urteil im Streit um OVG-PräsidentenamtLimbach-Kandidatin darf Spitzenposten antreten

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Benjamin Limbach (Bündnis 90/Die Grünen), Justizminister von Nordrhein-Westfalen, steht bei einer Pressekonferenz vor denKameras. Der Politiker steht nicht nur wegen seines Umgangs mit demThema Cum-Ex unterDruck. (Zu dpa: «Richter-Ernennung: SPD bringt Untersuchungsausschuss ins Spiel») (zu dpa: «OVG gibt grünes Licht für Limbach-Kandidatin») Foto: David Young/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Benjamin Limbach (Bündnis 90/Die Grünen), Justizminister von Nordrhein-Westfalen, geriet durch die Besetzungsaffäre in Bedrängnis.

Der Justizminister war durch das Besetzungsverfahren für den höchsten Verwaltungsrichterposten in NRW in Kritik geraten.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster am Freitag lässt Justizminister Benjamin Limbach entspannter in die Zukunft blicken. In der Besetzungsaffäre um das OVG-Präsidentenamt hat der 1. Senat zu Gunsten des Grünen-Politikers entschieden. Demnach soll die Favoritin Limbachs, eine Ministerialdirigentin aus dem Innenministerium, den Spitzenposten erhalten. Im Gegensatz zur unteren Instanz erhoben die Richter keine Einwände gegen die Auswahl.

Während die Verwaltungsgerichte in Düsseldorf und Münster den Klagen zweier Mitbewerber stattgegeben und das Besetzungsverfahren gestoppt hatten, geht das OVG in letzter Instanz von einer rechtmäßigen Kandidatenkür aus. Obschon es sich um eine Nachzüglerin und eine Duz-Bekannte des Justizministers handelte, geht der Senat davon aus, „dass die Auswahlentscheidung zu Gunsten“ der Ministerialdirigentin, den „aus dem Grundgesetz folgenden, sogenannten Bewerbungsverfahrensanspruch“ der Konkurrenz nicht verletze.

Auch für den Vorwurf des Verwaltungsgerichts Münster, der Justizminister habe das Auswahlverfahren manipulativ gestaltet, gebe es „keine belastbaren Anhaltspunkte“. Zudem hatten die Richter nichts an den Beurteilungen der vier Kandidaten zu bemängeln, aus der die Ministerialdirigentin mit der Bestnote hervorging.

Schwarz-grün zeigt sich erleichtert

Der OVG-Beschluss wirkt für den Justizminister wie ein Befreiungsschlag. Monatelang hatte die Landtagsopposition Limbach schwer zu gesetzt. Von Vetternwirtschaft zu Gunsten einer Freundin aus früheren Bonner Juristenzeiten war die Rede. So soll Limbach zwei Mitbewerbern bei Treffen nahegelegt haben, ihre Kandidatur zurückzunehmen - Vorwürfe, die der Minister stets bestritten hat.

Dann wurde bekannt, dass auch der Chef der Staatskanzlei Nathanael Liminski (CDU) mit der Ministerialdirigentin und einem Konkurrenten vertrauliche Gespräche geführt hatte. Schon witterten SPD und FDP, dass die OVG-Favoritin durch die Spitze der Landesregierung protegiert wurde. Je mehr neue Details zum Kandidatenrennen publik wurden, desto heftiger wackelte der Stuhl des Grünen-Justizministers. Zumal er auch in der Cum-Ex-Affäre um den größten Steuerraub der deutschen Nachkriegsgeschichte eine fragwürdige Figur abgegeben hatte. Der OVG-Senat hingegen urteilte ganz im Sinne Limbachs. So seien informelle Gespräche mit den Bewerbern während des Auswahlverfahrens durchaus üblich.

Die schwarz-grüne Koalition zeigte sich erleichtert: „Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts bestätigt, dass die bestens geeignete Kandidatin in einem fairen Verfahren ausgewählt wurde. SPD und FDP sind mit ihren Unterstellungen vor die Wand gefahren“, sagte der Vizevorsitzende im Rechtsauschuss Jörg Geerlings (CDU). Dagmar Hanses, rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, erklärte: „Justizminister Benjamin Limbach hat sich im Verfahren zur Besetzung der vakanten Präsidentenstelle am Oberverwaltungsgericht richtig verhalten, daran lässt der Beschluss keine Zweifel.“

Opposition hält an Kritik an Limbach fest

Die Opposition widersprach. Elisabeth Müller-Witt, rechtspolitische Sprecherin der SPD, warf dem Justizminister vor, dass „durch ständige Widersprüche, persönliche Gespräche und scheibchenweise Informationen an den Landtag, das gesamte Besetzungsverfahren in ein schlechtes Licht geraten ist.“ Hier sei viel Porzellan zerschlagen worden. Aus Sicht des FDP-Abgeordneten Werner Pfeil sind die „Bedenken bezüglich der Fairness und Transparenz des Verfahrens durch das heutige Urteil nicht ausgeräumt worden.“ NRW-Justizminister Limbach habe durch seine Fehlkommunikation und sein wankelmütiges Informationsverhalten gegenüber dem Parlament Chaos verursacht und große Fragezeichen hinterlassen.

Limbach punktet unterdessen allerorten: So will der Grünen-Politiker nach anfänglichem Zögern den Ampel-Beschluss der Bundesregierung zur Einführung des Cannabis-Freigabe-Gesetz im Bundesrat torpedieren. Im Gegensatz zu seinen grünen Parteifreunden in Berlin sieht der Verwaltungsrechtler große Probleme auf die NRW-Justiz zukommen, würde das Gesetz am 1. April in Kraft treten. Zehntausende Fallakten müsste die Staatsanwaltschaft überprüfen, um festzustellen, ob die Täter unter die Besitzgrenze von 25-Gramm fallen und ihnen die Strafe rückwirkend erlassen wird oder nicht.

Limbach warnte: „Die verbleibende Zeit von nur fünf Wochen reicht nicht annähernd aus, damit die Staatsanwaltschaften und Gerichte in Nordrhein-Westfalen die Regelungen zum rückwirkenden Straferlass fristgerecht umsetzen können.“ Deshalb plädiert er dafür, das neue Gesetz erst im Herbst zu installieren.

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