NRW-Städtetag warntUkraine-Flüchtlinge nicht in Turnhallen unterbringen

Lesezeit 3 Minuten
Fluechtlinge-D

Täglich kommen ukrainische Flüchtlinge am Kölner Hauptbahnhof an.

Düsseldorf – Der Städtetag in NRW fordert eine zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge aus der Ukraine. „Wir brauchen eine zentrale Erfassung und Unterbringung, so wie seinerzeit die Aufnahmeeinrichtung Unna-Massen Zuwanderern in den ersten Monaten nach ihrer Ankunft Orientierung bot“, sagte Thomas Kufen, Vorsitzender des Städtetags NRW, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Neu Kufen

Thomas Kufen (CDU).

In Unna-Massen war 1951 eine Aufnahmeeinrichtung eröffnet worden, die auf die Bedürfnisse der Kriegsflüchtlinge aus Osteuropa zugeschnitten gewesen sei und bei der Erledigung von Formalitäten geholfen habe. „Über ein solches Modell sollten Bund und Länder auch bei der künftigen Aufnahme von Geflüchteten nachdenken“, so der CDU-Politiker.

Am Dienstag wollen Bund, Länder und Kommunen bei einem Flüchtlingsgipfel beim Bundesinnenministerium über den Umgang mit Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine Schutz suchen, beraten. Experten gehen davon aus, dass die Zahl der Schutzsuchenden nach dem Beschuss ziviler Ziele in der Ukraine weiter zunehmen wird. „Schon jetzt liegen die Flüchtlingszahlen in den großen NRW-Städten auf dem Niveau des Krisenjahrs 2015. Die Unterbringungskapazitäten reichen für neuankommende Flüchtlinge nicht mehr aus“, sagte Kufen.

Massen

Unterkunft Unna-Massen

Seit Ende Februar sind rund eine Million Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland registriert worden. Die kommunalen Unterkünfte seine in vielen Städten voll belegt , sagte Kufen. „Wir dürfen jetzt nicht die gleichen Fehler machen wie 2015. Damals sind wir nur auf Sicht gefahren, und genau in diese Falle drohen wir jetzt wieder zu tappen. Es wäre fatal, wenn die Bundesregierung aus den Fehlern der Vergangenheit jetzt nicht die politischen Schlussfolgerungen ziehen würde“, warnte der Oberbürgermeister von Essen.

Neuer Inhalt

Viele Informationen für Geflüchtete müssen übersetzt werden. (Symbolbild)

Entscheidungen, die unter Druck und kurzfristig getroffen werden, zögen oft höhere Folgekosten nach sich. „So waren manche Turnhallen, die 2015/2016 für wenige Monate als Notunterkunft dienten, oft länger als ein Jahr nicht mehr nutzbar, weil sie aufwendig saniert werden mussten“, erklärte Kufen. Viele Vereine wollten gerade nach Corona ihre Hallen deshalb nicht mehr zur Verfügung stellen.

Ländlicher Raum soll mehr Geflüchtete aufnehmen

Nötig sei nun vor allem eine klare Steuerung und Verteilung der neuankommenden Menschen durch den Bund. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) müsse ein Konzept für eine gerechtere Verteilung durch den Bund auf die Länder vorlegen. Städte, die schon jetzt viele Ukrainer aufgenommen haben, müssten bei der Zuweisung von Geflüchteten aus anderen Herkunftsländern wie Syrien, Afghanistan und der Türkei entlastet werden, sagte Kufen. Von einer gerechteren Verteilung würden auch die Geflüchteten profitieren. „Im ländlichen Raum ist die Versorgung mit Wohnraum, Schul- und Kitaplätzen meist noch deutlich entspannter als in den Großstädten. Aber wer aus der Ukraine kommt, steuert in der Regel Städte an, die bekannt sind aufgrund eines populären Fußballvereins, wie zum Beispiel Köln oder Dortmund“, sagte der Vorsitzende des NRW-Städtetags.

Das könnte Sie auch interessieren:

Kufen forderte die Bunderegierung auf, dem Flüchtlingsthema eine größere Beachtung zukommen zu lassen. Anderenfalls riskiere sie einen enormen Vertrauensverlust. „Wenn das Gefühl sich breitmacht, dass die Kommunen im Stich gelassen werden, spielt das Extremisten in die Hände,“ sagte Kufen. Ein Flüchtlingsgipfel bei der Innenministerin könne  nur der erste Schritt sein.

„Letztlich ist der Bundeskanzler gefragt. Denn alle wichtigen Akteure und Entscheider müssen an einen Tisch – also auch das Auswärtige Amt oder die Integrations- und Sozialminister“, so Kufen. Wer vor Krieg und Verfolgung fliehe, brauche „mehr als nur ein Dach über dem Kopf“.

NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) erklärte, der Bund müsse angesichts der herausfordernden Gesamtsituation seine koordinierende Aufgabe wahrnehmen. Neben den Ländern bräuchten insbesondere die Kommunen weitere finanzielle Unterstützung: „Denn sie sind es, die die Unterbringung der Menschen vor Ort umsetzen und vor besonderen Herausforderungen stehen“, sagte Paul unserer Zeitung.

KStA abonnieren