Äußerung zur AsylreformScholz nach Witz über deutschen Mittelmeerstrand in der Kritik

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Olaf Scholz, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, zitierte am 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag angegeben, einen von ihm gemachten „Witz“ – und steht deswegen nun in der Kritik.

Olaf Scholz, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, zitierte am 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag angegeben, einen von ihm gemachten „Witz“ – und steht deswegen nun in der Kritik.

Sea-Watch und mehrere Oppositionsparteien werfen dem Kanzler vor, er habe sich über das Leid von Menschen in Not lustig gemacht. 

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist mit einer Äußerung zum Thema Asyl in die Kritik geraten, die er selbst als Witz klassifiziert hat und worüber sich andere wiederum empören.

Auf dem Evangelischen Kirchentag in Nürnberg hatte er im Zusammenhang mit dem nicht unumstrittenen aktuellen Asylkompromiss der EU auf die Frage geantwortet, was dieser noch mit dem humanitären Versprechen und den Ansprüchen der EU zu tun habe.

Olaf Scholz äußert sich zu Asylkompromiss der EU – Kritik von Sea-Watch

Olaf Scholz verteidigte die geplante Reform der europäischen Asylregeln. Es müsse aufhören, dass Länder mit dem Finger auf andere zeigten und sich nicht zuständig fühlten. „Deshalb ist die Verabredung, dass wir einen Solidaritätsmechanismus etablieren“, sagte Scholz.

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Scholz hatte zunächst erklärt, dass Deutschland zwar ein Land ohne EU-Außengrenze sei, trotzdem aber die meisten Asylantragsteller habe. Der größte Teil davon sei zuvor nicht in anderen EU-Ländern registriert worden.

Dann folgten am Samstag die Worte, die nun für Kritik sorgen „Ich habe schon den Witz gemacht beim Europäischen Rat: Deutschland muss einen großen Strand am Mittelmeer haben. Denn tatsächlich kommen mehr Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa kommen, in Deutschland an als in den Mittelmeer-Anrainer-Ländern im Einzelnen“, so der SPD-Politiker.

Die Seenotrettungs-Organisation Sea-Watch kritisierte das: Mehr als 1150 Tote habe es allein 2023 bislang gegeben - und das Einzige, was dem Kanzler einfalle, sei ein „schlechter Witz“, hieß es auf Twitter. „Wer darüber lachen kann, sollte keinen Staat regieren.“

Kritik an Olaf Scholz von Linken und CDU

Kritik kam auch vom stellvertretenden Linken-Chef Lorenz Gösta Beutin. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer schrieb: „Über das Leid von Menschen sollte sich erst recht ein Bundeskanzler nicht lustig machen.“ Die SPD-Influencerin Lilly Blaudszun, Mitglied des Kirchentags-Präsidiums, twitterte: „So sollte ein sozialdemokratischer Bundeskanzler niemals über Menschen sprechen.“

Weniger kritisch urteilte Politikwissenschaftler Carlo Masala über die Aussage des Bundeskanzlers. Er habe sich den in den sozialen Netzwerken verbreiteten Ausschnitt zu der Aussage „fünf mal angesehen und - not sorry - kann da noch immer keinen menschenverachtenden „Witz“ raushören. Ich denke, er meint die Verteilung“, so Masala. 

Reform für härteren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive

Die EU-Innenminister hatten am Donnerstag in Luxemburg mehrheitlich für eine umfassende Reform gestimmt. So sollen zum Beispiel ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern nach dem Grenzübertritt in haftähnlich kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort soll innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob ein Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.

Die rot-grün-gelbe Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen dafür eingesetzt, dass Familien mit Kindern von den sogenannten Grenzverfahren ausgenommen werden. Um den Durchbruch zu ermöglichen, musste sie letztlich akzeptieren, dass dies doch möglich war. Denkbar ist aber, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt.

Olaf Scholz und Nancy Faeser verteidigen umfassende Asyl-Reform

Scholz sagte, es müsse „endlich, endlich“ ein solidarisches System der Verteilung von Flüchtlingen in Europa etabliert werden. Er versprach zügigere Asylverfahren und mehr Digitalisierung bei den Abläufen. Man müsse es „fertigbringen“, jemanden zurückzuschicken, der nicht in Europa bleiben könne.

Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern, verteidigte in der „Bild am Sonntag“ die Pläne ebenfalls: „Wir schützen weiterhin die Menschen, die aus furchtbaren Kriegen, vor Folter und Mord zu uns fliehen. Aber diese Verantwortung verteilt sich künftig auf mehr Schultern. Das wird auch zu einer Entlastung Deutschlands führen.“

Nancy Faeser rechnet nach Reform mit sinkenden Flüchtlingszahlen

Die Ministerin sprach sich allerdings für nachträgliche Änderungen aus: „Wir wollen jetzt zusammen mit dem Europäischen Parlament in den weiteren Verhandlungen dafür sorgen, dass Familien mit Kindern nicht ihr Asylverfahren an den Außengrenzen durchlaufen müssen, sondern gleich in die EU einreisen können.“

Faeser rechnet nach der Reform mit sinkenden Flüchtlingszahlen in Deutschland. Unionspolitiker fordern von der Bundesregierung zügig auch eigene Maßnahmen gegen illegale Migration, bevor die neuen Regeln auf EU-Ebene in Kraft treten. (pst/dpa)

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