Einfluss von „Putins Koch“Wagner-Chef drängte Putin persönlich zu härteren Schlägen

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Putin Militär AP 251022

Wladimir Putin bei einem Truppenbesuch (Archivbild)

Washington/Moskau – Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin, auch bekannt als „Putins Koch“, hat sich kürzlich beim russischen Präsidenten Wladimir Putin über das Vorgehen des russischen Militärs im Krieg gegen die Ukraine persönlich beschwert. Das berichtet die „Washington Post“ unter Bezugnahme auf zwei mit der Angelegenheit vertraute US-Beamte.

Prigoschins Kritik spiegele wider, was er seit Wochen öffentlich gesagt habe, sagten die anonymen Beamten demnach. Dass der Wagner-Chef sich traue, Putin in einem privaten Rahmen eine so scharfe Kritik an den russischen Militäraktionen mitzuteilen, zeige allerdings, wie sein Einfluss gewachsen sei.

Die „Washington Post“ hatte zuvor bereits berichtet, dass ein russischer Insider Putin persönlich konfrontiert hat, um auf das Missmanagement bei den russischen Truppen hinzuweisen, ohne jedoch den Namen dieser Person zu nennen.

„Putins Koch“: Prigoschin agierte jahrelang im Schatten

Prigoschin agierte jahrelang im Schatten und leugnete Verbindungen zu Russlands berüchtigter Söldnergruppe „Wagner“ und einer berüchtigten St. Petersburger Internet-Trollfabrik, die er laut US-Behörden finanziert haben soll. Zwischenzeitlich verdiente er sich den Spitznamen „Putins Koch“, da ihm ein St. Petersburger Restaurant gehörte, in dem Putin einst gerne verkehrte.

In den letzten Wochen hatte Prigoschin dann jedoch erstmals seine Führungsrolle bei Wagner eingeräumt und die russische Militärführung öffentlich für ihre „Fehler“ im Krieg gegen die Ukraine angeprangert.

Prigoschin imago 251022

Jewgeni Prigoschin trägt den Spitznamen „Putins Koch“

Laut eines Berichts des US-Geheimdienstes habe Prigoschin nun erneut seine Befürchtung geäußert, dass sich das russische Verteidigungsministerium zu sehr auf „Wagner“ verlasse, der Söldnergruppe aber nicht genügend Geld zur Verfügung stelle – diesmal jedoch im persönlichen Gespräch mit Putin. So wolle Prigoschin Experten zufolge den Druck auf den Kreml erhöhen.

„Prigoschins Entscheidung, Putin zu konfrontieren, ist nur das jüngste Zeichen seiner Unzufriedenheit“, zitiert die US-Zeitung einen Informanten. Der „Wagner“-Chef selbst bestritt in einer Stellungnahme ein persönliches Treffen mit Putin.

Söldnergruppe „Wagner“ beim Krieg gegen die Ukraine im Einsatz

Er habe „weder in letzter Zeit“ persönlich mit Wladimir Putin kommuniziert, noch habe er das in „absehbarer Zukunft“ vor, teilte der Wagner-Chef mit und garnierte seine Auskunft mit Beleidigungen gegen den US-Journalismus, wie die US-Zeitung berichtet. Auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow lehnte es demnach ab, sich zu der Interaktion zwischen Prigoschin und Putin zu äußern.

Die paramilitärische Gruppe „Wagner“, die sich aus kampferprobten Veteranen zusammensetzt, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden und die außerhalb der offiziellen russischen Militärstruktur operiert, ist beim völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine im Einsatz. Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin spielt die Truppe und ihr Chef offenbar eine wichtige Rolle.

Einfluss von Prigoschin auf Putin wächst: „In den letzten Monaten ist er wirklich aufgestiegen“

„In den letzten Monaten ist er wirklich aufgestiegen“, erklärt Marlene Laruelle, Direktorin des Instituts für europäische, russische und eurasische Studien an der George Washington University. „Der Krieg hat ihm die Möglichkeit gegeben, mehr als je zuvor Zugang zu Putin zu bekommen“.

Auch die härteren Schläge, die es in den letzten Wochen wieder vermehrt durch das russische Militär gegeben habe, wie die Raketenangriffe auf Kiew und andere Großstädte, seien im Zusammenhang des Treffens zwischen Putin und Prigoschin zu betrachten, heißt es. Hardliner wie der Wagner-Chef hätten Putin zur Taktik der „verbrannten Erde“ gedrängt.

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Auch die Teilmobilmachung, die Putin zuvor befohlen hatte, könnte auf Anraten seines „Kochs“ geschehen sein. „Diejenigen, die nicht wollen, dass Söldner oder Gefangene kämpfen, denen dieses Thema nicht gefällt, sollen ihre Kinder an die Front schicken“, hatte Prigoschin eine Woche vor der Mobilmachung öffentlich gesagt. „Entweder sie oder Ihre Kinder, entscheiden Sie selbst.“ Wenig später verkündete Putin dann die Mobilmachung.

Der Einfluss Prigoschins, der einst mal als Hot-Dog-Verkäufer in St. Petersburg arbeitete und wegen Raubüberfällen und anderen Straftaten bereits neun Jahre im Gefängnis verbrachte, scheint sich während des Kriegs gegen die Ukraine also ausgedehnt zu haben. Putin glaube, „dass er immer noch gewinnen kann, und deshalb setzt er alles daran, die Situation zu verbessern“, erklärte Fiona Hill. Die ehemalige leitende Beamtin im Weißen Haus, die sich mit russischen und eurasischen Angelegenheiten befasst, vermutet, dass Putin sich deshalb nun vermehrt auf den Rat seines „Kochs“ verlasse.

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