Kritik an „rotbrauner Prägung“Wagenknecht will mit Putin kooperieren – und AfD-Wähler gewinnen

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Sahra Wagenknecht bei einem Interview. Die frühere Linken-Fraktionschefin Wagenknecht hat die Partei Die Linke verlassen und will 2024 ihre eigene Partei gründen.

Sahra Wagenknecht bei einem Interview. Die frühere Linken-Fraktionschefin Wagenknecht hat die Partei Die Linke verlassen und will 2024 ihre eigene Partei gründen.

„Als rohstoffarmes Land profitieren wir davon“, erklärt Sahra Wagenknecht. Die Linke übt Kritik an der „rückgratlosen“ Ex-Genossin.

Die frühere Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht will für ihr neues Bündnis gezielt um Wählerinnen und Wähler der AfD werben. „Ich wünsche mir, dass wir viele Wähler, die aus Protest für die AfD gestimmt haben, davon überzeugen können, dass unsere Antworten und Konzepte seriöser sind“, sagte sie den Funke-Zeitungen vom Samstag. Zugleich betonte sie, keine Rechtsextremisten in ihr Bündnis aufnehmen zu wollen.

„Mit Blick auf die Mitglieder werden wir sehr genau hinschauen, wer zu uns kommt. Rechtsextremisten werden definitiv keinen Zugang haben“, sagte die frühere Fraktionsvorsitzende der Linken.

Sahra Wagenknecht will AfD-Wähler für sich gewinnen

Wagenknecht wandte sich gegen die Behauptung von AfD-Chef Tino Chrupalla, inhaltlich sei ihr Bündnis „fast eins zu eins AfD“. In wirtschaftlichen und sozialen Fragen vertrete die AfD „ziemlich marktradikale Positionen“, grenzte Wagenknecht sich ab. Sie habe es schon vor Jahren für einen Fehler gehalten, der AfD das Thema Migration zu überlassen, fügte sie hinzu.

Wagenknecht bestritt mit Blick auf das von ihr gegründete neue Bündnis, dass dieses mit dem Kreml sympathisiere. „Selbstverständlich gründe ich keine Pro-Putin-Partei“, sagte sie und stellte klar: „Der Verein und die Partei nehmen keine Spenden aus dem Nicht-EU-Ausland an, das ist uns nach dem Parteiengesetz auch nicht erlaubt.“ Wagenknecht betonte: „Wir sind nicht käuflich, von niemandem.“

Sahra Wagenknecht spricht sich für Kooperation mit Russland aus

Die Bundestagsabgeordnete, die gemeinsam mit neun weiteren Parlamentariern im Oktober ihren Austritt aus der Linken verkündet hatte, sprach sich zugleich für eine wirtschaftliche und sicherheitspolitische Kooperation mit Russland aus: „Als rohstoffarmes Land profitieren wir davon. Und Russland ist eine Atommacht.“ Sicherheit in Europa gebe es nur, „wenn Konflikte mit Russland diplomatisch gelöst werden“, erklärte Wagenknecht.

Sie betonte, dass sie „selbstverständlich“ den Krieg in der Ukraine verurteile. „Ich glaube allerdings nicht, dass wir ihn beenden, wenn wir kein Gas mehr kaufen und immer mehr Waffen liefern“, fügte sie hinzu.

Wagenknecht und Co. wollen Verhandlungen – Putin aber nicht

Wagenknecht hatte Ende Oktober angekündigt, im Januar eine neue Partei zu gründen. Gemeinsam mit neun weiteren Abgeordneten erklärte sie dabei den Austritt aus der Linken. Die neue Partei soll aus dem bereits gegründeten Verein „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) hervorgehen. Den Vorsitz wolle sie nicht selbst übernehmen, erklärte Wagenknecht nun. Die Partei solle eine Doppelspitze bekommen – Amira Mohamed Ali könnte ein Teil davon werden.

Die ehemalige Linken-Politikerin fordert wie Wagenknecht immer wieder Verhandlungen mit Russland, hat aber ebenso wie ihre Mitstreiterin nie konkret erklärt, wie die Gespräche aussehen sollen. Der Kreml hat zuletzt mehrfach klargestellt, dass Gespräche nur infrage kommen, wenn die russischen Kriegsziele erreicht werden, also die Zerstörung der Ukraine. Wagenknecht und ihren Mitstreitern wird seit Kriegsbeginn immer wieder vorgeworfen, die Ukraine opfern zu wollen. 

Oskar Lafontaine unterstützt Sahra Wagenknecht: „Als Ehemann bin ich aber nicht begeistert davon“

Unterstützung erhält Wagenknecht für die Parteigründung unterdessen von ihrem Ehemann Oskar Lafontaine. Der ehemalige SPD- und Linken-Politiker sagte über die Parteigründung Wagenknechts: „Politisch unterstütze ich die Entscheidung meiner Frau natürlich. Als Ehemann bin ich aber nicht begeistert davon.“ Politische Arbeit sei „unglaublich anstrengend und zeitraubend“, der Aufbau einer neuen Partei umso mehr.

Kritik an Wagenknecht und ihren Mitstreitern gab es unterdessen von der Linken: „Es ist eine marginale Abspaltung von Abgeordneten, meist im Spätherbst ihrer Karriere“, erklärte der Noch-Vorsitzende der Linksfraktion Dietmar Bartsch beim Parteitag der Linken in Augsburg.

Irritationen im Ausland über Wagenknecht-Partei: „Rotbraune Prägung“

Die Auflösung der Faktion sei eine „gewaltige Niederlage“, räumte Bartsch ein. Das Verhalten von Wagenknecht und ihren Unterstützern innerhalb der Linken sei „rückgratlos“ gewesen, so Bartsch. 

Die Abspaltung von Wagenknecht und die damit verbundene Parteineugründung sorgt unterdessen auch im europäischen Ausland für Irritationen. So schrieb die italienische Zeitung „La Repubblica“ über die neue Wagenknecht-Partei, sie formiere sich mit „rotbrauner Prägung“ und übernehme „schamlos das Vokabular und die Formeln der extremen Rechten“. (das/afp/dpa)

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