Hartmann im Interview„NRW hat gute Voraussetzungen, Technologieführer zu werden“

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Hartmann Sebastian

Sebastian Hartmann

  • Sebastian Hartmann fordert im Interview Investitionen in einen Gesellschaftswandel.
  • Der Vorsitzende der SPD in Nordrhein-Westfalen bezieht auch Stellung zu Laschets Chancen auf Berlin.

Olaf Scholz kürte man im Hinterzimmer zum Kanzlerkandidaten. Wie finden Sie das?

Sebastian Hartmann: Die Partei hat ein Zeichen der Stärke und der Einheit gesendet. Nachdem die Parteivorsitzenden erklärt hatten, dass sie selbst nicht kandidieren wollten, war klar, dass sich die Zahl der Kandidierenden verknappt. Die Vorsitzenden haben ein gutes Verfahren gefunden. Vizekanzler Olaf Scholz ist ein starker, überzeugender Kandidat. Ist das ein Vorbild für die Auswahl des Spitzenkandidaten für die NRW-Wahl?

Wenn es mehrere Bewerber gibt, werden wir die Mitglieder beteiligen. Dann wollen wir vor Ort und digital Diskussionen ermöglichen. Jeder muss eine faire Chance bekommen.

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Wollen Sie selbst Spitzenkandidat werden?

Es ist jetzt nicht der Zeitpunkt für solche Debatten. Unser Fokus liegt darauf, dass wir die Kommunalwahl gewinnen wollen. In der Frage der Spitzenkandidatur werden wir auch in NRW geschlossen vorgehen.

Der Landesvorsitzende ist geborener Spitzenkandidat ...

Das ist so.

Der Fraktionsvorsitzende auch ...

Das scheint so.

Wäre es für Sie gut, wenn Laschet nach Berlin wechselte?

Nein. Die SPD muss aus eigener Stärke gewinnen. Wir sind inhaltlich gut aufgestellt, egal wie die Union agiert.

Welche Angriffsfläche böte ein Kandidat Wüst?

Dass die Bürger in NRW im Stau jeden Tag ins Lenkrad beißen müssen. Wir werden die Union an den Versprechen messen, die sie im Wahlkampf 2017 abgegeben hat. Dabei wird sich zeigen, dass das Land nicht vorangekommen ist. Die Probleme sind immer noch da. Beim Thema Wohnen hat sich die Lage verschlechtert.

Das ist ja auch ein großes Thema für die SPD. Gibt es eine Trendwende für die SPD?

In NRW fehlen 80 000 Wohnungen. Polizisten können es sich oft nicht leisten, in der Stadt zu leben, in der sie für Sicherheit sorgen. Selbst für Familien mit zwei Einkommen bleibt der Erwerb von Eigentum oft nur ein Traum. Gleichzeitig hat Schwarz-Gelb den Mieterschutz zurückgefahren. Das ist eine gute Grundlage für Bessermacher. Ich sehe die SPD gut aufgestellt.

Kann man trotz Corona mit sozialen Themen punkten?

Corona ist ein Brandbeschleuniger. Das sieht man bei den Kaufhäusern, denen der Onlinehandel die Luft abdrückt. NRW war immer stark darin, den Wandel zu gestalten. Wir müssen jetzt langfristig und dauerhaft Mittel in die Transformation der Gesellschaft investieren, um Wachstum und Beschäftigung zu sichern. Die Bereitschaft dafür und die Konzepte sehe ich nur bei der SPD. Wir müssen mutig sein. Wir brauchen einen Jetzt-erst-recht-Moment.

Wie meinen Sie das?

Jetzt erst recht Investitionen tätigen. Jetzt erst recht Arbeitsplätze erhalten. Jetzt erst recht Kurzarbeitergeld verlängern. Jetzt erst recht für qualifizierte Arbeitsplätze kämpfen. Und jetzt erst recht die Wirtschaft bei der Transformation unterstützen, zum Beispiel bei der Umrüstung von Stahlwerken auf Wasserstoff. NRW hat gute Voraussetzungen, Industriestandort zu bleiben und Technologieführer zu werden. Aber unser Wirtschaftsmodell darf nicht länger darauf basieren, dass es anderen Ländern schlechter geht als uns.

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