Scholz unbeeindrucktSommer-Pressekonferenz des Kanzlers: Weiße Salbe für Deutschland

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht auf der Sommer-Pressekonferenz im Haus der Bundespressekonferenz. Kurz vor seinem Urlaub stellt sich der Kanzler für etwa 90 Minuten den Fragen der Hauptstadtjournalisten.



Bald fährt der Kanzler Olaf Scholz in den Urlaub.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht auf der Sommer-Pressekonferenz im Haus der Bundespressekonferenz.

Mag sein, dass sich der Kanzler hinter den Türen des Kanzleramts Sorgen um Deutschland macht. Öffentlich lässt er sich nicht in die Karten schauen und negiert auch offensichtliche Probleme.

Olaf Scholz war zur traditionellen Sommer-Pressekonferenz gekommen und hatte eine große Tube weiße Salbe mitgebracht. Heizungstausch? Man muss auch mal Fünf gerade sein lassen können. AfD? Wird bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr bekommen als bei der vergangenen. Die Integrationsfrage? Wird schon.

Mag sein, dass Scholz sich hinter den verschlossenen Türen des Kanzleramts Sorgen macht um die Lage der Nation, die Inflation, die steigenden Werte für die AfD und die Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland. In der Öffentlichkeit lässt er davon kaum etwas durchscheinen. Da zeichnet er die Lage auf eine Art und Weise positiv, die mit der Stimmung im Land wenig zu tun hat.

Scholz mit schwierigem Stand auf internationalen Parkett

Auf internationalem Parkett ist Scholz Bilanz durchwachsen. Innerhalb der westlichen Allianz für die Ukraine hat sich Deutschland unter seiner Führung vom Zauderer zu den Hauptunterstützern nach vorne gearbeitet. Dabei behielt und behält der Kanzler immer sorgsam im Auge, dass der Krieg nicht auf Nato- oder EU-Staaten überspringen dürfe. Dieses Vorgehen hat sich Scholz in seiner Sommer PK nun zu Recht als „inzwischen Mainstream“ ans Revers geheftet.

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Scholz hat zudem erkannt, dass sich der Westen auch um die Brics-Staaten und dass sich die EU um den Westbalkan bemühen muss, um Russlands Einflusssphären zu begrenzen. Dies hat er auch vorangetrieben. Für den inneren Zusammenhalt und die Schlagkraft der EU konnte er allerdings bisher nur wenig beisteuern. An den nicht abreißenden Beteuerungen, wie gut sein Verhältnis zu Frankreichs Präsident Macron sei, lässt sich ablesen, wie schlecht es in Wirklichkeit ist.

Weitere Krisen drohen in den nächsten zwei Regierungsjahren

Als Krisenmanager hat der Kanzler funktioniert. Schön war es nie in den vergangenen anderthalb Jahren, der Ampel beim Regieren zuzuschauen. Wenn man aber nur die Ergebnisse betrachtet: Dann ist Deutschland trotz seiner einst enormen Energieabhängigkeit von Russland gut durch den Heiz-Winter gekommen. Beim Bau der LNG-Terminals hat das Land gezeigt, dass es auch schnell und effektiv kann. In der Migrationsfrage hat die Regierung eine Wende eingeleitet: Über Asyl soll künftig an den EU-Außengrenzen entschieden werden, während die kontrollierte Zuwanderung von Fachkräften leichter werden soll.

Olaf Scholz (vl, SPD), Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, halten den Bericht mit dem Vorschlag der Unabhängigen Kommission für Erdgas und Wärme in den Händen. Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hat einen «Abwehrschirm» angekündigt, um Verbraucher und Unternehmen wegen der steigenden Energiepreise zu unterstützen. Über eine Gaspreisbremse sollen mindestens für einen Teil des Verbrauchs die Preise so gedeckelt werden, dass private Haushalte und Firmen nicht überfordert sind. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission soll Empfehlungen für die Ausgestaltung der Preisbremse vorlegen.

Olaf Scholz (vl, SPD), Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und Christian Lindner (FDP), stellen die Gaspreisbremse vor.

Die große Hypothek für die nächsten zwei Regierungsjahre liegt in den inneren Konflikten der Ampelkoalition. SPD, Grüne und Liberale stehen desillusioniert, zerstritten und ratlos da. Einer Regierung, die sich selbst nicht traut, der trauen auch die Menschen nichts mehr zu. Nun haben Grüne und Liberale einen erheblichen Anteil am schlechten Zustand des Bündnisses. Aber der Fisch stinkt nun einmal vom Kopf. Um es mit einem Begriff des Kanzlers auszudrücken: Scholz fehlt der Wumms, dieses schwierige Bündnis in Krisenzeiten zusammenzuhalten. Die Fliehkräfte haben das Kommando übernommen. Scholz muss es sich zurückholen. (rnd)

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