Während Putin gerne über seine Friedensbereitschaft spricht, schlagen US-Geheimdienste Alarm. Auch aus der Ukraine kommen Warnungen.
Brisante Erkenntnisse„Teile Europas erobern“ – US-Geheimdienste warnen vor Putins wahren Plänen

Russlands Machthaber Wladimir Putin. Laut US-Geheimdienstberichten plant Moskau weitere Eroberungen in Europa. (Archivbild)
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US-Präsident Donald Trump sagt es – und Kremlchef Wladimir Putin ebenso: Russland wolle Frieden, das behaupten die beiden Staatschefs immer wieder gern. Doch offenbar glauben nicht einmal amerikanische Geheimdienste diese Erzählung, wie Analysen nahelegen, über die Reuters nun berichtet. Die US-Geheimdienste warnen demnach davor, dass Putin falsche Angaben zu seinen wahren Motiven macht.
Der Kremlchef beabsichtige weiterhin, die gesamte Ukraine und die „Teile Europas“ zurückzuerobern, die früher Teil der Sowjetunion waren, heißt es nun in einem Bericht der Nachrichtenagentur, der sich auf die Angaben von sechs „mit den US-Geheimdiensten vertraute Quellen“ stützt.
US-Geheimdienste widersprechen Trump: „Ein völlig anderes Bild“
„Die Berichte zeichnen ein völlig anderes Bild als das von US-Präsident Donald Trump und seinen Ukraine-Friedensverhandlern, die erklärt haben, Putin wolle den Konflikt beenden“, schreibt Reuters weiter über die Inhalte der Geheimdienstanalysen.
Ebenso stünden die Erkenntnisse im direkten Widerspruch zu den Beteuerungen Putins, dass Russland keine Bedrohung für Europa sei, hieß es weiter. Ähnliche Versprechen hatte der Kremlchef auch noch kurz vor dem Angriff auf die Ukraine abgegeben – und die Invasion dann dennoch befohlen.
„Die Erkenntnisse deuten seit jeher darauf hin, dass Putin mehr will“
Die jetzt bekannt gewordenen Einschätzungen der US-Geheimdienste stimmen weitgehend mit den Ansichten europäischer Staats- und Regierungschefs sowie Nachrichtendienste überein. Auch europäische Geheimdienste gehen weiterhin davon aus, dass Putin die gesamte Ukraine und Gebiete ehemaliger Sowjetblockstaaten, einschließlich der dazugehörigen Nato-Länder etwa im Baltikum, ins Visier genommen hat.
„Die Geheimdiensterkenntnisse deuten seit jeher darauf hin, dass Putin mehr will“, sagte nun auch Mike Quigley, demokratisches Mitglied des Geheimdienstausschusses des US-Repräsentantenhauses, gegenüber Reuters. „Die Europäer sind davon überzeugt. Die Polen sind absolut davon überzeugt. Die baltischen Staaten glauben, sie seien die Ersten.“
Putin spricht über „Neurussland“ – auch Odessa im Visier?
Offiziell beansprucht Moskau derzeit die ukrainische Krim-Halbinsel sowie die Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson. Immer wieder kommen aus Russland jedoch auch Indizien dafür, dass der Kreml auch die Regionen Mykolajiw und Odessa ins Auge gefasst hat.

Der russische Präsident Wladimir Putin während seiner jährlichen Pressekonferenz und Anrufsendung am Gostinny Dvor in Moskau. (Archivbild)
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Odessa sei eine „russische Stadt“ hatte Putin etwa bereits 2023 betont. Zuletzt sprach der Kremlchef zudem von „Noworossija“, das befreit werden müsse. Historisch ist unter dem Begriff „Neurussland“ auch die Region Odessa gemeint gewesen.
Weißes Haus sieht „enorme Fortschritte“
Auch über die Ukraine hinaus gibt es immer wieder Hinweise, die auf eine imperialistische Haltung Moskaus hindeuten. Drohungen in Richtung des Baltikums haben seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine deutlich zugenommen, auch das neue Nato-Mitglied Finnland ist immer wieder das Ziel von Verbalattacken aus Moskau, die mitunter an Aussagen über die Ukraine vor Kriegsbeginn erinnern.
Im Weißen Haus will man unterdessen von den Erkenntnissen der eigenen Geheimdienste weiterhin nicht viel wissen. „Das Team des Präsidenten hat enorme Fortschritte bei der Beendigung des Krieges erzielt.“ Trump habe erklärt, dass ein Friedensabkommen „näher denn je“ sei, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses nun gegenüber Reuters, ohne dabei auf die Geheimdienstberichte einzugehen.
Wladimir Putin bekräftigt Moskaus Bedingungen
Putin untermauerte unterdessen bei seiner traditionellen Pressekonferenz zum Jahresende, dass Moskau nicht zu Kompromissen bereit ist. Russlands Bedingungen müssten erfüllt werden, bekräftigte der Kremlchef mit Blick auf die Ukraine. Während diese Äußerungen bei US-Präsident Trump offenbar weiterhin nicht zu einem Umdenken führen, gibt es durchaus auch andere Stimmen innerhalb der US-Regierung.
„Ich weiß nicht, ob Putin ein Abkommen will oder ob er das ganze Land übernehmen will“, räumte etwa US-Außenminister Marco Rubio am Freitag auf einer Pressekonferenz ein. „Wir wissen, was sie zu Beginn des Krieges erreichen wollten. Diese Ziele haben sie nicht erreicht“, so Rubio.
Ukrainischer Geheimdienstchef warnt vor Angriff auf Baltikum
Gestützt werden die jetzt öffentlich gewordenen US-Geheimdiensterkenntnisse unterdessen durch Aussagen von Kyrylo Budanow. Auch der Chef des ukrainischen Militärgeheimdiensts HUR berichtete zuletzt erneut von russischen Angriffsplänen gegen Europa – und warnte davor, dass der Kreml dieses Vorhaben bereits früher als gedacht angehen könnte.
„Gemäß dem Hauptplan sollte die Russische Föderation im Jahr 2030 bereit sein, solche Maßnahmen zu ergreifen“, sagte Budanow nun im Gespräch mit dem ukrainischen Medienhaus LB. „Diese Pläne wurden nun angepasst und überarbeitet, wobei die Zeitvorgaben auf 2027 verkürzt wurden“, hieß es weiter von Budanow.
Budanow: Polen wird von Russland als „Ziel für Angriffe“ betrachtet
Vor allem die baltischen Staaten müssten laut dem ukrainischen Geheimdienstchef eine „direkte Aggression“ Russlands befürchten, eine Besatzung der Ex-Sowjetländer sei demnach denkbar. Auch russische Schläge gegen Polen seien möglich, erklärte der Geheimdienstchef.
Eine Besatzung des deutschen Nachbarlandes sei vom Kreml jedoch anders als im Baltikum nicht geplant. „Polen wird nach den uns bekannten Plänen derzeit ausschließlich als Ziel für Angriffe betrachtet – eine militärische Kampagne ohne Besatzung“, erklärte Budanow.
„Aus ihrer Perspektive ergibt alles vollkommen Sinn“
Budanow äußerte sich auch zu den Gründen für Russlands Pläne. „Die Antwort liegt in einem tiefgreifenden historischen und psychologischen Trauma – in der russischen Weltanschauung“, erklärte der Geheimdienstchef. „Ich nenne es Phantomschmerz. Aus ihrer Perspektive ergibt alles vollkommen Sinn.“ Russland verstehe sich weiterhin als Imperium, führte Budanow aus. „Damit sich ein Imperium entwickeln kann, muss es ständig seinen Einfluss und sein Territorium ausdehnen.“
Russland könne sich aufgrund seiner geografischen Lage und angesichts der Stärke der USA und Chinas jedoch vorwiegend nur in Europa ausdehnen, führte Budanow aus. „Bleibt also nur der Westen, der in ihren Augen – verzeihen Sie den Ausdruck – ‚verwöhnt‘, ‚krank‘, ‚schwach‘ und ‚unentschlossen‘ ist“, erklärte der Geheimdienstchef.
Auch Boris Pistorius warnt vor einem Angriff auf Europa
Auch aus Deutschland gibt es unterdessen immer wieder Warnung vor Russlands tatsächlichen Plänen. „Militärexperten und Nachrichtendienste können in etwa abschätzen, wann Russland seine Streitkräfte so wiederhergestellt haben wird, dass es in der Lage wäre, einen Angriff auf ein Nato-Mitgliedsland im Osten zu führen“, erklärte etwa Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im November gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Bisher sei man davon ausgegangen, dass ein solcher Angriff „ab 2029 der Fall sein“ könnte, erklärte Pistorius und fügte hinzu: „Jetzt gibt es allerdings andere, die sagen, dies sei schon ab 2028 denkbar, und manche Militärhistoriker meinen sogar, wir hätten schon den letzten Sommer im Frieden gehabt.“
Kremlchef Putin hat unterdessen in dieser Woche noch einmal deutlich gemacht, wie man in Moskau auf Europa blickt. Bei einer Rede im russischen Verteidigungsministerium sprach der Kremlchef von „europäischen Ferkeln“, die auf einen Zusammenbruch Russlands gehofft hätten – und kündigte neue russische Militäroffensiven in der Ukraine an.


